Anspruchsvoll, theoretisch, interdisziplinär

Maschinenbau, Elektrotechnik, Bauingenieurwesen, Verfahrenstechnik - das sind die Großen Ingenieur-Richtung. Früher waren traditionell noch Maschinenbau+Verfahrenstechnik zusammengepackt.

Wer einen allgemeinen, naturwissenschaftlich orientieren Ingenieurstudiengang sucht ist mit Verfahrenstechnik gut beraten. Mit der starken Theorielastigkeit und dem sehr hohen Anspruch des KIT muss man auskommen können, das ist nicht jedermanns Sache. Rund 1/3 der Studienanfänger wechselt in den ersten Semestern an die FH (mehr Praxis) oder merkt, dass die Rechnerei nicht seins ist. Allerdings ergeht das wohl jedem MINT Studium (besondersim Bachelor) so.

Der Name "Chemieingenieurwesen" mag ein wenig täuschen, inhaltlich ähnelt das Studium dem Maschinenbau. Dich erwarten Grundlagen der Höheren Mathematik, sehr viel angewandte Physik und wenig Chemie Basics (Anorganik+Organik). Der Naturwissenschaftliche Anteil ist stark interdisziplinär und geht mehr in Richtung physikalische Chemie mit Fächern wie Werkstoffkunde, Thermodynamik oder später thermisch/mechanischen Verfahrenstechnik. In den Vertiefungsrichtungen im 5. Semester wird es dann auch mal richtig interessant, die klassische Klausur wird zu einer entspannteren mündlichen Prüfung und man sieht genau wo es hingehen kann, da man aktiv im Institut eingebunden wird. Man könnte es wohl auch als Nachteil sehen, da man erst ab dem 5. Semester mit Vertiefung + Bachelorarbeit einen RICHTIGEN Eindruck vom Berufsfeld und dem praktischen arbeiten kriegt.

Die Regelstudienzeit einzuhalten ist wegen den anspruchsvollen Fächern und den vollgestopften Klausurenphasen schwierig, aber möglich. Ferien hat man wegen dem hohen Lernaufwand aber selten. Wer ein Fach nicht besteht oder mal aus anderen Gründen (Krankheit) Praktika oder Klausuren nachholen muss, wird es schwer haben nachzuholen - länger studieren (7-10 Semester) ist hier ziemlich normal. Auch gute Noten sind Ingenieur-typisch etwas seltener als in anderen Fächern. Im Durchschnitt landen die meisten Bachelor Studenten ca bei einer 3,0.

Die KIT als Uni ist besonders im Vergleich zu anderen Universitäten zu loben. Die Fachschaft ist wahnsinnig gut aufgestellt und weiß stets Rat. Das Campus ist kompakt, dennoch groß und bietet viele Möglichkeiten für Hiwi Jobs und Einblicke in die verschiedenen Institute. Die Bibliothek ist 24/7 geöffnet und gut ausgestattet, die Mensa vernünftig und Hörsäale sowie Gebäude gut in Schuss. Den Altbau Charme von Heidelberg oder Freiburg findet man an unserer TU aber leider nicht.

Das Studienklima ist allgemein wirklich gut. Besonders angenehm empfinde ich wie bunt die CIW/VT Studenten sind. Viele Frauen (30-40%) für ein Ing Studium, ausländische Studenten aus Asien oder Süd-Amerika, junge Studenten direkt von der Schule, aber auch ältere die zuvor etwas anderes gemacht haben - es ist eine gute Mischung und macht das studieren angenehm! Hier sind wir etwas diverser als zB die Maschinenbauer oder Informatiker.

Außerdem empfinde ich es als angenehm einen relativ "allgemeinen" Ingenieurstudiengang zu studieren. So bleibt einem nach dem Bachelor neben dem konsekutiven Master (für den jeder KIT Studient übrigens sicher einen Platz kriegt) viele weitere Möglichkeiten in andere Master Studiengänge quer einzusteigen. Dazu gehören wegen der fachlichen Nähe zB. Maschinenbau, Technomathematik, Medizintechnik, Ingenieurpädagogik oder kleinere Studiengänge wie Lebensmitteltechnik oder Wassertechnologie. Die Zulassungsvoraussetzungen kommen natürlich etwas auf die Uni/FH an, die den Master anbietet und ist an ein paar Bedingungen geknüpft (einzelne Fächer nachholen). Die Breite Aufstellung und die vielen Möglichkeiten nach dem Bachelor weiter zu machen waren für mich DER Grund hier CIW/VT zu studieren. Es ist eine gute Mischung aus Allgemein (wie Maschbau) und etwas spezieller (Materialwissenschafte, Biotechnologie) - demnach für mich, der noch nicht genau wusste in welche Richtung er gehen möchte, eine gute Wahl! Mit einem sehr speziell ausgerichteten Bachelor wie zB. Biotechnologie ist man wesentlich limitierter als mit Verfahrenstechnik - jedoch kann man mit Verfahrenstechnik wunderbar in diese Branche, da es zu den Hauptdisziplinen der Ingenieurwissenschaften zählt und dementsprechend anderkannt ist. Von Chemie, Pharmazie, Energietechnik, Nanotechnologie bis zur Medizintechnik - die Branchen für Verfahrenstechniker sind vielfältig und sind für mich eine der großen Pluspunkte für dieses Fach!

Wer also Verfahrenstechnik an einer Universität studieren möchte, findet wohl kaum einen besseren Ort als das KIT. Wem viel Theorie nicht zusagt, wird wohl bei einer FH oder einem dualen Studium glücklicher - jedoch habe ich die Freiheiten einer Universität schätzen gelernt - auch wenn es inhaltlich wesentlich trockener und schwieriger ist. Freie Zeiteinteilung, keine Anwesenheitspflichten und sehr wenig Einschränkungen kriegt man eben meist nur an den Unis.