Wenig Praxisbezug, nur viel Stoff

Ich habe für die Uni Münster aufgrund des guten Rufs entschieden. Vorher war ich an einer durchschnittlichen FH unter den besten 5 % und habe mehrere Jahre gearbeitet.

Der Praxisbezug wird zwar beworben, fehlt m.E. aber fast gänzlich. Im Major Management werden zwar Fallstudien behandelt aber hier geht es eher um die (wissenschaftliche) Ausarbeitung von Themen für Unternehmen, die anschließend gut präsentiert werden sollen. In den Modulen selber wird größtenteils nur Theorie gelehrt. Eine Anwendung des Wissens an Fallstudien kommt deutlich zu kurz. Hier hat meine alte FH deutlich besser erst die Theorie vermittelt und dann direkt angewandt.

Das Accountingcenter glänzt hier besonders: inhaltlich absolut überladene Module, die durch Bullemielernen zu bewältigen sind. Durch die Menge kann man keinen Lernstil anwenden, mit dem man langfristig das Wissen behält. Beispielsweise hat man für eine halbes Modul mit 3 CP das gesamte IFRS inkl. Spezialfällen gelehrt bekommen. Zudem oftmals sehr weit ab von beruflichen Notwendigkeiten z.B. wurde in der HGB Bilanzierung der Schwerpunkte der gesamten Veranstaltung nicht darauf gelegt, die Bilanzierung zu kennen, zu verstehen und anzuwenden sondern diese juristisch zu bewerten. Zur Krönung wurden gesetzlich nicht zugelassene Bilanzierungsmethoden gelehrt (PoC im HGB) inkl. Anwendung um anschließend diese juristisch zu bewerten und zu sagen, dass die Anwendung nicht erlaubt ist. Dies wirkt, wie viele Teile des Studiums, für mich wie ein künstliches Aufblähen, damit es bloß viel ist...

Im Managementmodulen werden im Semester und insbesondere auch in die Klausurenphasen (ja genau es gibt zwei pro Semester, sodass man sich durchgängig vorbereiten muss) zusätzlich in fast jedem Modul Gruppenarbeiten-/präsentationen gelegt. De facto fressen alleine diese so viel Zeit, dass eine Nachbereitung oder Vorbereitung auf Klausuren auch mit Nachtschichten zeitlich sehr eng ist.

Bei der Auswahl werden bereits nur sehr gute Bacheloranten genommen, trotzdem werden im Vergleich zu anderen Unis nur schlechte Noten gegeben. Oftmals wird die Normalverteilung angewandt, sodass eigentlich sehr gute Leistungen dann nur noch im Mittelfeld landen. Hier gilt auch fürs Accountingcenter: wer langsam schreibt, hat verloren. - Die wenigsten Klausuren lassen sich komplett bearbeiten, auch wenn man den Stoff gut kann: bei einem Flüchtigkeitsfehler oder zu langsamen schreiben, schafft man weniger als die anderen und kriegt direkt eine Note im hinterem Durchschnitt gedrückt - obwohl man das Thema gut beherrscht.

Vergleicht man sich mit Mannheim oder Kölner, werden dort deutlich bessere Noten vergeben. Absolut demotivierend, wenn an besseren Unis bessere Noten gängig sind ... diese Moral wird aber offenkundig durch die Profs vertreten und in den Medien publiziert: https://www.zeit.de/campus/2017-05/universitaeten-benotung-studenten-schaden?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F

Unterm Strich bereue ich es, die Uni in Münster gewählt zu haben. Das einzige, was mir wirklich gefällt hier, sind die Kommilitonen & die Stadt. - für die aber leider neben dem Studium nicht viel Zeit bleibt.