Verfahrenstechnik statt Umwelttechnik

Umwelt- und Verfahrenstechnik (M.Eng.)

  • Studieninhalte
    2.0
  • Dozenten
    5.0
  • Lehrveranstaltungen
    3.0
  • Ausstattung
    3.0
  • Organisation
    5.0
  • Digitales Studieren
    4.0
  • Gesamtbewertung
    3.7
Dieser Studiengang hat ein großes Damoklesschwert, das sich durch fast alle Vorlesungen zieht: und zwar sind die Zugangsvoraussetzungen sehr breit gefächert. Was auf den ersten Blick eine tolle Möglichkeit für interdisziplinärem Austausch verspricht, führt aber meist einfach nur zu Vorlesungen aus einer bunten Mischung an Unterforderung und Überforderung im Hörsaal.

Das ist eine klare Einladung für alle, die sich fragen, ob man mit einem Biotechnologie- oder Maschinenbau-Bachelor in diesem Studium bestehen kann. Ja, die Dozent:innen geben sich sehr viel Mühe und nehmen sich die Zeit jeden Studierenden dort abzuholen, wo er abgeholt werden muss.

Die Schattenseiten sind allerdings auch zu spüren – insbesondere für diejenigen, die aus einem verfahrenstechnischen Bachelor kommen: die meiste Zeit geht dafür drauf Grundlagen zu wiederholen oder nachzuholen.
Findet man sich aber damit ab, stellt man fest, dass die Lehrenden und die Vorlesungen wirklich gut sind (ein paar Ausnahmen ausgeklammert, wie zum Beispiel, wenn in einem Gruppenprojekt alle Gruppenmitglieder unterschiedliche Noten für dasselbe Projekt bekommen, was recht seltsam anmutet(?)). Es bleibt festzuhalten, dass die Dozent:innen und vor allem die Studiengangsleitung sich sehr sehr viel Mühe gibt zu helfen, zu unterstützen und keine Fragen unbeantwortet zu lassen.

Auch organisatorisch gibt es nichts zu meckern: der Vorlesungsplan ist sehr entspannt und auch die Planung der Klausurtermine ist völlig frei, ebenso kann man beliebig Klausuren vorziehen oder schieben. Dadurch, dass einige der Credits über Projekt- oder Gruppenarbeiten verdient werden, ist man ziemlich frei in der zeitlichen Gestaltung des Studiums auch während des Semesters. Diese Freiheiten erlauben einem das Studium gut mit paralleler Arbeit zu kombinieren.

Man muss sich jedoch darüber bewusst sein, dass Weingarten und Konstanz mehr als nur einen kleinen Katzensprung von einander entfernt sind und trotz steigendem Hybrid-Angebot man nicht umher kommt einige Male pro Semester zwischen beiden Hochschulen für Präsenztermine hin- und herzufahren. Allerdings muss man dem Studiengang zu Gute halten, dass die Vorlesungs- und Prüfungszeiten sehr gut daran angepasst sind.

Die Klausuren an sich sind leider ein kleiner Tiefpunkt. Das könnte daran liegen, dass sich der Studiengang aktuell in einer Transformationsphase befindet, aber ein nicht unerheblicher Teil der Prüfungen bedient sich tatsächlich dem simplen Modell, dass ein Fragenkatalog vorgegeben ist, den es auswendig zu lernen gilt und eine Auswahl dieser Fragen abgefragt wird. Gute Noten sind trotzdem grundsätzlich auch mit moderatem Aufwand möglich.

Mein Hauptkritikpunkt dieses Studiengangs ist, der trügerische Name: wo Umwelt- und Verfahrenstechnik draufsteht, steckt eigentlich nur Verfahrenstechnik drin. Vor allem wenn man aus einem Umwelttechnik Bachelor kommt, wundert man sich doch wie wenig Bezug genommen wird auf umwelttechnische Themen und, dass es keine Module für Anwendungen der gelernten Verfahren in der Umwelttechnik gibt. Wenn man das Modulhandbuch mit vergleichbaren Studiengängen wie Umweltschutztechnik oder technischem Umweltschutz vergleichen möchte, stellt man große Unterschiede fest. Im Studiengang der RWU und der HTWG lernt man viele Grundlagen hinsichtlich Verfahrenstechnik (thermisch, chemisch, mechanisch, biologisch) aber keine Anwendungen in der Umwelttechnik. Luft-, Wasser- oder Boden-Behandlung werden völlig außenvor gelassen. Es gibt auch keine Möglichkeiten durch Wahlfächer etc. sein Studium in diese Richtung zu gestalten.

Ein großer Pluspunkt dagegen sind die Angebote über das Studium hinaus. Ich kann das aus erster Hand nur für Weingarten berichten, aber von dem, was ich gehört habe, gilt es wohl auch für Konstanz. Weingarten an sich ist eine tolle Stadt für Studenten und die RWU bietet viele Aktivitäten an – auch Möglichkeiten für Auslandsaufenthalte. Bei der Planung und Umsetzung wird man von Dozent:innen und dem International Office immer begleitet und unterstützt und neben Auslandssemestern ist es auch möglich Projekt- und Abschlussarbeiten sehr einfach im Ausland durchzuführen. Generell ist die Planung des Studiums sehr frei zu gestalten und überall stehen helfende Hände mit Rat und Tat zur Seite.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Umwelt- und Verfahrenstechnik der ideale Studiengang für fachfremde Bachelor-Absolvent:innen ist, die für den Master in die Verfahrenstechnik einsteigen möchten oder Personen, die nach einigen Jahren in der Praxis mit einem Master langsam wieder in die Theorie einsteigen möchten und weniger gut geeignet für Student:innen, die bereits Vorerfahrung in Verfahrenstechnik mitbringen und gerne tiefer in Anwendungen der Umwelttechnik eintauchen möchten.
Man kann mit wenig Aufwand gute Ergebnisse erzielen und seine Zeit sehr frei einteilen – und wer keine Probleme damit hat ab und zu nach Weingarten bzw. Konstanz zu pendeln, findet einen guten Studiengang, mit vielen Benefits, guter Organisation, engagierten Dozent:innen und einer sehr hilfsbereiten Studiengangsleitung.
  • Sehr gute, hilfsbereite und umsichtige Studiengangsleitung, viele gute Dozenten, sehr gutes studentisches Leben in Weingarten, freie zeitliche Gestaltung des Studiums, Möglichkeit für Auslandsaufenthalte
  • Mehr Verfahrenstechnik als Umwelttechnik, sehr viel Grundlagenwiederholung in den Vorlesungen, weite Anreise zwischen Weingarten und Konstanz

Über Daniel

  • Alter: 24-26
  • Geschlecht: Männlich
  • Abschluss: Ja
  • Studiendauer: 5 Semester
  • Studienbeginn: 2021
  • Studienform: Vollzeitstudium
  • Standort: RWU Hochschule Ravensburg-Weingarten University of Applied Sciences
  • Weiterempfehlung: Ja
  • Geschrieben am: 07.03.2024
  • Veröffentlicht am: 08.03.2024