"Angewandte Informatik"? Eher "Angewandte Mathe!"

Angewandte Informatik (M.Sc.)

  • Studieninhalte
    1.0
  • Dozenten
    5.0
  • Lehrveranstaltungen
    4.0
  • Ausstattung
    4.0
  • Organisation
    4.0
  • Digitales Studieren
    4.0
  • Gesamtbewertung
    3.7
Die Hochschule Esslingen genießt einen sehr guten Ruf unter den HAWs in Baden-Württemberg, und wie so einige Kommilitonen hat es auch mich nach dem Bachelor wegen dem Ruf hierher verschlagen. Nach 5 turbulenten Semestern hatte mich mittlerweile die Realität eingeholt.

Zunächst mal das Positive: der gute Ruf der HS hat sich aus meiner Sicht auch weiterhin bewährt: die Profs in der Informatik-Fakultät sind allesamt fachlich sehr kompetent, was sich auch in den Vorlesungen zeigt. Egal welches Fachgebiet, man wird an der HS immer einen Experten finden. Zudem pflegen die Profs sehr gute Connections zu Industrie- und Forschungspartnern. Die technische Ausstattung in den Laboren, wovon ich wegen meinem Studienplan zwar nicht so viel zu sehen bekommen habe, soll laut Kommilitonen aber echt top sein.

Nun zum Studium an sich, puh wo fange ich bloß an.... (Achtung könnte graphisch werden ;) )
Der Studiengang Angewandte Informatik, wie ich ihn in 5 Semestern erlebt habe, ist alles andere als "angewandt". Die Vorlesungen sind zwar fachlich auf äußerst hohem Niveau, begleitet werden sie jedoch durch furchtbar theoretische und trockene Skripte. Da für 90% aller Module eine Klausur als Prüfungsleistung vorgesehen ist, enden die Prüfungsvorbereitungen jedes Semester zu einer reinen Auswendiglern-Schlacht. Als jemand, der aus einem stark praxisorientienten Bachelorstudium mit vielen Programmierprojekten kam, ein absoluter Kulturschock.
Insbesondere schlimm war die Vorlesung "Security Engineering", die aufgeteilt wurde in einen Teil "Kryptographie" und den anderen Teil "Security Engineering", da wird einem einfach ein 400 + 200 Seiten Skript hingeworfen mit höllisch hochkomplizierter und abstrakter Mathematik, und der Prof verlangte, dass wir alles für die Prüfung auswendig lernen müssen - insbesondere der Teil "Kryptographie", der den Löwenanteil ausmacht. Das ist viel zu übertrieben, der Aufwand ist überhaupt nicht gerechtfertigt für eine bloße 5 ECTS Vorlesung.
Und das Beste an dem Ganzen? Man kann trotzdem noch in der Klausur durchfallen, kein Witz! In den letzten Jahren schwankte der Durchschnitt in "Security Engineering" im Bereich 2,7-3,3. Nimmt das also BITTE ernst, wie ihr es auch mit typischen Aussieb-Fächern tun würdet (Mathe 1/2)!
Vielleicht hilft es an dieser Stelle für den Gesamtkontext zu erwähnen, dass ALLE 4 Pflichtmodule + 4 Wahlmodule des Studiengangs jeweils nur 5 ECTS bringen, ergo werden alle gleichgewichtet. Das macht also die Entscheidung von gerade diesem Prof, uns mal mit so viel Stoff zu erschlagen, umso weniger nachvollziehbar. Halte ich wirklich für ein Armutszeugnis für einen Studiengang, der "Angewandte Informatik" heißt.
Selbst die ein oder anderen Wahlpflichtmodule wie "Advanced Data Mining", "Motion Planning for autonomous Systems" oder "Data Fusion", wo man eigentlich echt super Profs hat und auch spannende praxisrelevante Themen erwarten würde, bleiben leider nicht von trockenen Skripten verschont. Ein Wermutstropfen ist allerdings, dass man bei den oben genannten Wahlpflichtmodulen mit fairen Klausuren rechnen kann. Im Falle einer nicht so tollen Note in "Security Engineering" kann man diese problemlos durch eine bessere Note in anderen Modulen ausgleichen.
Dass man es bei einem Master mit einem sehr anspruchsvollen und arbeitsintensiven Studium zu tun hat, versteht sich von selbst. Dennoch finde ich eindeutig, dass Work-Life-Balance während des Semesters so gut wie gar nie existent war. Für Leute mit Arbeit, Familie etc. nebenher sehr ungünstig. In den ersten zwei Semestern hatte ich noch Werkstudent + Hiwijob gemacht und bin noch, unter maximaler Kraftanstrengung, gerade noch so durchgekommen. Zugegeben, dafür bin ich auch die Sorte Typ, die erst ab der 2. Semesterhälfte wirklich anfängt zu lernen.
Mein einziger Tipp an dieser Stelle lautet: "Security Engineering" im Studienplan an oberster Stelle priorisieren und schnellstmöglich bestehen! Bestenfalls noch im 1. Semester. Dann hat man den Rest des Studiums seine Ruhe und kann sich auf die spannenderen Module konzentrieren. Evtl. sogar andere zeitaufwändige und "ablenkende" Module auf ein anderes Semester schieben, muss aber jeder für sich entscheiden. Im Prinzip geht es wirklich nur darum, dass man sich einmal ein ganzes Semester die Zeit nimmt, das Monster-Skript auswendig zu lernen. Ich persönlich war nicht der beste Multitasker im Studium und hatte "Security Engineering" aus Angst immer weiter nach hinten geschoben, sogar bis zu meiner Abschlussarbeit - eine Entscheidung, die ich absolut niemandem raten würde.
"Security Engineering" und "Advanced Software Engineering" sind nach heutigem Stand die einzigen Pflichtmodule, wo nur handbeschriebene Blätter in der Klausur erlaubt sind. Hier am besten 2-3x mehr Zeit einplanen für das Erstellen.
So, erstmal genug aus*.

Ein Lichtblick im Studium war für mich persönlich das Forschungsprojekt, welches sich über 2 Semester erstreckt, hier hat man eine riesige Auswahl an spannenden Forschungsthemen mit namhaften Firmen als Kooperationspartner. Man hat also wirklich die Möglichkeit, sich voll einzubringen und neue Kontakte zu knüpfen. Ich hatte ein sehr spannendes Projekt im Bereich Data Science, wo ich regelrecht aufgeblüht bin.
Nach dem Projekt gibt es dann ein weiteres Modul "Veröffentlichung", wo die Forschungsergebnisse in Form eines Papers veröffentlicht werden soll. Das Schreiben liegt sicherlich nicht jedem, und für mich persönlich war es verdammt hart, es neben 3 Klausuren fertigzustellen, aber man kann hier echt Wahnsinns Ergebnisse liefern, worauf man sehr stolz sein kann. Wenn man sich hart genug anstrengt und einem das Forschen sehr liegt, wird der betreuende Prof einen auch dazu motivieren, das Paper in einem echten seriösen Journal zu veröffentlichen. Dieses Glück wurde mir vor 1-2 Semestern zuteil, und ich bereue es kein bisschen.
Und wer weiß, ein gutes Forschungsprojekt kann prima als Grundlage für eine Masterarbeit dienen ;).
  • Kompetente Profs, spannende Forschungsprojekte mit hohem Potenzial für Abschlussarbeit und Promotion
  • Sehr trockene Vorlesungen und Skripte -> Auswendiglern-Schlachten vor Prüfungen, unverhältnismäßig hoher Lernaufwand bei manchen Modulen

Aktuelle Bewertungen zum Studiengang

3.4
Ruben , 10.12.2023 - Angewandte Informatik (M.Sc.)
4.2
Jonathan , 10.10.2023 - Angewandte Informatik (M.Sc.)
4.7
Ralf , 31.08.2023 - Angewandte Informatik (M.Sc.)
4.5
Julia , 26.12.2022 - Angewandte Informatik (M.Sc.)
4.7
Kadir , 09.12.2022 - Angewandte Informatik (M.Sc.)
4.4
Peter , 03.11.2022 - Angewandte Informatik (M.Sc.)
1.7
Manuel , 09.07.2022 - Angewandte Informatik (M.Sc.)
3.0
Anonym , 05.07.2022 - Angewandte Informatik (M.Sc.)
2.4
Anonym , 24.06.2022 - Angewandte Informatik (M.Sc.)
4.4
Holger , 19.05.2022 - Angewandte Informatik (M.Sc.)

Über Anonym

  • Alter: 24-26
  • Geschlecht: Männlich
  • Abschluss: Ja
  • Studiendauer: 5 Semester
  • Studienbeginn: 2021
  • Studienform: Vollzeitstudium
  • Standort: Campus Esslingen Flandernstraße
  • Weiterempfehlung: Nein
  • Geschrieben am: 24.02.2024
  • Veröffentlicht am: 29.02.2024