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Drittklassige Uni in einer drittklassigen Stadt

Medizin (Staatsexamen)

  • Studieninhalte
    3.0
  • Dozenten
    2.0
  • Lehrveranstaltungen
    1.0
  • Ausstattung
    1.0
  • Organisation
    1.0
  • Literaturzugang
    4.0
  • Digitales Studieren
    3.0
  • Gesamtbewertung
    2.1
Das Studium:
Ja, ihr müsst verdammt viel auswendig lernen. Insbesondere nervt es, dass ihr irgendwelche Details wiedergeben müsst. Ganz selten werden ihr gefordert, euer Wissen auf ein neues Thema anzuwenden. Man büßt in diesem Studium einige Fähigkeiten ein, die man sich während der Schulzeit angeeignet habt. Das schmälert eure Zukunftsaussichten, wollt ihr außerhalb der Klinik einen Beruf ergreifen.
Das Studium ist dahingehend abwechslungsreich, dass ihr in viele verschiedene klinische Fächer und Naturwissenschaften reinschnuppert. Außerdem belegt ihr in vielen Fächern Laborpraktika. Im Präpkurs werdet ihr einen Körperspender sezieren, in Histologie und Pathologie schaut ihr euch Gewebeschnitte unterm Mikroskop an, in Mikrobiologie untersucht ihr die Wirkung von Antibiotika auf Backterien usw. Andererseits ist das Studium sehr monoton, denn in jedem Fach werdet ihr gefordert, viel Wissen in kurzer Zeit aufzunehmen und auszuspucken. Natürlich hilft es, Zusammenhänge zu verstehen. Damit kann man sich sehr oft eine Lösung herleiten. Aber man kommt auch ohne Verständis oftmals gut durch. Wer auf Verständnis lernen möchte, muss aber zwangsläufig die Vorlesungen besuchen. Diese Zeit geht leider von der Lern- und Freizeit ab.

Die Klausuren sind sehr gut zu schaffen. Sie stellen sehr selten eine Herausforderung da. Es kursieren zu jedem Fach unzählige Altklausuren. Der Großteil einer Klausur besteht aus recycelten Fragen. Man kann sich, wenn man das erkannt hat, eine ordentliche Worklife-Balance schaffen. Der Nachteil ist, dass man tatsächlich nur eingeschränkt in der Lage ist, sein Faktenwissen auf neue Schverhalte anzuwenden. Die Fähigkeit zum logischen Denken verkümmert zusehends. Klausuren sind fast ausnahmslos Multiple-Choice-Klausuren. Als ob man in der Realität am Patientenbett steht und fünf Antwortmöglichkleiten aufpoppen und man die richtige auswählen muss. Unsinn. Als Arzt muss man aus wenigen Symptomen kluge Schlussfolgerungen ziehen.
Die Praktika in der Klinik verdienen diese Bezeichnung nicht. Bsp. Innere Medizin im 6. Semester: Theoretisch etwa zehn Veranstaltungen zu jede 90 min in versch. Abteilungen. Praktisch läuft es darauf hinaus, dass man gemeinsam mit einem Arzt und fünf Kommilitonen in einem kleinen Raum sitzt und Krankheitsbilder bespricht. Ich habe maximal 30 Minuten in dem ganzen Semester einen Patienten gesehen! Es erschöpft sich dann darin, eine Anamnese zu erheben.
Die Kommilitonen haben größtenteils eine Ausbildung absolviert (eine Besonderheit an der JGU). Sie zeigen selten Interesse an den naturwissenschaftlich-akademischen Grundlagen. Das zieht leider die Interaktion und das Niveau in den Veranstaltungen herunter.

Die Rahmenbedingungen des Studiums:
Die Fakultät unterhält einige Erasmus-Partnerschaften. Wer neben Deutsch nur Englisch spricht, muss mit einer handvoll osteuropäischen Unis liebnehmen. Für Spanien und Italien existieren mit je drei Unis Abkommen. Auf dem Papier zumindest werden etwa 20 Plätze in Frankreich angeboten, zehn davon an einer Hochschule, an der man nur geisteswissenschaftliche Fächer wie "Medizinethik" belegen kann. Toll. Die Universität und das LPA kommen bei der Anrechnung der Kurse einem nur wenig entgegen.
Das Skillslab ist notdürftig ausgestattet, besser als nichts. Nur wenige Kurse mit wenigen Plätzen werden angeboten.
Eine spezielle Förderung gibt es nur für Frauen als ein Mentoring-Programm, sonst nichts. Eine Graduiertenprogramm für Mediziner oder andere strukturierte Promotionsprogramme gibt es nicht bzw. sollen in Zukunft irgendwie aufgebaut werden. Die Fachschaft ist aktiv und bemüht sich, einige Missstände zu beheben und ein nettes Rahmenprogramm zu veranstalten.
In der Lehre und Forschung fehlen Millionen Euro, vor 2020 belief sich das jährliche Defizit auf 20 Millionen Euro. 2019 machte die Universitätsmedizin einen operativen Verlust in Höhe von 60 Millionen Euro. Dieser Zustand wird sich kaum bessern. Dementsprechend fehlt der Universitätsmedizin Mainz nicht nur der Ehrgeiz, sondern auch die finanziellen Mittel, um einen durchdachten, prestigeträchtigen Studiengang zu gestalten.
Dieser Universität


Die Universität:
Der Campus ist hässlich und lädt nirgendwo zum Verweilen ein. Im ersten Semester belegt ihr naturwissenschaftliche Grundlagenfächer am Ende des Campus. Vom 2. bis 4. Semester seid ihr im Vorklinischen Lehrzentrum, ebenfalls auf dem Campus. Die klinischen Fächer nach dem Physikum werden auf dem Klinikgelände gelehrt. Das Essen in der Mensa ist teurer (etwa 4 Euro) und außerordentlich fettig. Wer kommt auf die Idee, sein Gericht in Soße ertränken zu wollen? Ich persönlich flüchte mich auf die Bäckereien (alle von demselben Anbieter) sowie ins nahgelegene Rewe, um mich zu stärken.
Der Freizeitspaß kann tatsächlich recht ordentlich ausfallen: Wirklich sehr oft feiern Fachschaften aller Fächer Partys in den beiden Bars auf dem Campus. Ferner bietet die Uni ein großes Sportprogramm an, es existieren unzählige studentische Vereine. Das Essen in der Mensa ist preiswert und stets essbar, manchmal sogar genießbar. Die Medizinerbibliothek ist ausreichend gut ausgestattet.

Die Stadt Mainz:
Diese Stadt findet man höchstens dann hübsch, wenn man aus dem Pott kommt oder in der Platte im Osten aufgewachsen ist. Bis auf eine handvoll Altstadtgassen sowie den Marktplatz dominieren Nachkriegsbauten sowie Dönerbuden das Stadtbild. Immerhin ist sie groß genug, dass man genügend Freizeitaktivitäten nachgehen kann. Wer sich jedoch nach Natur sehnt, muss weite Strecken aus der Stadt zurücklegen. Der Wein spielt eine große Rolle im Selbstverständnis der Leute, so dass man permanent Gelegenheiten findet, sich am hellichten Tag zu betrinken. Weinwanderung, Funzelfahrt, Marktfrühstück, Weinverköstigung,...

Fazit:
Wer sich nicht zutiefst zum Arztsein berufen fühlt, studiert lieber nicht Medizin.
Wer eine anspruchsvolle Ausbildung sucht, studiert lieber nicht an der JGU Mainz.
  • Der Arztberuf ist etwas Besonderes.
  • Stumpfes Auswendiglernen gilt als eine Tugend.

Aktuelle Bewertungen zum Studiengang

3.7
T. , 03.05.2024 - Medizin (Staatsexamen)
3.3
Elli , 02.05.2024 - Medizin (Staatsexamen)
4.3
Sira , 01.05.2024 - Medizin (Staatsexamen)
3.4
Ellen , 15.04.2024 - Medizin (Staatsexamen)
3.4
Thomas , 11.04.2024 - Medizin (Staatsexamen)
2.9
Patricia , 09.04.2024 - Medizin (Staatsexamen)
3.6
Neele , 08.04.2024 - Medizin (Staatsexamen)
3.9
Sarah , 06.04.2024 - Medizin (Staatsexamen)
3.3
Wiebke , 06.04.2024 - Medizin (Staatsexamen)
4.4
Clemens , 31.03.2024 - Medizin (Staatsexamen)

Über Josef

  • Alter: 21-23
  • Geschlecht: Männlich
  • Studienbeginn: 2017
  • Studienform: Vollzeitstudium
  • Standort: Standort Mainz
  • Schulabschluss: Abitur
  • Abischnitt: 1,1
  • Weiterempfehlung: Nein
  • Geschrieben am: 09.04.2020
  • Veröffentlicht am: 23.04.2020