Konservativer Studiengang

Obwohl ich eigentlich nicht mit hohen Erwartungen an das Studium der Politikwissenschaft und Soziologie herangegangen bin, bin ich nach dem fünften Semester eigentlich sehr enttäuscht.
Ich habe während Corona angefangen am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie zu studieren und habe eigentlich keine gute Lehre erfahren, insbesondere wenn ich die letzten Semester reflektiere. Bis auf drei Vorlesungen haben die Professoren in den Einführungsvorlesungen (Soziologie, Politische Systeme und Politische Theorie und Ideengeschichte) einfach nur Videos hochgeladen, in zwei Fällen sogar einfach die gleichen, unangepasst von dem Jahr zuvor. Nur in Soziologie wurden unangebrachte Kommentare des Professors herausgeschnitten auf massiven Protest der Studierenden und der Fachschaft. Seitenhiebe gegen den Feminismus und aufklärte soziologische Wissenschaft durfte man sich dennoch in den gesamten Videomaterial ständig anhören. In den anderen Vorlesungen wurden oftmals einfach wortwörtlich die Publikationen der Professoren vorgelesen, weshalb sich spätestens ab der dritten Vorlesung die Mehrheit dazu entschieden hat, einfach sich die Bücher anzuschaffen und den Stoff selbstständig anzuschaffen. In Deutsche und Europäische Politik konnte man die Mikros nicht einschalten und auch nichts in den zoom-chat schreiben, weshalb der Professor oftmals stundenlang vor sich hinredete ohne dass jemand die Folien und Abbildungen sehen konnte, über die er eigentlich sprach.

In den Klausuren gab es dann eigentlich nie Erwartungshorizonte, die Bewertungen der Klausuren waren meiner Einschätzung oftmals sehr subjektiv. Man kann zwar zur Nachbesprechung gehen, aber nach oftmals mehreren Monaten der Korrektur ziehen sich die Dozenten dann natürlich auch nur etwas aus der Nase woran es gelegen haben könnte. An die Korrekturfristen wird sich an diesem Institut grundsätzlich nicht gehalten, aber Beschwerden prallen an den Verantwortlichen grundsätzlich ab.

Ansonsten darf man sich darauf vorbereiten die gesamten Semesterferien in der Bibliothek zu verbringen, da eine unfassbare Menge an Hausarbeiten auf einen zukommt. Da mir dies vorher bewusst war, war ich von diesem Arbeitsumfang in den Semesterferien nicht sonderlich überrascht, allerdings stört es mich manchmal schon, dass alle Module mit einer Hausarbeit abgeschlossen werden und nicht variiert wird. Viele meiner Kommilitonen wissen jetzt schon, dass sie deutlich länger studieren werden, da es oftmals nicht möglich ist, alle vorgesehenen Hausarbeiten in der vorgegebenen Zeit zu schaffen.

Das Studium der Politik und Gesellschaft ist nicht nur schlecht, es gibt insbesondere in den Seminaren sehr engagierte und aufgeklärte Dozenten (leider jedoch fast ausschließlich Männer). Allerdings muss einem durchaus bewusst sein, dass das Studium der Politikwissenschaft und Soziologie an der Universität Bonn im letzten Jahrhundert stecken geblieben ist und seither keine Innovation geschaffen hat. Wer höchst konservative Lehre mag und Lust auf die wirklich schöne Stadt Bonn und die tollen Räumlichkeiten der Universität Bonn hat - lets go! Ich hätte mich jedoch im Nachhinein gerne für eine andere Universität beziehungsweise für ein anderes Institut entschieden :)