Das pure Chaos

Ungefähr eineinhalb Monate vor Beginn der Kurse startet das Chaos: Die Kursbelegung steht an. Über ein unübersichtliches Onlineportal melden sich tausende Studierende unterschiedlicher Studiengänge zu den Kursen an - ohne wirklich zu wissen, was man braucht und was nicht. Es gibt Basisseminare und Vorlesungen, Grundseminare, deren Bezeichnung wie ein Synonym für Basisseminare klingt, die aber etwas völlig anderes sind, und Proseminare, die man einfach machen muss, ohne sie mit irgendeiner Leistung abzuschließen. Die Kursauswahl ist gering und wenig inspirierend - macht aber nichts, da es genügend Dozenten gibt, von denen man genau dasselbe sagen kann. Sie haben geringes Interesse an ihren Studenten und inspirieren uns höchstens mit Aussagen wie "Wir erwarten eh nicht von Ihnen, dass Sie neue Gedanken denken. In Hausarbeiten sollen Sie nur alte Gedanken wiedergeben.".
Streng nach Lehrplan, den man in 6 Semestern kaum schaffen kann, da zu viele Studenten da sind und man in viele, wichtige oder eher unsinnige, aber doch als verpflichtend geltende Kurse gar nicht erst rein kommt, hat der Student wenig Möglichkeiten, seinen Leidenschaften nachzugehen, wenn die Auswahl literaturwissenschaftlicher Themen beispielsweise auf Kafka, Heine, Goethe und Schiller beschränkt wird, Mediävistik nicht mit Gender Studies verknüpft werden darf oder andere Hindernisse aufkommen.

Ich studiere gerne. Aber ich habe es mir anders vorgestellt, ganz, ganz anders. Freier. Inspirierender. Intelligenter. Und dennoch mit weniger Chaos.