Gute Idee - Verbesserungsbedarf in der Umsetzung

Der Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen mit Schwerpunkt Energie bietet im Grunde eine gute Symbiose der Teilbereiche der klassischen betriebswirtschaftlichen Grundlagenfächern und den energietechnisch ausgerichteten Ingenieursmodulen.
Bei der Studiengangswahl ist von Beginn an auf die starke Fokusierung der technischen Teilgebiete im Studiengang der HSB zu achten. Etwa 70-80 Prozent der Module, je nach Ausgestaltung des Wahlpflichteils, sind technisch- und rechnerisch-geprägte Ingenieursmodulen. Es sollte somit im Hinblick auf ein anschließendes Masterstudium im Bereich des Wirtschaftsingenieurwesen schon früh drauf geachtet werden, dass die erlernten wirtschaftlichen Qualifikationen möglicherweise (in vielen Fällen) den Ansprüchen anderer Hochschulen oder Universitäten nicht genügen (besonders im Grundlagenbereich der Volkswirtschafslehre und des Operation Research).
Dieser fachlichen Spezifaktion des Studiengangs war ich mir von Anfang an bewusst. Viele meiner Kommulitonen haben es leider erst nach zwei bis drei Semestern gemerkt und den Studiengang abgebrochen bzw. gewechselt. Deshalb der umbedingte Ratschlag egal für welchen Studiengang: Lest euch die Püfungsordnung und das zugehörige Modulhandbuch schon vor der Bewerbung sorgfältig durch und prüft es anhand eurer Interessen und Qualifikationen!
Ich habe mich unter anderem aus Gründen des Praxisorientierung für ein Studium an einer Hochschule entschieden. Leider konnten diese Erwartungen an der HSB in acht Semestern nicht erfüllt werden. Abseits kleiner und banaler Vorführversuche sowie Praktika sind im Studium kaum praktische Anwendungsgebiete geschweige denn die aktive Inkulsion von Studierenden in Forschungsaktivitäten vorgesehen. Die Forschungsaktivität der HSB ist dabei trotz anderer Außendarstellung und vorhandenen Labormöglichkeiten sowieso quasi nicht existent. Wer also nicht nur rein theoretische VL genießen möchte, sondern das gelernte auch in aktuellen Forschungsvorhanden anwenden und erweitern möchte, hat an der HSB wenig Möglichkeiten.
Eine fachgerichtete Individualisierung des Modulplans ist aufgrund einer hohen Anzahl an Plichtmodulen kaum möglich. Gerade einmal zwei Wahlpflichtmodule stehen den Studierenden in sieben Semestern zur Auswahl. Eine Anpassung des Studieninhaltes auf die individuellen Bedürfnisse und Interessengebiete ist so nicht gegeben. Darüber hinaus ist das Angebot der Wahlmodule sehr begrenzt und nur in geringem Umfang adäquat.
Dies bringt mich abschließend zum wichtigsten Kritikpunkt meinerseits: Der Qualität der Lehre sowie die Anforderungen an die Studierenden. Aus meiner Sicht lässt die Qualität und das Niveau der VL deutlich zu wünschen über. Trotz der fachlichen Eignung der meisten Dozenten und Professoren werden zumeist nur einzelnen Fachbücher in der VL rezitiert, wobei jedoch kaum inhaltstief referitert wird. Es werden somit die selben Module wie an anderen HS belegt, ohne dabei das selbe Wissen und die selben Fähigkeiten zu erlernen. Abseits einem oder zwei Modulen im gesamten Studium werden in den Prüfungen, im Besonderen in den Klausurfernen Prüfungsleistungen, kaum große Forderungen an das (gute) Bestehen der Studierenden gestellt. Die Klausuren bauen dabei zu 100 Prozent auf den VL-Folien auf. Eine externe, und sonst normale, eigenständige Einarbeitung in das Themengebiet durch Lesen von Fachliterautur ist nicht notwendig. Persönlich haben ich, ohne Betrachtung der Hausarbeiten, das vollständige Studium absolviert, ohne je eine einzige Seite aus einem Fachbuch gelesen zu haben. Die Projektabgaben können meisten ohne all zu großen Aufwand bestanden werden. Bei den Vorlesungen und Klausuren, vor allem im wirtschaftlichen Teilbereich, werden die Themenbereiche nur oberflächlich angeschnitten und die banalsten Sachen abgefragt. Die Anwesenheit in der Hälfte der VL würde in manchen dieser Wirtschaftsmodulen ausreichen. Sollte dies der Anspruch eines Studiums sein?

Fazit: Ich würde mich mit den heutigen Erkenntnissen nicht mehr für derartiges Studium an der Hochschule Bremen entscheiden, obwohl ich besonders den familiären und freundschaftlichen Umgang in dem kleinen Semsterverbund stets sehr genossen habe. Vor allem die verbesserungswürdige Lehrqualität, welche zum Teil durch den guten Kontakt zu den Dozenten kompensiert werden kann, und die meiner Meinung nach Falschausrichtung des Studiengangs, weiterhin auf die Vermitllung von konventionellen und wärmetechnischen Aspekten anstelle des ausschließlichen Fokus auf Erneuerbare Energien und anderer zukunftsrelevanter Themen zu setzten, sprechen für mich gegen ein erneutes Studium. Ich hatte persönlich zudem gehofft im Studium stärker gefordert zu werden.
Aktuell befindet sich der Studiengang der Reakkreditierung und einige Module sollen verändert und angepasst werden. Ich hoffe sehr, dass einige der von mir pflichtmäßig belegten "Nonsenz"-Modulen (Qualitätsmanagement, Messtechnik, Fertigungslehre, Passivhaustechnik, Kraftwerkstechnik) in Zukunft kein fester Bestandteil des Studium mehr sein werden. Die Attraktivität des Studiengangs würde dies deutliche Verbessern.

P.S.: Die Studierbarkeit in Regelstudienzeit ist aufgrund von drei Projektmodulen, welche im siebten Semester separat zur Bachelorthesis absolviert werden müssen, leider sehr schwierig.