Heldenhafter Staudamm gegen Studentenfluten!

Heldenhaftigkeit - -
ist schon 'n großes Wort. Auch abseits der Mediävistik; jedenfalls lehrte mich unsere geliebte "Waldinsel Marburg" das. Wenn eine so niedliche Universitätsstadt, die zwischen den Bäumchen schon fast Schwimmflügel bräuchte, so hilfsbereit und fürsorglich eine Masse von Studenten in einer absoluten Krisensituation in die Arme nehmen kann, bleibt wohl jedes andere Wort erspart.

Marburg ist in aller erster Linie: Familiäre Atmosphäre. Die Professoren gurken hier mit knacksenden Fahrrädern in der Gegend herum, sodass man definitiv etwas falsch macht, wenn man nicht mindestens einmal angetrunken ein peinliches nächtliches "Hallo" über die Lippen stolpern lässt und ein witziges Schmunzeln des Dozenten als Antwort erhält. Ganz so peinlich muss das natürlich tagsüber auf offener Straße nicht aussehen, wenn wir uns anständig einen Kaffee in der Bäckerei kaufen. Oder eben unseren Kommilitonen hilfsbereit-grinsend beim Ausnüchtern helfen. Auftretende Unfreundlichkeit ist daher eher so 'ne fiese Wettersache...
Diese äußere egalitäre Bodenständigkeit stellt eigentlich einen Spiegel zu den ebenso bescheidenen Studiengängen (z.B. Germanistik, Philosophie, ...) intern dar.

Unsere Dozenten sind superkompetent, und vor allem, und das ist schon fast beeindruckend, absolut menschlich. Gefordert wird zwar in einzelnen Veranstaltungen sehr, sehr viel (mit extrem hohem Zeitanspruch), aber nie im Maße einer unzumutbaren Vergewaltigung. Wenn man dann 'mal doch in das Fettnäpfchen fällt, weiß man i.d.R. dass man selbst schuld ist, weil der Professor dich zuvor schon mindestens dreimal auf die Gefahr aufmerksam gemacht hat. Ob nun mit dem schnieken MacBook via PowerPoint oder eben trotzig mit der Kreide an der altbewährten Tafel.

Nun ließe sich der Beitrag ohne negative Wertung schließen - - wenn nicht der Umstand des Doppeljahrgangs die entspannten Nerven der Universität ausgereizt hätte. Überfüllte Seminare und Vorlesungen, einknickende Server-Wartelisten, zurückfahrender Kontakt zwischen Studenten und Lehrenden und zuletzt die Umfunktionalisierung von Seminaren zu Vorlesungen. Diese ganzen (man muss sagen: globalpolitischen) Auswirkungen bilden den einzigen hässlichen Schatten des derzeitigen Studienverlaufs, welcher sonst sehr plausibel organisiert ist. Schade, dass solche programmatischen Eingriffe das Bild einer wunderschönen Universitätsstadt erbarmungslos verzerren.

Nun lassen uns unsere Dozenten aber nicht im Stich, die Studenten stehen sich gegenseitig bei und das Angebot der Stadt ist freundlich auf Lernende zugeschnitten, sodass selbst solche großen Laster mit einem Lächeln getragen werden können.
Können das viele Universitäten von sich behaupten? Ich meine nicht. Die Philipps-Universität in Marburg ist eben heldenhaft.