Viel mitgenommen, wenn man offen ist

Großer Name- was ist dahinter?
Vier Jahre an der Bauhaus-Uni haben mich an körperliche Grenzen gebracht, aber auch viel lernen lassen.
Das erste ist wahrscheinlich dem allgemeinen Verständnis vom Studiengang selbst geschuldet, letzteres kommt durch eine Uni, die Möglichkeiten und Freiraum bietet wenn man sich durch den Orga-Wald kämpft. Ich bin zufrieden mit den Kursen die ich machen musste und die ich wählen konnte. Es gibt in der Architektur gute und zugängliche Dozierende, und vor allem auch viele Mitarbeitende, die engagiert sind und sich einsetzen für neue Lehrformate und Inhalte.

Mit den Entwürfen habe ich größtenteils gute Erfahrungen gemacht, das meiste ist Gruppenarbeit und je nach Professur gut organisiert oder mehr selbstorganisiert. Man kann zwar wählen, im Endeffekt wird das Projekt aber per Zufall zugeteilt - da kann man bei beliebten Professuren schon mal ein paar Semester warten müssen bis es klappt. Die Uni macht gern Werbung für ihre Bauhaus.Module, sozusagen freie Wahlmodule mit weniger Punkten, die von Studierenden angeboten werden können und leider oft den politischsten und kritischsten Anteil an der Lehre ausmachen - nur eben von unterbezahlten Studis organisiert, die nebenbei auch noch ihr Studium wuppen müssen. Die für mich am inspirierendsten Veranstaltungen waren da zu finden. Die Anerkennung ist komplizierter als sie sein müsste, wenn das Modul nicht ‚Architektur genug‘ ist, um automatisch im Katalog zu sein.
Das Online-Kurs System habe ich bis heute nicht komplett verstanden und durch viele organisatorische Dinge muss man sich alleine durchrackern. Ist vieles ziemlich sperrig und wirkt kompliziert, obwohl es das eigentlich nicht müsste.

Auch wenn sich die Institution offiziell regelmäßig brüstet mit gut klingenden Worten wie international und nachhaltig, kann ich bestätigen, dass in Bezug auf die Lehre und auch Die Universitätsstruktur viel Druck und Anregung für tatsächliche Umsetzung dieses Bildes vor allem von Studierenden kam. Die Uni ist zu unpolitisch, positioniert sich seltenst zu aktuellen Geschehen wie dem sehr präsenten Rechtsruck z.B. in Thüringen (auch in Weimar außerhalb der Studi-Bubble sehr spürbar) oder auch internen Problemen wie dem Umgang mit ‚internationals‘.

Einige der Tourist*innen, die täglich die Uni besuchen fragten mich mal ob man hier immernoch studiert wie vor hundert Jahren. Dazu kann ich sagen: ‚Bauhaus‘ ist vor allem die Fassade. Ich würde es schon kritisieren, dass man hier wenig Anreize und Möglichkeiten hat, interdisziplinär mit anderen Studiengängen zusammenarbeiten kann.
Du willst Architektur verbinden mit einem anderem Medium zum Beispiel Film und da einen Kurs belegen? - kannst du schon machen, kriegst dann nur keine Punkte dafür.
Wer Architektur durchballern will (empfehle den Modus nicht) kann das hier auch, verpasst aber viel Austausch, der schon auch stattfindet wenn man sich selbst vernetzt.

Auch wenn die Fakultäten alle trotz der Nähe meiner Wahrnehmung nach eher so ihr eigenes Ding machen, sind es die Studierenden Menschen, die das Studieren und Leben hier so besonders machen. Alles ist super klein, man sieht sich und lernt sich schnell kennen. In Weimar studieren würde ich von der Stadt her immer empfehlen. Wenig Menschen- darauf verhältnismäßig viele Studis. Anonym ist es hier auf keinen Fall. Man kann gut und (noch) relativ günstig wohnen, kurze Wege und und .. Linke Studis = ein bisschen alternativeres Kulturangebot als GoetheSchiller, aber eben nur während des Semesters.