Ein Studium für idealistische Nerds

Linguistik (B.A.)

  • Studieninhalte
    3.0
  • Dozenten
    3.0
  • Lehrveranstaltungen
    4.0
  • Ausstattung
    3.0
  • Organisation
    1.0
  • Literaturzugang
    3.0
  • Digitales Studieren
    3.0
  • Gesamtbewertung
    2.9
Ich habe zwischen 2018 und 2022 Linguistik an der HHU studiert. Nach meinem Abschluss und nun in einem anderen Studiengang habe ich also Erfahrungen aus der Zeit vor, während und nach Corona, sowie einen direkten Vergleich zu einer anderen Uni und einem anderen Fach.

Wenn man Linguistik studieren möchte, sollte man sich im Vorfeld darüber im Klaren sein, auf eine Vielzahl von Problemen zu stoßen. Innerhalb der Uni wird man im Grunde von jedem, außer anderen Geisteswissenschaftlern, (zu Unrecht!) belächelt. Man trifft auf viele Menschen von allen möglichen Lebenswegen, die alle gemeinsam haben, dass man sich „irgendwie für Sprache“ interessiert, vielleicht in der Schulzeit ein nerdiger Außenseiter war und in der Sprachwissenschaft sein größtes, oft gar einziges, Talent sieht. Gepaart mit der allgemein geringen Anzahl an Studieninteressierten bedeutet das, dass man in einen Topf mit Menschen verschiedenster Leistungsniveaus geworfen wird, die zwar Sprachenthusiasten sind, oft aber etwas orientierungslos einfach ein NC-freies Fach wählten, um überhaupt studieren zu können, welches irgendwas mit Sprache zu tun hat, ohne genau zu wissen, was einen erwartet. Viele Studenten haben gerade zu Beginn falsche Vorstellungen vom Studium. Man lernt wenig Konkretes über eine bestimmte Sprache - das ist auch nicht der Anspruch des Fachs. Man bekommt Infos zur allgemeinen phonologischen, morphologischen, semantischen, pragmatischen und syntaktischen Struktur unterschiedlicher Sprachen. Man nimmt Vergleiche zwischen diesen Strukturen vor, in unterschiedlichen Seminaren vertieft man sein Wissen aus den einführenden Vorlesungen und wählt einen Schwerpunkt aus den Randbereichen der Linguistik aus (bspw. Computerlinguistik, Psycho- und Neurolinguistik, Grundlagen (= Sprachphilosophie), historische Linguistik, Soziolinguistik, Fremdsprachen u.v.m.). Weiterhin ist es Pflicht, eine „große Fremdsprache“ zu wählen, die man ungefähr bis auf das Niveau B2 lernt, wenn man nicht gerade Englisch wählt, hier liegt das Sprachniveau eindeutig im C-Bereich. Zumindest als ich anfing zu studieren, hatte man die Wahl aus Französisch, Englisch, Spanisch, Italienisch und Japanisch. Klingt alles super, oder? Nun ja…Je nach Prüfungsordnung gibt es erhebliche Probleme, sich überhaupt für Prüfungen anmelden zu können. Ich konnte mich ab dem 3. Semester für nichts mehr selbst anmelden und musste für alles ins Sekretariat rennen, auch wenn man mir dort oft schnell und unkompliziert helfen konnte. Oft. Immer leider auch nicht, es kam vor, dass ich zum Prüfungsamt musste, damit meine Prüfung überhaupt angelegt wird. Es ist auch vorgekommen, dass ich für die falsche Prüfung angemeldet wurde und deshalb natürlich in dieser aufgrund meiner fehlenden Vorbereitung eine schlechte Note bekam. Keiner weiß jemals zu 100%, was er tut, man kommt geradezu zufällig jedes Jahr auf seine CPs, sofern der Dozent denn zeitig daran denkt, alles einzutragen, was auch nicht selbstverständlich ist. :) Eine Freundin wartete monatelang auf den Termin für eine mündliche Prüfung, da die Dozentin sich einfach nicht mehr meldete. Man sollte auch meinen, dass wenn eine Bewertung nicht ins System eingetragen worden ist, dass dieser Fehler schnell zu korrigieren sei. Meist ist er das auch. Mir selbst ist passiert, dass die Dozentin, bei der ich eine Prüfung abgeschlossen habe, im kommenden Semester an eine Uni ins Ausland ging und für mich nicht mehr kontaktierbar war. Selbstverständlich musste ich diese Prüfung nachholen, was meine Studienzeit verlängerte. Es gibt noch zahllose weitere Beispiele dafür, dass man als Student der Linguistik an der HHU durchaus mal der Gedankenlosigkeit bestimmter Dozenten ausgeliefert ist und man den Kürzeren zieht, wenn man probiert, etwas dagegen zu tun. Zwar sind viele Dozenten bemüht, Lösungen mit einem zu finden, das gelingt jedoch längst nicht immer. In diesem Fall herrscht eine „Da machste nix“-Einstellung vor, was wenig hilfreich ist. In die Linguistik als solche fließt seitens der Uni auch kaum Geld, man profitiert bloß von dem, was die philosophische Fakultät insgesamt bekommt. Großartige Förderungsmöglichkeiten gibt es also nicht. Das Studium ist demnach ganz stark das, was man selbst an der HHU daraus macht.

Und was kann man daraus machen? Zu Beginn des 1. Semesters, noch bevor ich eine Vorlesung gehört habe, wurde uns in einem damals noch vollen Hörsaal berichtet, was man als Linguist alles NICHT wird. Man wird kein Dolmetscher, Lektor, Journalist, Sprachtherapeut oder Sprachlehrer. Für all diese Berufe sind entweder andere Studiengänge oder Zusatzausbildungen nötig. Einem wird empfohlen, sich Praktikumsstellen zu suchen, um sich ein Profil zu schaffen, damit man überhaupt eine Chance hat, nach dem Abschluss einen Job zu finden. Hilfe bekommt man dabei nicht viel - einmal im Semester holt man aber einen Absolventen ins Institut, der berichtet, was er beruflich nun macht und wie er es geschafft hat, einen Job zu bekommen. Das ist kein Witz. Nach dem Linguistikstudium in einem Bereich einen Job zu bekommen, der auch nur entfernt was mit Sprache zu tun hat, ist dermaßen beeindruckend, dass man Leute wie schillernde Beispiele für Erfolg an die Uni karrt, die‘s zufällig geschafft haben. Sehr demotivierend, finde ich. Eine wissenschaftliche Karriere einzuschlagen gestaltet sich aufgrund sehr begrenzten Bedarfs und wenig Forschungsgeldern als sehr schwierig, das erzählen Dozenten in Privatgesprächen gerne selbst. Es ist also kein Wunder, dass die Abbruchquote erschreckend hoch ist. Das Studium mag an vielen Stellen ganz interessant sein, die absolut desaströsen Berufsaussichten veranlassen die Leute aber oft zu einer Umorientierung - so wie mich auch, auch wenn ich meinen Abschluss machte, um meine Zeit dort wenigstens nicht total verschwendet zu haben. Damit ihr das einordnen könnt: zum Schluss habe ich nur noch knapp 10 Leute gesehen, die mit mir angefangen haben zu studieren. Einige könnten etwas eher fertig geworden sein, insgesamt hat unser Jahrgang aber sicherlich keine 50 fertigen Linguisten hervorgebracht. Das ist weniger als 1/4 der Leute im 1. Semester.

Insgesamt finde ich aber, dass die Lehrveranstaltungen in sich oft schlüssig sind, die Prüfungen sehr fair konzipiert sind und jeder sie schaffen kann, der sich zumindest ein wenig mit der Materie befasst hat. Der Anspruch ist hier eher gering, wobei ich feststelle, dass in jüngster Zeit zunehmend Fokus auf Technik und experimentelle Methodik gelegt wird. Ein Laptop zu besitzen, ist essentiell. Ein PC oder ein Tablet taugen in dem Fach eher wenig. Wenn man also wenig bis gar nicht technikaffin ist, ist das Studium zunehmend weniger zu empfehlen - das ist jedoch der Wissenschaftskultur und der Zeit geschuldet, ohne Technik und ohne grundlegendste Kenntnisse im Programmieren einfacher Experimente oder in der Datenverarbeitung kommt man nicht aus. Hilfe hierzu bekommt man aber! Das schafft man mit etwas Übung ziemlich gut. Man hat auch ein recht breites Angebot verschiedener Seminare, manchmal kann man sogar Seminarthemen anregen.

Zur Fachschaft ist zu sagen, dass sie im Grunde kaum etwas tut. Kann sie auch nicht, wenn keine Gelder zur Verfügung stehen. Mehr als einen Plausch mit Kaffee und Keksen oder einen Spieleabend kann man also nicht erwarten. Im Grunde ist die Fachschaft nur pro forma da, man könnte sie auch abschaffen, ohne, dass etwas fehlt oder man es merken würde - sie ist ein Selbstzweck und war für meinen Studienverlauf ganz egal. Das steht im krassen Gegensatz zu der Fachschaft in meinem neuen Studiengang. Ich sehe, dass es auch ganz, ganz anders und deutlich besser geht, wenn man will.

Außerhalb der Uni wird man mit zahlreichen falschen Vorstellungen über den Studiengang konfrontiert, wenn man berichtet, dass man Linguistik studiert. Weder bedeutet dies, dass man ein wandelnder Duden ist, noch, dass man jede Sprache beherrscht. Man ist auch kein Germanist, kein Autor und auch kein sprachaffiner Philosoph. Die Wahrheit darüber, was wir im Studium machen, ist weit weniger spannend als das, stellte ich fest. Dass wir keine einzigartige, für den Arbeitsmarkt interessante Fähigkeiten haben, ist auch weitläufig bei Unternehmen bekannt. Man sieht sich der Meinung ausgesetzt, ein ganz entspanntes Bilderbuch-Studentenleben zu führen, welches daraus besteht, viel zu feiern und Minijobs nachzugehen - beides klappt neben einem wenig fordernden Studium wie diesem wunderbar. Für viele, innerhalb und außerhalb der Uni, ist Linguistik eine brotlose Kunst. Und nach 4 Jahren Studium stimme ich zu.

Empfehlen kann ich das Studium daher bloß Menschen, die außer ihrem Interesse an Sprachen allgemein (und das aus einer sehr theoretischen, wissenschaftlichen Sicht) keine weiteren Interessen oder Fähigkeiten haben. Wenn man dann auch noch bereit ist in Kauf zu nehmen, als unterbezahlter Arbeitnehmer nach dem Studium IRGENDWAS zu machen, sich in den Ferien Praktika anzutun und sich belächeln zu lassen, ist man für das Fach perfekt geeignet. Allen anderen rate ich dringend, etwas aus ihren übrigen Interessen und Fähigkeiten zu machen. Man lebt nicht nur für die Zeit als Student - und für das Leben danach bietet die Linguistik wenige Möglichkeiten. Um das Fach tut es mir leid, ich finde es noch immer spannend, sehe aber ein, dass dieser Weg für nahezu alle Menschen eine Sackgasse ist.
  • Viele interessante Einblicke in die Welt der Sprachen aus jeder Perspektive
  • Schlechte Organisation, wenig Einsatz seitens der Fachschaft, sehr seltsame Charaktere, keine beruflichen Perspektiven

Jan hat 19 Fragen aus unserer Umfrage beantwortet

Verglichen wird die Aussage des Rezensenten mit den Angaben der Kommilitonen des Studiengangs.
  • Wie gut ist die Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln?
    Die Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln finde ich sehr gut.
    Auch 67% meiner Kommilitonen beurteilen die Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln als sehr gut.
  • Wie ist die Parkplatz-Situation?
    Ich finde mit etwas Glück und ein bisschen Geduld einen Parkplatz.
    Auch 79% meiner Kommilitonen finden mit etwas Glück und ein bisschen Geduld einen Parkplatz.
  • Wie umfangreich ist das Hochschulsport-Angebot?
    Ich bin begeistert vom vielfältigen Hochschulsport-Angebot.
    Auch 75% meiner Kommilitonen finden das Hochschulsport-Angebot sehr vielfältig.
  • Gibt es ausreichend Sitzplätze in den Hörsälen?
    Ich habe nie ein Problem damit, einen Sitzplatz im Hörsaal zu finden.
    Auch 92% meiner Kommilitonen haben keine Probleme, einen freien Sitzplatz im Hörsaal zu finden.
  • Sind die Öffnungszeiten des Sekretariats in Ordnung?
    Mit den Öffnungszeiten des Sekretariats bin ich sehr zufrieden.
    Auch 92% meiner Kommilitonen sind sehr zufrieden mit den Öffnungszeiten des Sekretariats.
  • Wie schön ist der Campus?
    Den Campus finde ich ganz ok.
    45% meiner Kommilitonen finden die Campus-Gestaltung sehr schön.
  • Wie ist die Luft in den Hörsälen?
    Ich habe angegeben, dass die Luft in den Hörsälen sehr gut ist.
    77% meiner Kommilitonen sind der Meinung, dass die Luft in den Hörsälen ok ist.
  • Wie hoch ist der Flirtfaktor an Deiner Hochschule?
    Ich sage, dass an dieser Hochschule kein Flirtfaktor vorhanden ist.
    56% meiner Kommilitonen bewerten den Flirtfaktor mit "ab und an geht was".
  • Wie schwierig war die Wohnungssuche?
    Die Wohnungssuche war echt schwierig.
    Auch 100% meiner Kommilitonen empfanden die Wohnungssuche als ziemlich schwierig.
  • Wie praxisnah ist Dein Studium aufgebaut?
    Ich beurteile mein Studium als sehr theoretisch.
    Auch 73% meiner Kommilitonen empfinden ihr Studium sehr theoretisch.
  • Wie hoch ist der Anspruch an die Studenten?
    Ich bin der Ansicht, das Studium ist zu leicht. Der Anspruch könnte höher sein.
    50% meiner Kommilitonen sind der Ansicht, der Anspruch an die Studenten ist genau richtig.
  • Werden Vorlesungen häufig abgesagt?
    Nur in Ausnahmefällen werden Vorlesungen bei uns abgesagt.
    Auch 83% meiner Kommilitonen sagen, dass nur in Ausnahmefällen Vorlesungen abgesagt werden.
  • Gibt es eine Anwesenheitspflicht?
    In manchen Kursen habe ich eine Anwesenheitspflicht.
    Auch 87% meiner Kommilitonen sagen, dass es nur teilweise eine Anwesenheitspflicht gibt.
  • Stellen Deine Dozenten die Skripte auch online bereit?
    Ich freue mich, dass fast alle Dozenten ihre Skripte auch online bereitstellen.
    Auch 75% meiner Kommilitonen sagen aus, dass fast alle Dozenten ihre Skripte auch online bereitstellen.
  • Wie hoch ist das Lernpensum?
    Ich bin durch das geringe Lernpensum unterfordert.
    für 57% meiner Kommilitonen ist das Lernpensum genau richtig.
  • Fühlst Du Dich während Deines Studiums gut betreut?
    Für mich ist die Betreuung während des Studiums ok.
    Auch für 50% meiner Kommilitonen ist die Betreuung während des Studiums ok.
  • Pendeln viele Deiner Kommilitonen am Wochenende in die Heimat?
    Viele meiner Kommilitonen pendeln am Wochenende in die Heimat.
    Auch 82% meiner Kommilitonen sagen, dass Viele am Wochenende in die Heimat pendeln.
  • Hast Du bereits ein Auslandssemester absolviert?
    Ich habe kein Auslandssemester absolviert oder geplant.
    Auch 90% meiner Kommilitonen haben kein Auslandssemester absolviert oder geplant.
  • Wie beurteilst Du die Erreichbarkeit Deiner Dozenten?
    Meine Dozenten kann ich nur mit etwas Glück erreichen.
    Auch 56% meiner Kommilitonen können ihre Dozenten nur mit etwas Glück erreichen.
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Aktuelle Bewertungen zum Studiengang

3.0
Jana , 17.11.2023 - Linguistik (B.A.)
5.0
Bayan , 07.10.2023 - Linguistik (B.A.)
4.0
Luciene , 25.08.2023 - Linguistik (B.A.)
4.1
Erika , 12.12.2022 - Linguistik (B.A.)
4.6
Linda , 09.10.2022 - Linguistik (B.A.)
4.4
S. , 16.01.2022 - Linguistik (B.A.)
3.1
Anni , 28.10.2021 - Linguistik (B.A.)
4.0
Linda , 26.10.2021 - Linguistik (B.A.)
4.4
M. , 24.07.2021 - Linguistik (B.A.)
4.7
Yasmin , 16.07.2021 - Linguistik (B.A.)

Über Jan

  • Alter: 24-26
  • Geschlecht: Männlich
  • Abschluss: Ja
  • Studiendauer: 8 Semester
  • Studienbeginn: 2018
  • Studienform: Variante: Bachelor of Arts Integrativ
  • Standort: Standort Düsseldorf
  • Weiterempfehlung: Nein
  • Geschrieben am: 04.05.2023
  • Veröffentlicht am: 10.05.2023