Solider Medien-Studiengang mit vielen Schwächen

Nachdem ich in Köln Medienkulturwissenschaft studiert habe, den Studiengang aber abgebrochen habe, weil es mir zu viel Theater -Wissenschaft und non-sense war, habe ich mich für den Studiengang Medienwissenschaft an der Uni Siegen beworben. Ich muss dazu sagen, dass ich zum Zeitpunkt meines Studienbeginns in Siegen schon für mehrere TV-Produktionsfirmen gearbeitet und bereits ein Jahr in Köln studiert habe, respektive ein gewisses Maß an Erfahrung mitgebracht habe.
Der Studiengang ist relativ übersichtlich gegliedert. Aus insgesamt 16 Modulen kann man sich selbst Schwerpunkte setzen bzw. muss sogenannte "Pflichtmodule" absolvieren. Ich habe mich für das forschungsorientierte Modell entschieden, weil gerade in der Medienbranche die Praxis zählt.
Ich wohne in Köln, einer Medienstadt, weshalb ich meine Wohnung und auch meinen Job in einer TV-Redaktion nicht für Siegen aufgeben wollte. Ergo habe ich mich dafür entschieden, das erste Semester zu pendeln, um dann zu entscheiden, ob sich ein Umzug nach Siegen lohnt. Um es direkt vorweg zu nehmen: ich wohne nach wie vor in Köln und das Studium dennoch in 5 Semestern durchgezogen und das, obwohl ich die letzten beiden Semester Vollzeit gearbeitet habe. Dazu gleich mehr. Die Stadt Siegen ist leider eine Sache für sich und ich wünsche wirklich niemandem, da wohnen zu müssen. M.E. kann man den Studiengang aber sehr gut als "Fern"-Studium absolvieren, da die meisten Inhalte online abrufbar sind und es teilweise reicht, zu Beginn des Semesters in Vorlesungen und Seminaren zu erscheinen und Referate etc. in den ersten Wochen des Semesters hinter sich zu bringen. Die Klausurtermine liegen meist am Ende des Semesters gebündelt in einer Woche, was sich also auch hervorragend mit Pendeln vereinbaren lässt.

Kurz zu den Inhalten des Studiums:
Die Module bestehen jeweils aus einer Vorlesung und einem Seminar, wobei als Leistungsnachweis entweder in der Vorlesung eine Klausur, oder im Seminar eine Hausarbeit geschrieben werden muss (Klausuren sind tendenziell einfacher!). Neben Grundlagen wie "Einführung in die Medienwissenschaft" und "Bild/Filmanalyse", erhält man als Student einen Rundum-Einblick in diverse Bereiche wie "Kommunikationswissenschaft", "Kulturtheorie" und "Medienpädagogik" etc. Es handelt sich jeweils wirklich nur um Einblicke, was für mich sehr interessant war. Die Gebiete werden jeweils nur angeschnitten. Heißt: wer sich für eines der Gebiete interessiert, muss selbst für Vertiefung sorgen. Toll finde ich die Praxis-Elemente. Die Uni bietet vier Medienbereiche an, die man im Studium belegen und vertiefen kann: Ton, Film, Web und Print. Ich habe aus Interesse alle vier Bereiche belegt und auch jeweils alle Aufbaukurse belegt, die angeboten wurden. Gerade für Menschen, die noch nie mit Medien in Kontakt gekommen sind, eine tolle Möglichkeit, Praxis zu sammeln. Für diejenigen, die beispielsweise schon in der Branche gearbeitet haben (abgesehen von irgendwelchen Praktika), werden sich hier vermutlich eher langweilen. Dennoch, durch diese Praxis-Einheiten lassen sich mit wenig Aufwand relativ viele Punkte sammeln.
Was ich schade finde ist, dass man Studenten in diesem Studiengang oft suggeriert "wer diesen Studiengang studiert, kann sich damit bewerben und kriegt einen Job". Vielleicht als Praktikant. Meine Kommilitonen waren in dieser Hinsicht teilweise sehr planlos und oft branchenfremd. Statt rechtzeitig, schon während des Studiums, in der Medienbranche anzufangen, wird in Siegen eher Wert auf feiern oder überflüssige Nebenjobs wie Tutor oder ehrenamtlicher Mitarbeiter bei Campus TV gelegt, was ich persönlich immer sehr schade fand. Auf der anderen Seite verständlich, wenn man bedankt, dass es in Siegen auch kaum Möglichkeiten gibt, in der Medienbranche Fuß zu fassen. Ein weiterer Grund, sich für das Pendeln zu entscheiden.

Ein dicker Minuspunkt ist die katastrophale Kommunikation mit Dozenten. Wer beispielsweise Rückfragen zu Noten, Verbuchungen von Punkten oder Klausuren hat und sich per Email an Dozenten wendet, dem wird i.d.R. in einem Halbsatz, oder aber gar nicht geantwortet. Teilweise muss man Dozenten bis zu (ungelogen) 20 Emails schreiben, um eine Antwort zu erhalten. Schade, wenn sich dadurch die Studienzeit verlängert oder unnötig erschwert wird.

Fazit: Der Studiengang Medienwissenschaft eignet sich sowohl für absolute Neulinge und Menschen, die irgendwas mit Medien machen wollen, als auch für Menschen, die schon in der Branche arbeiten und ihre Kenntnisse vertiefen wollen bzw. pro forma einen Studienabschluss brauchen. Per se ist der Studiengang praktisch orientiert. Theorie und Praxis halten sich hier die Waage, anders als beispielsweise in Köln, Bonn oder Düsseldorf. Toll ist auch die flexible Zeiteinteilung. Niemand muss sich an den vorgeschlagenen "Musterstundenplan" halten, sondern kann alles, was er möchte belegen und das Studium auch in weniger als 3 Jahren durchziehen. Mein Tipp: Im ersten Semester direkt alle Kurse aus dem dritten Semester belegen und im zweiten Semester alle Kurse aus dem vierten belegen. Dann ist man im dritten/vierten Semester mit allen Kursen fertig und kann sich auf die Bachelor-Arbeit konzentrieren.