Zwischen den Stühlen

Zunächst einmal: Molekulare Medizin ist ein Studiengang für alle, die zwar an der Medizin interessiert sind, jedoch in die Forschung und nicht am Patienten arbeiten wollen. Wenn ihr eigentlich Medizin studieren wollt: Tut das. Findet am Besten in einem Praktikum heraus, ob euch die Arbeit mit Patienten Spaß macht, oder ober ihr lieber im Labor seid. Ein Wechsel zu Medizin ist nicht leichter, nur weil man bereits mit MolMed angefangen hat.
Nun zu meinen Studienerfahrungen: Ich bin zunächst mit großer Begeisterung ins Studium gestartet, hatte viel Gutes von der Uni gehört und wusste durch eine Ausbildung bereits, dass das die richtige Fachrichtung für mich ist. Die meisten Professoren hier brennen für ihr Fach und sind bereit, sich auch direkt mit den Studenten auseinander zu setzen, wenn es um Fragen oder Probleme geht. Nach zwei Semestern hat mich allerdings eine gewisse Ernüchterung erfasst. Der Schwerpunkt, was sich vor allem in der Anzahl der Credits niederschlägt, liegt in den ersten Semestern auf Mathe, Chemie und Physik. Mir ist völlig klar, dass Grundkenntnisse in diesen Bereichen sinnvoll und wichtig sind. Jedoch ist es für Studenten wie mich, die nicht direkt aus dem Abitur kommen sehr schwer (besonders in Physik) mit zu kommen. Und mir ist nach wie vor schleierhaft wie ein wöchentlich stattfindendes, a 6-stündiges Physikpraktikum mit Schwerpunkt auf Mechanik mich auf meine Arbeit als Molekularmediziner vorbereiten soll. Der Kosten-Nutzen-Faktor ist hier meiner Einschätzung nach schlecht balanziert. Das betrifft leider auch viele andere Fächer: Der Studiengang ist in Ulm derart überladen, dass die Regelstudienzeit von 6 Semestern eigentlich nicht zu schaffen ist. Zumal man im 6. Semester die Zeit, die man eigentlich für die Bachelorarbeit haben sollte in Vorlesungen verbringt.
Ein weiterer Faktor ist die mangelhafte Organisation: Nicht nur wird man als einer von etwa 50 MolMeds in der Vorlesung ständig übergangen (immerhin sitzt etwa die dreifache Anzahl Chemiker/Biochemeriker oder Mediziner mit im Saal). Auch wird gerne verdrängt, welche Prüfungsordnung für uns gilt oder wann wir bereits andere Prüfungen schreiben. Man muss also ständig allem hinterher laufen, das zuständige Sekretariat ist überfordert. Die Aussage, dass MolMed "ein junger Studiengang" sei, ist nach über 10 Jahren auch keine gute Ausrede mehr.
Neben den Klausuren, die wir mit den Medizinern schreiben, werden wir zusammen mit Biochemikern und anderen Naturwissenschaftlern geprüft. Nur fehlen uns leider die zielführenden Seminare der Mediziner. MolMed wird als "Elite"-Studiengang gehandhabt, was jedoch im krassen Kontrast zur Meinung anderer Naturwissenschaftler steht: wir wären einfach zu dumm für ein richtiges Medizinstudium.
Das wäre alles noch nicht so wild, wären die Noten nicht eine Voraussetzung für die Bewerbung um Masterstudienplätze. Um die konkurieren MolMeds mit allen anderen B. o. Sc., die weniger Pensum und so oft bessere Abschlüsse haben. Ich muss mich daher trotz aller Liebe zum Fach fragen, ob es mir das Wert ist? Ohne guten Bachelor keinen Master, ohne Masterabschluss keinen Arbeitsplatz.
Fazit: Ihr brennt für die Forschung, für Medizin und seid bereit alles darauf zu konzentrieren? Ihr braucht nicht neben dem Studium zu arbeiten? Ihr seid belastbar und leidensfähig? Das lernen fällt euch leicht? Dann ist das der Studiengang für euch.