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Jura mal ein bisschen anders...

Rechtswissenschaft (Staatsexamen)

  • Studieninhalte
    5.0
  • Dozenten
    5.0
  • Lehrveranstaltungen
    5.0
  • Ausstattung
    5.0
  • Organisation
    5.0
  • Gesamtbewertung
    5.0

Kurze Fakten:

Die Bucerius Law School bietet ein grundständiges Jurastudium an, an dessen Ende das 1. juristische Staatsexamen steht. Man bekommt also auch genau das, was man auch an jeder anderen Uni als Jurastudium bekommen würde. Darüber hinaus wird nach ca. 3,5 Jahren ein Bachelor (LL.B.) verliehen; das gesamte Studium ist in 13 Trimester gegliedert.

Was ist besonders am Curriculum?

Der von der Hochschule angebotene Bachelor ist für alle verpflichtend. Dabei sind fast alle juristischen Module sowieso Teil des normalen juristischen Studiums, sodass man ihn eher „nebenbei“ erwirbt. Allerdings schreibt man deshalb recht viele juristische Klausuren im Laufe des Studiums, die Leistungsnachweise für den Bachelor sind. Neben Jura sind noch einige andere Veranstaltungen obligatorisch, wie etwa eine Einführung in BWL und VWL oder Legal English. Dazu belegt man einige Wahlveranstaltungen. Die Auswahl ist sehr groß, wobei viele der Veranstaltungen juristisch sind (beispielsweise Rechtsphilosophie, Legal Negotiation oder Seehandelsrecht), aber auch zum Teil dem „Studium Generale“ angehören. Studium Generale heißt, dass es um alles außer Jura geht – ich hatte zum Beispiel die Vorlesungen „Einführung in den Islam“ sowie „Geopolitik im 21. Jahrhundert“. Weiterhin gibt es ein obligatorisches Auslandstrimester – der wahrscheinlich spannendste und schönste Teil des Studiums. Ich habe 4 Monate an der University of Hong Kong verbracht, bin viel gereist, habe eine andere Kultur kennengelernt und eine Menge Spaß gehabt!!! Die Hochschule hat sehr viele Partneruniversitäten (ich glaube es sind zwischen 90 und 100). Man kann also in jeden Teil der Erde aufbrechen (Indien oder Island?), die Sonne in Hawaii oder ein bisschen Harry-Potter-Feeling in Oxford bzw. Cambridge genießen?

Das Campusgefühl

Das besondere an der Bucerius Law School ist die Atmosphäre auf dem Campus – man kennt sich und es entwickelt sich ein gewisses Familiengefühl. Das liegt zum einen daran, dass die Hochschule ziemlich klein ist: Jedes Jahr beginnen ca. 116 Studenten neue Studenten im September; diese sind ein „Jahrgang“. Man muss sich schon aktiv dagegen wehren, Leute kennenzulernen. Und selbst wenn man das versucht, kennt man nach einem Jahr trotzdem seinen eigenen Jahrgang komplett und nochmal ähnlich viele ältere Studenten. Auch der Kontakt zu Dozenten (wissenschaftliche Mitarbeiter sowie Professoren) ist super. Wer eine Frage hat, kann immer an die Tür klopfen oder eine E-Mail schreiben. Gerade in Vorlesungspausen ist es ganz typisch, dass man zusammen mit dem Professor einen Kaffee trinkt. Neben dem ganzen Jura gibt es unendlich viele Hochschulgruppen, ob Jusos, JuLis, Theater, Ruder oder Fußballgruppe – alles ist dabei! Das allerbeste aus meiner Sicht ist jedoch der Umgang von den Studenten untereinander. Werden Hausarbeiten geschrieben, findet sich immer jemand, der die relevanten Stellen aus Büchern einscannt und hochgeladen, damit alle darauf zugreifen können. Hat jemand vor der Klausur noch ein paar offene Fragen, findet sich immer jemand, mit dem man sich zusammen Gedanken machen kann. Und ist mal wieder alles Mist, weil die Klausur in die Hose gegangen ist, dann ist man nicht alleine. Irgendwie studiert man als Team, vielleicht ein bisschen vergleichbar mit einer großen Schulklasse.

Die Lehrveranstaltungen

Die meisten Lehrveranstaltungen sind großartig – wobei wie immer alles mit dem Dozenten steht und fällt. Vorlesungen finden in großer Gruppe mit allen 100 Leuten statt, daneben gibt es Kleingruppen, in denen meistens Fälle besprochen werden. Die Größe liegt bei etwa 15 – 20 Leuten. Zu allen Vorlesungen bekommen wir ein Skript, was bei vielen Professoren einem hochwertigen Lehrbuch in nichts nachsteht. Gut ist insbesondere, dass sich die Professoren untereinander abstimmen – jeder weiß in etwa, was der andere macht. Somit bauen die einzelnen Veranstaltungen aufeinander auf. Mit gefällt am besten, dass fast alles sehr interaktiv ist; auch in Vorlesungen beteiligen sich die Studenten regelmäßig. Kleingruppen sind meistens zur Falllösung und daher sowieso komplett interaktiv.
Das heißt aber nicht, dass alles deshalb perfekt ist und man sich quasi nur in alle Veranstaltungen setzen muss, um ein guter Jurist zu werden. Es gab durchaus einige Veranstaltungen, zu denen ich bewusst nicht hingegangen bin, weil mir etwa der Vortragsstil des Dozenten nicht gelegen hat. Und wenn ich sowieso nicht zuhören kann, gibt es keinen Grund Zeit zu verschwenden. Aber man kann ja auch in die Bibliothek gehen und ein gutes Buch zum Thema suchen. Der Witz am Studieren ist ja, dass man für seinen Lernerfolg selbst verantwortlich ist. Und das ist auch hier nicht anders. Das letzte Studienjahr ist das Examensvorbereitungsprogramm. Ziel ist es, die Studenten best möglich auf das Staatsexamen vorzubereiten. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die Noten der Absolventen im 1. Staatsexamen sind überdurchschnittlich gut (knapp über 10 Punkte im Schnitt, über 75 % Prädikatsexamen).

Der Anspruch

Jura ist keine Raketenphysik; trotzdem sollte man das Studium nicht unterschätzen. Man könnte sagen, dass man sehr große Mengen von mittel-schwierigen Sachen verstehen und lernen muss. Das verlangt zum einen eine rasche Auffassungsgabe aber auch Fleiß. Insofern sollte man sich nichts vormachen – das Staatsexamen hat nicht umsonst einen solchen Ruf. Das Studium an der Bucerius Law School bereitet darauf sehr gut vor, indem es schon von Anfang an genau diesen Anspruch hat. Zudem sind fast alle Kommilitonen richtig kluge Köpfe von denen man eine Menge lernen kann. Man wird sich jedoch damit abfinden müssen, recht viel zu arbeiten und dabei trotzdem die ein- oder andere Niederlage einstrecken zu müssen. Wer aber Lust auf Jura hat und sich einer Herausforderung stellen möchte, ist hier genau richtig! Man sollte sich bewusst dafür entscheiden.

Die Ausstattung

Die Bibliothek ist sehr gut ausgestattet – es gibt in etwa so viele Plätze wie Studenten, sodass man immer und zu jeder Zeit einen Platz findet. Auch ist die Bibliothek permanent geöffnet. Das ist gerade in der letzten Nacht vor Abgabe von Hausarbeiten ein Segen, wenn es um halb 3 noch um die letzten Fußnoten geht. Zudem ist die Ausstattung an Lehrbüchern/Kommentaren recht gut. Will man wirklich tief wissenschaftlich recherchieren, führt jedoch oft kein Weg daran vorbei, auch mal in die Bibliothek der Uni Hamburg zu schauen, zu der man ebenfalls Zugang hat. Der Bestand an wissenschaftlicher Literatur ist dort einfach etwas größer. Zum Studieren ist die Bibliothek der Hochschule jedoch perfekt.
Ein kleines Manko ist die IT-Ausstattung. Grundsätzlich ist alles vorhanden, nur ist das WLAN in vielen Ecken eher schwach. Auch haben die Drucker sehr gerne mal einen Papierstau. Die Hochschule verfügt zudem über einige sehr nette Extras: Es gibt einen Fitnessraum, eine Studentenküche, einen Napping-Room (also ein dunkler Raum mit Lederliegen für einen Mittagsschlaf), jeder hat einen eigenen Spind usw… man hat das Gefühl, dass der Campus um die Bedürfnisse der Studenten entwickelt wurde.

Das Auswahlverfahren

Die Zulassung für das Studium geht nicht nach N.C. Es gibt ein zweistufiges Auswahlverfahren. Der erste Teil ist ein schriftlicher Test, wo es um die Auffassungsgabe und Intelligenz der Kandidaten geht. Es müssen beispielsweise Diagramme ausgewertet werden usw. Zudem ist ein Essay zu einem aktuellen Thema zu erstellen, wo Ausdruck und Sprache überprüft werden. Zusammen mit der Abiturnote (die 1/3 zählt) werden die besten 200 Bewerber zum mündlichen Auswahlverfahren eingeladen. Dieses besteht aus einem Vortrag mit Gruppendiskussion, zwei Einzelgesprächen mit Prüfern sowie einer Team-Work-Aufgabe. Genaueres dazu lässt sich auf der Website der Hochschule finden.
Insgesamt muss man sagen, dass das Auswahlverfahren nicht ganz einfach ist, aber auf keinen Fall abschrecken sollte. Für den schriftlichen Teil kann man sowieso nicht lernen, sodass man einfach sein Bestes gibt. Der mündliche Teil macht sogar recht viel Spaß. Man lernt einige coole Leute kennen und hat spannende Diskussionen. Im Idealfall sieht man sich im September wieder! Und wenn es eben nicht klappt, gibt es noch sehr viele andere richtig gute Unis, an denen man Jura studieren kann. Also einfach mal versuchen, wenn Interesse besteht!

Last but not least: Die Studiengebühren

Die Hochschule ist eine Stiftungshochschule und wird zum Großteil von der Zeit-Stiftung Gerd und Ebelin Bucerius getragen (Gerd Bucerius war Begründer der Wochenzeitung „Die Zeit“ und hat sein gesamtes Vermögen in diese Stiftung eingebracht). Die Gelder aus der Stiftung machen momentan knapp über die Hälfte des Etats der Hochschule aus, daneben gibt es noch Einnahmen von Förderern der Hochschule. Ein Viertel des Etats wird jedoch anders finanziert: Durch Studiengebühren. Und die sind nicht unerheblich.

Das gesamte Studium kostet – sofern man es durch Gebühren finanziert – 48.000 €. Über die Hälfte der Studenten, bzw. deren Eltern, kann sich das natürlich nicht leisten. Deshalb nehmen sehr viele den umgekehrten Generationenvertrag wahr; andere Kommilitonen haben ein Darlehn aufgenommen oder finanzieren sich über Stipendien. Zum Generationenvertrag: Man bezahlt gar keine Studiengebühren, aber dann die ersten 10 Jahre im Berufsleben 9 % seines Gehalts. Wer viel verdient, bezahlt viel, wer wenig verdient bezahlt wenig (bzw. unter einer gewissen Summe oder bei Krankheit, Auszeit oder Schwangerschaft gar nichts). Man studiert also zunächst vollkommen risikolos, bezahlt dann aber ggf. mehr zurück, wenn man sehr erfolgreich ins Berufsleben startet. Es gibt eine Obergrenze in Sachen Rückzahlung, die meines Wissens bei dem Doppelten der Studiengebühren liegt. Das Tolle an dieser Finanzierungsvariante ist, dass vollkommen egal ist, wie viel Geld man hat - oder gerade nicht hat.

Ob man bereit ist, für sein Studium Gebühren - egal ob jetzt oder später - zu zahlen, ist wohl eine Glaubensfrage. Deutschland ist ja glücklicherweise ein Land, in dem man hervorragend kostenfrei studieren kann. Trotzdem glaube ich, dass es wenig sinnvollere Investitionen gibt als die eigene Bildung. Ich kann aber genauso gut verstehen, wenn man das anders sieht.

Insgesamt:

Ich würde mich jederzeit wieder für die Bucerius Law School entscheiden. Ich habe dort echt viel über Jura gelernt, super nette Leute getroffen und ein unglaublich spannendes Auslandstrimester erleben können. Wahrscheinlich werde ich auch früher oder später meine Promotion dort beginnen.

Größter Vorteil an der Hochschule ist die familiäre Atmosphäre sowie der durchdachte Studienplan. Gleichzeitig kann beides aber auch ein großer Nachteil sein: Wer ein echtes Studentenleben mit viel Freiheit und Freizeit, sowie keine enge Verbindung zur Universität sucht, ist hier sicherlich nicht richtig. Ich kann nur jedem mit Interesse empfehlen, an einem Schnuppertag teilzunehmen und sich das ganze vor Ort anzuschauen. Ihr werdet merken, ob es das richtige für euch ist oder eben nicht!

Tipp: Weiterführende Informationen zum Studium hier!
  • Atmosphäre, gute Bereuung, Kommilitonen, Internationalität
  • Wenig Freiheit

Aktuelle Bewertungen zum Studiengang

4.4
Karl , 31.03.2024 - Rechtswissenschaft (Staatsexamen)
4.7
Liv , 22.02.2024 - Rechtswissenschaft (Staatsexamen)
4.9
Alexander , 16.02.2024 - Rechtswissenschaft (Staatsexamen)
5.0
Antonia , 13.02.2024 - Rechtswissenschaft (Staatsexamen)
4.1
Maggie , 10.02.2024 - Rechtswissenschaft (Staatsexamen)
5.0
Jannick , 06.02.2024 - Rechtswissenschaft (Staatsexamen)
3.3
Luke , 04.02.2024 - Rechtswissenschaft (Staatsexamen)
4.6
Anna , 02.02.2024 - Rechtswissenschaft (Staatsexamen)
5.0
Anna , 02.02.2024 - Rechtswissenschaft (Staatsexamen)
4.8
Luis , 01.02.2024 - Rechtswissenschaft (Staatsexamen)

Über Micha

  • Alter: 21-23
  • Geschlecht: Weiblich
  • Abschluss: Ich studiere noch
  • Studienbeginn: 2011
  • Studienform: Vollzeitstudium
  • Standort: Standort Hamburg
  • Weiterempfehlung: Ja
  • Geschrieben am: 31.10.2014
  • Veröffentlicht am: 31.10.2014