Bericht archiviert

Sehr enttäuschend

Maschinenbau (Bachelor)

  • Studieninhalte
    1.0
  • Dozenten
    2.0
  • Lehrveranstaltungen
    2.0
  • Ausstattung
    1.0
  • Organisation
    1.0
  • Literaturzugang
    1.0
  • Gesamtbewertung
    1.3
Ich habe 3 Semester ab 2013 am Standort Gießen (Campus zu nennen fällt mir schwer, da alles nur dicht gepackter Betonbau war) Maschinenbau studiert und dachte zunächst wie viele andere auch nicht schlecht über die Fachhochschule. Die Hörsäle waren nicht brechend voll, die Parkplatzsituation war in gewissem Rahmen überschaubar, die Anbindungen zum öffentlichen Nahverkehrsnetz war akzeptabel. Doch es offenbarten sich recht schnell die Schattenseiten und Schwachpunkte der Hochschule, die man auf den Werbeplakaten oder Beschriftungen, die sich Busse auf ihre Fensterscheiben tätowiert hatten, gekonnt wegkaschierte. Natürlich fiel mir das erst auf, nachdem ich mich von allen Klischees der Fachhochschule gelöst und zu meiner Entschlossenheit, ihr eine Chance zu geben, gestanden hatte und nicht zuletzt mein Semesterbeitrag bereits überwiesen war.

Als Abiturient war es mir wichtig, dass ein Studium von der Schule abgrenzen sollte. Ich wollte das Gefühl haben, in dem, was ich mir erwählt hatte, vorwärts zu kommen. Das Studium sollte eben die typischen Merkmale aufweisen, und ich entfernte mich bei diesem Gedanken erstmal davon, ob es ein Fachhochschul- oder Universitätsstudium ist: Selbstständigkeit, Anspruch, Interesse und Weiterentwicklung der persönlichen und fachlichen Fähigkeiten gehörten dazu. Doch so sehr die THM von sich behauptet hat, dass sie mit ihrem eingeführten Bachelor-Master-System(Bologna) den Universitäten gleichgestellt sei und ihr ein guter Ruf durch ihre vermeintlich hervorragenden Leistungen beiwohne, umso mehr wurde mir klar, wie viel sie uns Studenten auch verheimlichte.
Das erste Semester: Mathematik 1, Technische Mechanik 1, Chemie, Physik, Technisches Zeichnen, Informatik, Projektarbeit 1. Was Mathematik und Chemie angeht, waren die Dozenten zwar sehr kompetent und haben auch anspruchsvolle und gleichzeitig didaktisch hochwertige Vorlesungen gehalten. Doch auch diese mussten mit Personalmangel kämpfen und meist sogar selbst die Betreuung der Übungen übernehmen. Der Rest der Fächer litt unter dem Unvermögen ihrer Dozenten, ihre Fächer in vollem Umfang und gleichzeitig für Studenten zugänglich zu vermitteln. Auch die Betreuung in den Übungen wurde meist von den Dozenten selbst übernommen oder mit einem einizgen Mitarbeiter des Fachgebiets geteilt, doch Tutorien, wie man sie von Universitäten kennt, wo pro Gruppe 2-4 Betreuer tätig waren, kannte man dort nicht. Mir fallen heute dafür 3 Gründe ein: Geldmangel, Mangel an Interesse von Außen und Mangel an qualifizierten Absolventen/Studenten, doch unterm Strich nur Mangelerscheinungen, die man so nicht vermutet hätte. Entsprechend verliefen die Klausuren, für die die Fachhochschule sogar die städtische Kongresshalle mieten musste, weil sie zudem Platz- und Raummangel hatte. Aus studentischer Sicht war das zwar sehr komfortabel, denn man hatte einen großen Tisch für sich allein und einen bequemen Stuhl, doch mit der Miete des Kongresszentrums, das sich über zwei Wochen zog, hätte man ohne Weiteres Geld für gute Betreuung bereitstellen können. Aber die THM zog es eher in Erwägung, möglichst viele Studenten anzuwerben, um mit expandierenden Studentenzahlen zu prahlen und sich gleichzeitig mit deren Semesterbeiträgen ihren ohnehin spärlichen Haushalt zu finanzieren. Diese kurzsichtige Einstellung der Fachhochschule hatte mich sehr irritiert und schon erste Zweifel aufkommen lassen. Doch schlimmer war, dass die Klausuren in keinem Verhältnis zur Vorlesung oder zum Themengebiet standen: Entweder waren sie vom Niveau so viel höher als die gewohnte Vorlesung, dass man selbst mit allen nicht kommunizierenden Hilfsmitteln ("Kofferklausur") grade mal den Namen+Matrikel schreiben und praktisch abgeben konnte oder sie waren zwar an das Niveau der Vorlesung angepasst, aber dafür so anspruchslos, dass man sich als ehrlicher Mensch die Frage stellen müsste, ob man den Schein für dieses Fach wirklich verdient habe. In den seltensten Fällen waren die Klausuren zumutbar, und viel zu oft wurde auf falsche Werte der Schwerpunkt gelegt: Routine statt Verständnis, Masse statt Klasse (zugegeben, das machen viele Universitäten auch, doch nicht so übertrieben). Und dass man am Ende des Semesters durchschnittlich 3 von 5 Klausuren innerhalb einer Woche (Mo-Fr) geschrieben hat, rundeten die Klausurphase perfekt ab, und diese wiederholte sich Semester für Semester. Der Vorteil war, dass man dadurch eine verlängerte vorlesungsfrei Zeit hatte, die man für Ferienjobs oder Praktika sehr gut nutzen konnte, doch das war es trotzdem nicht wert.
Meine Hoffnungen, die Situation würde sich im Laufe der Zeit verbessern oder zu ihrem "wahren" Zustand zurückkehren (hätte ja auch ein Pechsemester sein können) wurden in den darauf folgenden Semestern jedes Mal aufs neue auf die Probe gestellt und in der Luft zerrissen. Anspruchsvolle Themen wurden reduziert, nicht weiter behandelt oder als "für Sie (FHler) nicht von Bedeutung" klassifiziert. Ich hatte das Gefühl, zum "Wald- und Wieseningenieur" ausgebildet zu werden. Die Qualität der Lehre blieb also wie gewohnt mangelhaft, doch nun kristallisierte sich auch noch die mangelnde Disziplin der Dozenten heraus, die immer häufiger fehlten und überwiegend schlecht ersetzt wurden. Ein zunehmendes Fehlen der Studenten machte sich zwar auch bemerkbar (wahrscheinlich Exmatrikulierte, Frustrierte, Desinteressierte oder einfach nur faule Säcke), gerechtfertigt aber in keinster Weise die Nachlässigkeit der Lehrbeauftragten. Auf Beschwerden diesbezüglich wurde mit der selben abfälligen und ignoranten Art reagiert, wie die Studenten es von den Dozenten gewohnt waren, denen Treffen mit Unternehmern (Finanzierer) oder Senatssitzungen (was auch immer dort besprochen wurde) offensichtlich wichtiger waren als der fachliche Nachwuchs. Die Liste der Mängel in der Lehre ist beliebig erweiterbar, doch zunächst genug davon. Wie waren die Studenten, die Stimmung, die Mensa, die Bibliothek etc.?

Die Studenten waren zum Teil Abiturienten, Fachabiturienten oder Gelernte (die eine Ausbildung abgeschlossen hatten). Der Kenntnisstand variierte zwar dadurch, doch bei Universitäten war das nicht anders, da auch Schulen sowie Schüler variierten und durch den enormen Sprung von Schule zu Uni nahezu alle gleichermaßen betroffen waren. Viel auffälliger waren die Haltung und Motivation, mit denen sie studierten. Die meisten vom Gymnasium hatte ihre Leistung für die Uni nicht gereicht oder sie trauten sich ein Universitätsstudium nicht zu und bevorzugten ein leichteres Studium an der FH. Für die meisten Gelernten war es eine Art Fortbildung, zu der sie auf einer Universität wahrscheinlich zugelassen worden wären oder ihnen ein vermeintlich "praxisnahes" Studium lieber waren. Es gab also nur wenige, die tatsächlich aus Interesse studierten. "Studieren, weil man Lust drauf hat" war absolut unterrepräsentiert, vielmehr war die Devise "Mit möglichst wenig Aufwand Ingenieur werden, denn man ist ja gefragt" ausschlaggebend. Sicherlich, kaum jemand studiert aus reinem Interesse und völlig zweckfrei, aber man sollte sich mit seinem Studium irgendwie identifizieren können, ohne dies auf Zukunftschancen zurückzuführen. Entsprechend war das Niveau unter ihnen mangelhaft (unter anderem wahrscheinlich der Grund für die abfällige Art der Dozenten). Das hatte ich mir etwas anders vorgestellt.

Auch die Stimmung war nicht wirklich positiv. Vielen Studenten ging es ähnlich wie mir, nachdem sie sukzessive die Schwachpunkte und Widersprüchlichkeiten ihrer FH entdeckt hatten und dadurch äußerst verärgert waren. Von der gepriesenen Forschungsstärke der THM bekamen die Studenten von den Profs wenig mit, zum anderen waren bei internen Praktika der Eindruck immer häufiger, dass es nicht nur an Laborausrüstung, sondern auch an Ideen fehlte. Zudem wurde man bei der Bewertung der Protokolle entweder total schikaniert oder maßlos unterfordert, da die Praktika mehr mit Physikversuchen aus der Mittelstufe zu tun hatten. Man bekam zunehmend den Eindruck, in einem Laden voller Loser gelandet zu sein.

Zur Mensa fällt mir bedauerlicherweise nichts positives ein. Sie hatte bei weitem nicht die nötige Kapazität für die Studierenden und war zudem sehr teuer und manchmal auch unhygienisch. Über das Essen kann man sich streiten, doch wirklich lecker und preiswert war es nicht. Die Bibliothek hatte ein ähnliches Problem: Zu geringe Kapazitäten an Arbeitsplätzen (Tischen) und Büchern (Menge sowie Vielfalt), dafür ein erstaunlich großer Bedarf von studentischer Seite, die Bibliothek zu nutzen. Ein kurzes Wort zur Organisation: Schlecht strukturiert, kaum Koordinationsvermögen, Spams von allenmöglichen Dingen, die eine THM-Mailadresse besaßen, und der Klassiker Unfreundlichkeit.

Zusammenfassend: Mangel an Anspruch, mangelnde Qualifikation und Disziplin der Dozenten, Probleme mit Kapazitäten jeder Art, schlechte Campusarchitektur, unzureichende Betreuung, zu kleine Bibliothek und Mensa, zuviel Werbung mit irreführendem Appell. Mit anderen Worten: In jeder hinsicht mangelhaft. Nach dem 3. Semester dort habe ich einen Schlussstrich gezogen und bin an die TU Darmstadt gewechselt. Für meine Erfahrungen dort müsste ich noch so einen langen Bericht schreiben, doch unterm Strich ist die Technische Universität dort der Fachhochschule in allen Bereichen weit überlegen. Und die Behauptung, die FH wäre praxisorientierter, hat sich schließlich doch als Mythos herausgestellt: An der Universität habe ich allein in einem Semester mehr gelernt als in drei Semestern zusammen an der Fachhochschule, und es war das volle Paket mit eben beidem, Theorie und Praxis. Und wenn die THM an ihrer Werten und Eigenschaften nicht arbeitet, bleibt sie trotz Namensänderung und Reformen nach wie vor das, was ihr vorangegangen ist: Eine Fachhochschule.

Wenn ihr es in Erwägung zieht, an der THM zu studieren, dann fragt euch zuerst, welchen Anspruch und welches Ziel ihr habt. Ich will die THM nicht verteufeln und muss auch dazu sagen, dass ich nur über meinen Fachbereich sprechen kann, allerdings habe ich von anderen Fachbereichen ähnliches gehört. Wenn ihr vom Scheitel bis zur Sohle Ingenieur seid, dann sucht euch lieber eine andere Hochschule aus, geht aber davon aus, dass das volle Programm auf euch zukommt und es nicht immer leicht ist durchzuhalten. Wenn euch der tiefer gehende Stoff und Grundlagenwissen egal ist und ihr nur Ingenieur werden wollt, um in der Gehaltsklasse aufzusteigen, wäre die THM vielleicht nicht verkehrt, doch dann müsst ihr in Kauf nehmen, dass selbst der "leichte" Stoff bei schlechter Betreuung doch schwer zu verdauen ist und ihr mit den anderen Ingenieurabsolventen fachlich nicht mithalten könntet.

Aktuelle Bewertungen zum Studiengang

4.0
Max , 13.04.2024 - Maschinenbau (Bachelor)
3.6
Sabine , 28.03.2024 - Maschinenbau (Bachelor)
3.7
Wladimir , 13.03.2024 - Maschinenbau (Bachelor)
4.4
Bernd , 12.03.2024 - Maschinenbau (Bachelor)
4.6
Leon , 07.03.2024 - Maschinenbau (Bachelor)
4.4
Unbekannt , 05.03.2024 - Maschinenbau (Bachelor)
4.9
Pierre , 13.01.2024 - Maschinenbau (Bachelor)
3.7
Lina , 11.12.2023 - Maschinenbau (Bachelor)
4.6
Yannick , 23.11.2023 - Maschinenbau (Bachelor)
3.9
Nico , 14.11.2023 - Maschinenbau (Bachelor)

Über Jens

  • Alter: 24-26
  • Geschlecht: Männlich
  • Studienform: Maschinenbau (Gießen)
  • Standort: Campus Gießen
  • Weiterempfehlung: Nein
  • Geschrieben am: 10.09.2016
  • Veröffentlicht am: 12.09.2016