Wer selbstständig ist, wird hier Spaß haben

Unterm Strich eine gute Uni, wobei es stark darauf ankommt, bei welchem Institut man seine Kurse und Entwürfe belegt. Manche sind top organisiert und wollen den Studierenden wirklich etwas beibringen, andere hingegen würden mit ihrer Struktur und Elan keine zwei Monate in der Wirtschaft überleben. Da sollte die Uni intern öfter Qualitätskontrollen durchführen und ggf. wirklich alt eingesessene Lehrstühle neu besetzen. Es ist öfter vorgekommen, dass Profs garnicht zu Terminen erscheinen oder überhaupt keine Ahnung haben, welche Themen und Aufgaben gerade an ihrem Institut bearbeitet werden. So etwas geht garnicht.
Ich würde empfehlen, immer zum Telefon zu greifen, Mails werden grundsätzlich nicht beantwortet.
Teilweise gibt es stark erkennbare Modeströmungen – das resultiert darin, dass die Entwürfe an einem Institut dann völlig generisch und austauschbar miteinander sind. Das ist schon schade, dass manche Profs einem da ihren persönlichen architektonischen Geschmack aufdrängen und teilweise nichts anderes zulassen.

Positiv erwähnen möchte ich die Modellbauwerkstatt, in der stets freundliche und hilfsbereite Menschen arbeiten, die einen wirklich bei den Projekten unterstützen. Allerdings ist es gegen Ende des Semesters der Horror, einen Termin zu erhalten, zudem ist die Benutzung der Maschinen (Lasercutter 1€/min) sehr, sehr teuer. Das kann nicht jeder bezahlen. Allgemein könnte man hinterfragen, ob der teils ausartende Modellbau heute noch zeitgemäß ist. ;)

Obwohl der Studiengang ein Master of Science ist, frag ich mich manchmal, wo dann die Science geblieben ist. Alles in allem ist Braunschweig schon sehr stark entwurfslastig. Das Angebot an Kursen, die einen auf das "echte" architektonische Leben vorbereiten, ist etwas dünn. Kein Wunder, wenn eine Masterthesis in 20 Minuten präsentiert und bewertet ist, bleibt auch keine Zeit, über die konstruktiven Details zu sprechen. Es scheint ein allgemeines Problem in der Architektur zu sein, dass viele Dinge sehr oberflächlich begutachtet und bewertet werden.
Konzeptuell sind die Entwürfe dann aber sehr solide und gut im Grundriss gedacht. Fassaden hingegen eher nicht so.

Im Vergleich zu anderen Unis finde ich die Leistungen der Studierenden in Braunschweig sehr stark. Teilweise entstehen im Bachelor schon arbeiten auf Masterniveau. Da pusht man sich natürlich gegenseitig und motiviert sich selbst, noch besser zu werden.

Zu guter letzt noch ein Punkt, der wirklich schade ist: die internationale Ausrichtung. Ich habe mein Auslandssemester selbst organisiert, da die Gastuni keinen Erasmus-Vertrag mit der TU hatte. Hat auch wunderbar funktioniert und letztendlich kam sogar ein neuer Erasmus-Vertrag noch vor meinem Austausch zustande. Allerdings wurde dieser dann nach einem Semester sofort wieder von der Gastuni gekündigt. Begründung: In Braunschweig gibt es zu wenig Kurse, die auf Englisch angeboten werden. Daher wäre ein Austausch immer nur einseitig – welcher Austauschstudent spricht schon Deutsch. Da muss die TU auch ran und sich deutlich internationaler und mehrsprachiger aufstellen, um im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig zu bleiben. Außerdem ist es eine super Übung, mal einen Entwurf in Englisch zu präsentieren.

Letztendlich empfehle ich dir, deinen Studienverlauf in Braunschweig etwas zu planen. Tausch dich mit höheren Semestern aus und überlege dir, was du architektonisch machen möchtest. Wenn man sich die vergangenen Arbeiten der verschiedenen Institute ansieht, erhält man einen sehr guten Einblick über die dort herrschende architektonische Strömung. Passt die zu dir? Außerdem kann ich nur empfehlen, nicht jedes Semester das gleiche zu machen, sondern auch mal eine der auf den ersten Blick trocken klingenden Veranstaltungen (z.B. HOAI) zu belegen – da gibts großes Potential!