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Sehr enttäuschend, aber ein fairer Kompromiss

Integrales Planen und Bauen (Master)

  • Studieninhalte
    1.0
  • Dozenten
    2.0
  • Lehrveranstaltungen
    2.0
  • Ausstattung
    3.0
  • Organisation
    2.0
  • Literaturzugang
    2.0
  • Gesamtbewertung
    2.0
Es gibt viel zu diesem Studiengang zu sagen, deswegen werde ich etwas weiter ausholen. Es wird während des Studiums dazu aufgerufen, den Studiengang positiv zu bewerten, damit das Ansehen nach Außen hin steigt, was ja auch zum eigenen Vorteil wäre. Aber man soll ja nicht lügen.

Motivation
Bei der Auswahl meines Masterstudienganges war mir sowohl der Titel M.Eng. wichtig, als auch weitere Kenntnisse im Projektmanagement zu erhalten. So ist meine Auswahl auf diesen Studiengang in Würzburg gefallen, da neben dem Prozessmanagement auch noch die Immobilienprojektentwicklung behandelt werden soll.
Im Nachhinein kann man sich nur wundern. Es ist mir ein Rätsel, wie dieser Studiengang als Master of Engineering akkreditiert werden konnte. Im gesamten Studium muss man kein einziges Mal Ingenieurtätigkeiten ausüben. KEIN EINZIGES MAL! Ursprünglich dachte ich, dass der Master auf dem Bachelor aufbaut und ich dadurch eine Menge zusätzliche fachliche Kompetenzen erlerne. Durch diesen Master wäre ich genauso gut gekommen, wenn ich direkt nach dem Abitur angefangen hätte, falls man das für diesen Studiengang überhaupt braucht. Das einzige was mir im Vorhinein weitergeholfen hätte, wären Fähigkeiten zum Darstellen und Gestalten sowie Zeichenprogramme, was man als Ingenieur erfahrungsgemäß eher selten mitbringt.
Falls man diesen Studiengang jedoch als Master of Arts deklarieren würde, was er ohne Frage ist, würde die wohl ohnehin schon geringe Anzahl an Ingenieuren, die sich hierher verirrt haben, wohl auf 0 gehen und somit das immer wieder betonte wichtige Zusammenarbeiten von Architekten und Ingenieuren zu kurz kommen bzw. nicht mehr stattfinden.

Inhalt
Was das Integrale Planen und Bauen genau ist, können auch nach dem Studium die wenigsten klar formulieren. Mittlerweile wird allerdings klar kommuniziert, dass der Studienschwerpunkt die Projektentwicklung ist. Ein ohne Frage wichtiges Thema der Zukunft. Deshalb ist der Studiengang grundsätzlich thematisch sehr interessant.
Nun allerdings zum Problem. Ein wesentlicher Punkt der Projektentwicklung ist die Wirtschaftlichkeit. Immer wieder wird die Bedeutung in den Vorlesungen betont. Geht es aber an die Semesterprojekte steht nicht etwa die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund („ah macht euch darüber mal keine Gedanken, das rechnen wir am Ende schon so hin, dass es passt“), sondern – wie sollte es auch anders sein – allein das Aussehen und der Entwurf… Kein Wunder, wenn ausschließlich Professoren der Fakultät Architektur im Studiengang "lehren". Also kann man sich vorstellen, wie viel man als Ingenieur, der gestalterisch und entwurfstechnisch nicht begabt ist, zum Semesterprojekt beitragen kann und wie viel Spaß man daran hat. So werden am Ende Projekte, die schlichtweg besser gestaltet sind, besser bewertet als inhaltlich und auch wirtschaftlich bessere (was auf Nachfrage übrigens immer verneint wird). Was für uns als Ingenieure auch Neuland war, war die Konkurrenz untereinander. So haben wir im Bachelor sozusagen alle zusammen geholfen, um am Ende für jeden die Beste Note herauszuholen (Nach dem Prinzip „Alle zusammen gegen den Prof) In dem Studiengang ist es so, dass andere Gruppen einem Informationen vorenthalten, um selber besser dazustehen. (Nach dem Prinzip „Wir zusammen mit dem Prof gegen alle andern“) So läuft das wohl bei Projekten, die miteinander verglichen werden...für uns jedenfalls völliges Neuland.

Fächer
Für Ingenieure, die üblicherweise 7 Semester im Bachelor gemacht haben, startet das Studium im Sommersemester und dauert drei Semester. Die Architekten stoßen dann im Wintersemester dazu. Es wird einem erzählt, dass wir das jetzt aufholen müssen, was die Architekten in ihrem achtsemestrigen Bachelor bereits gelernt haben, damit wir zum Wintersemester alle auf dem gleichen Stand sind. Grundsätzlich finden nicht mehr als drei Vorlesungen pro Woche statt, also kann man sich auf eine entspannte 2 – 3 Tagewoche einstellen + evtl. zusätzlicher Aufwand für das Projekt und zehn Tage, an denen die Schlüsselqualifikationen stattfinden. Aber über zu viel Aufwand kann man sich wirklich nicht beschweren. Schade! Lieber hätte ich mehr Aufwand gehabt, dafür aber auch mehr gelernt.
Im ersten Semester gibt es Gesellschaft & Nachhaltigkeit, das wohl auch nur im Lehrplan steht, weil es ihnen sonst an Inhalten gefehlt hat. Neben Immobilientechnik, was 1:1 der Baustoffkunde aus den ersten Bachelorsemestern entspricht, gibt es auch Prozessmanagement. Wer nun allerdings glaubt, hier etwas Neues über das Projektmanagement zu hören, der wird hier aber bitter enttäuscht. Es ist im Prinzip eine Einführung in die Projektentwicklung, was nicht verkehrt ist, aber einen jetzt auch nicht vom Hocker reißt. Zusätzlich gibt es noch Schlüsselqualifikationen, die einem zwischenmenschliche Kompetenzen näher bringt – teilweise sehr interessant, teilweise langweilig. Außerdem gibt es jedes Semester ein Semesterprojekt, was mit Abstand den größten Aufwand mit sich bringt und meiner Meinung nach viel zu wenig gewichtet wird. Meistens gibt es relativ coole Themen der Projekte, aber die Problematik habe ich dabei ja bereits angesprochen…es geht immer um dasselbe Thema: Darstellung und Entwurf.
Im zweiten Semester stoßen die Architekten dazu. Und Prozessmanagement geht wieder von vorne los…Denn woher sollten die Architekten auch schon mal etwas von der Projektentwicklung gehört haben? Also hat sich alles wiederholt. Das einzige, wo man im gesamten Studium einen Vorteil hat, sind die wenigen Vorlesungen, wo das Thema Kalkulation behandelt wird. Für Ingenieure leider nichts neues, wieder einmal nur eine Wiederholung von Bachelorstoff. Außerdem gibt es Immobilienrecht, was 1:1 dem Bauvertragsrecht aus dem Bachelor entspricht, nur ohne Nachträge auch wirklich zu berechnen. Der externe Dozent macht seine Sache aber wirklich gut und das Auffrischen schadet nichts, aber eben wiederum nichts neues. Was ein wirklich interessantes Fach ist und wirklich auch für alle was neues ist die Immobilienwirtschaft. Dort sind fast ausschließlich externe Dozenten, die ihre Sache wirklich gut machen und auch Interessantes vermitteln. Von solchen neuen Inhalten hätte ich mir viel mehr gewünscht. Die Hälfte der Fächer hätte man sich leider getrost sparen können, weil sie zum Großteil Wiederholung sind und es den Anschein macht, als ob man den Studienplan mit Inhalten füllen müsste, um die geforderte Anzahl an SWS zu erreichen, das der Studiengang akkreditiert wird. An den Inhalten der Fächer und somit der Qualität der Lehre könnte einiges geändert werden, denn das Potenzial dafür bietet die Projektentwicklung ja ohne Frage.

Organisation
Die Art der Organisation ist erschreckend. Es ist unglaublich, woran es teilweise scheitert. Termine für Abgaben oder Präsentationen werden willkürlich auch kurzfristig geändert oder nach hinten geschoben. Anmeldetermine der Masterarbeit, die in diesem Studiengang übrigens für alle gleich sind und nicht individuell gewählt werden können, wenn man soweit ist, werden kurzfristig bekannt gegeben. So kam es schon das ein oder andere mal vor, dass man sich binnen einer Woche ein Thema und zwei Betreuer für die Masterarbeit suchen soll/muss. Das könne man dann ja im Verlauf der Bearbeitung noch ändern…Das waren nur zwei Beispiele für die etwas eigenartige Organisation hier an der Fakultät.

Professoren
Bis auf ein paar Ausnahmen, die sich etwas zu wichtig nehmen, sind die Professoren menschlich schwer in Ordnung. Viele haben nebenbei ihr eigenes Büro, in dem es viel zu tun gibt…gut für sie selbst. Darunter leidet allerdings die Erreichbarkeit. Auf Emails wird quasi grundsätzlich nicht geantwortet und Vorlesungen oder Besprechungen fallen auffällig häufig aus oder müssen verlegt werden. Manchmal ist der Umgang etwas fragwürdig. Freilich haben sie dann auch an der FH viel zu tun, aber auf Termine 45 Minuten warten und dann in drei Minuten abserviert zu werden, weil es noch andere Termine gibt, ist schon etwas eigenartig.

Umfang/Prüfungen
Häufiger habe ich schon gehört, dass der Umfang etwas zu groß sein soll. Das sehe ich etwas anders. Zwar gibt es für jede Vorlesung ein Skript von teilweise mehreren hundert Seiten, jedoch wird oft betont, dass das nur als Ergänzung bzw. Erklärung der Vorlesungsinhalte dient. So summieren sich zum Semesterende eben auch die Seiten auf mehrere Hundert. Wer jedoch nun anfängt diese alle auswendig zu lernen, der hat meiner Meinung nach das Prinzip nicht ganz verstanden. Die meisten Professoren, bis auf genannte Ausnahmen, machen zum Semesterende noch einmal deutlich, auf was sie Wert legen und wo die Schwerpunkte liegen. So haben wir uns Zusammenfassungen geschrieben und diese eben auswendig gelernt. Denn bei den meisten Prüfungen ging es eben leider nicht um die Anwendung des gelernten, sondern eher um Auswendiglernen. Aber da es insgesamt ja eh nur maximal vier Prüfungen in drei Wochen Prüfungszeitraum sind, ist dieses Pensum auch ohne Nachtschichten durchaus gut zu bewältigen. Wie im gesamten Studium konnte man auch während der Prüfungsphase nicht von Überbelastung sprechen. Verglichen mit dem Bachelorstudium oder anderen Masterstudiengängen, wo teilweise mehr als zehn Prüfungen in diesem Zeitraum anstanden, kann man sich nicht beschweren. Die teilweise schlechten Prüfungsergebnisse / Notendurchschnitte haben wie ich finde nur zum Teil mit dem Umfang des Skripts zu tun. Es wird eben knallhart im 5% - Schnitt heruntergerechnet (95- 100% =1,0 ; 90 – 95% = 1,3 …). Gut manche Fragen sind wirklich sehr eigenartig, aber das ist ja überall so. Uns erging es jedoch so, dass die Prüfungen für uns nicht besser ausgefallen wären, wenn wir mehr dafür gelernt hätten. Mit dem 20%-Aufwand / 80 %- Erfolg – Prinzip sind wir meistens ganz gut gefahren.
Fazit
Man kann sagen, dass der Studiengang ein fairer Kompromiss ist. Es wird wenig bis gar nichts von einem verlangt, dafür muss man aber auch wenig bis gar nichts wirklich anspruchsvolles abliefern. Freilich schade, denn von meinem Masterstudium habe ich mir natürlich erhofft, dass ich viel lerne, auch wenn ich dafür viel leisten müsste. Die viele Freizeit während des Studiums lässt sich jedoch sehr gut nutzen. Würzburg ist wirklich eine unglaubliche Studentenstadt - sehr zu empfehlen. Meiner Meinung nach hätte der Studiengang viel Potenzial, denn das Thema Projektentwicklung ist sehr aktuell und spannend. Was aber aktuell daraus gemacht wird ist im Nachhinein wirklich enttäuschend. Ich kann mir nicht vorstellen, dass einem an irgendeinem anderen Ort in Deutschland der Master of Engineering so hinterhergeschmissen wird wie hier in Würzburg.
Allen Ingenieuren, die keine Ahnung und vor allem keinen Spaß am Darstellen, Zeichnen und Entwerfen haben würde ich dringend davon abraten, denn eure Fähigkeiten aus dem Bachelor sind hier schlichtweg nicht gefragt und ihr habt einen Nachteil gegenüber den anderen.
Allen Architekten kann man es nur empfehlen, denn wo kriegt man schon innerhalb von nur zwei Semestern und vier Prüfungen einen Master of Engineering ohne auch nur einen einzigen anspruchsvollen statischen Nachweis geführt zu haben. Wenn ihr natürlich groß was dazulernen wollt, dann solltet ihr euch das meiner Meinung nach nochmal überlegen – aber dann ist man in diesem Studiengang höchstwahrscheinlich eh falsch.
  • Wenig Stress, Viel Freizeit, Würzburg
  • Qualität der Lehre, Umgang mit Studenten

Simon hat 1 Frage aus unserer Umfrage beantwortet

Verglichen wird die Aussage des Rezensenten mit den Angaben der Kommilitonen des Studiengangs.
  • Wie gut ist das WLAN auf dem Campus?
    Den WLAN Empfang auf dem Campus finde ich gut.
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Aktuelle Bewertungen zum Studiengang

2.9
Anonym , 26.10.2023 - Integrales Planen und Bauen (Master)
1.4
Nadine , 16.03.2023 - Integrales Planen und Bauen (Master)
3.9
Romina , 30.06.2022 - Integrales Planen und Bauen (Master)
3.4
Andrea , 23.11.2021 - Integrales Planen und Bauen (Master)
3.9
J. , 06.02.2021 - Integrales Planen und Bauen (Master)
3.0
Alisa , 27.11.2020 - Integrales Planen und Bauen (Master)
2.3
Anonymikus , 27.10.2020 - Integrales Planen und Bauen (Master)
2.4
Marie , 23.11.2019 - Integrales Planen und Bauen (Master)
3.0
Vera , 21.05.2019 - Integrales Planen und Bauen (Master)
1.7
Mark , 04.04.2019 - Integrales Planen und Bauen (Master)

Über Simon

  • Alter: 24-26
  • Geschlecht: Männlich
  • Abschluss: Ja
  • Studiendauer: 4 Semester
  • Studienbeginn: 2013
  • Studienform: Studienschwerpunkt Projektentwicklung 60 CP
  • Standort: Standort Würzburg
  • Schulabschluss: Abitur
  • Weiterempfehlung: Nein
  • Geschrieben am: 30.11.2020
  • Veröffentlicht am: 09.12.2020