Lerndoping: Studenten, die für gute Noten alles tun

Geraldine Zimmermann

Bei Doping denkst Du an die Tour de France oder Bodybuilding? Nicht nur Sportler schmeißen leistungssteigernde Pillen ein. Leider wird Doping auch bei Studenten immer beliebter. Jeder fünfte Student nimmt nach einer Studie an der Uni Mainz leistungssteigernde Medikamente. Damit ist das Problem viel größer, als bisher vermutet. Ehrgeizige oder verzweifelte Studenten missbrauchen Medikamente wie Ritalin oder Koffein-Tabletten, um länger und konzentrierter lernen zu können. Sie erhoffen sich bessere Noten – und gefährden gleichzeitig ihre Gesundheit. Und genau wie beim Sport verschaffen sie sich einen ungerechten Vorteil gegenüber Studenten, die ohne pharmazeutische „Hilfe“ erfolgreich im Studium sein wollen. Was diese Studenten antreibt und welche Gefahren beim Gehirndoping lauern, erfährst Du hier.

Von Kaffee bis Ritalin – wo beginnt Gehirndoping?

Jeder Student kennt das: In Klausurenphasen werden wir regelrecht zu Kaffeejunkies, um die Nacht durchzulernen und morgens wieder fit zu sein. Zweimal im Jahr ist das kein Problem, obwohl man über die Nachhaltigkeit dieser Lernmethode natürlich streiten kann. Manche Studenten schwören auch auf Homöopathie oder Bachblüten, um sich bei Prüfungsstress zu beruhigen. Oder Vitamin-Präparate und Mineralien sollen das Gehirn in dieser stressigen Phase optimal versorgen.

Das alles ist aber harmlos gegenüber dem Trend des Lerndopings. Denn dabei greifen Studenten zu verschreibungspflichtigen Medikamenten. Ritalin zum Beispiel ist für Menschen gedacht, die an ADHS leiden. Was eigentlich Zappelphilippe beruhigen soll, nehmen die Lerndoper ein, um konzentrierter zu sein. Das Medikament Vigil hingegen bekommen Patienten mit einer seltenen Schlafkrankheit verschrieben. Bei Gesunden unterdrückt das Mittel jedoch das Schlafbedürfnis und ermöglicht so den Lern-Marathon.

Diese Medikamente sind nicht im freien Handel verfügbar, nur Ärzte können sie verschreiben. Aus gutem Grund, denn es besteht die Gefahr von Nebenwirkungen und psychischer Abhängigkeit. Wer mit Gehirndoping büffelt, kann irgendwann das Gefühl bekommen, es ohne die Pillen nicht mehr schaffen zu können. Außerdem vermuten Ärzte, dass die Einnahme dieser Psychopharmaka Angststörungen begünstigt. Mögliche körperliche Nebenwirkungen sind ein gestörter Schlafrhythmus, Kopfschmerzen und Übelkeit. Manche Studenten gehen sogar noch weiter und greifen zu illegalen Drogen wie Amphetaminen oder Kokain, um sich zum Lernen aufzuputschen.

Woher kommt das Phänomen?

Warum greifen immer mehr Studenten zu Medikamenten oder Drogen, um ihre Lernleistung zu steigern? Grund könnte ein zunehmender Leistungsdruck sowohl in der Gesellschaft als auch speziell an den Unis sein. Viele Studenten plagen Versagens- und Zukunftsängste. Der Druck steigt, möglichst gut und vor allem schnell zu studieren. Fakt ist: Der Lernaufwand im Studium hat gerade durch den Umstieg auf das Bachelor-Master-System zugenommen. Der Wunsch, die Stoffmenge zu bewältigen und die Regelstudienzeit zu schaffen, könnte zum Gehirndoping treiben.

Doch es gibt auch andere Wege, mit dem Prüfungsstress umzugehen. Wer etwa unter Prüfungsangst leidet, bekommt Hilfe vom psychologischen Dienst des Studentenwerks. Viele Hochschulen bieten außerdem Seminare in Stressbewältigung, Zeitmanagement und Lern-Techniken an. Und jeder sollte sich vor Augen führen, welche Nebenwirkungen es haben kann, sich die Pole Position im Notenvergleich durch Medikamente teuer zu erkaufen. Ein durchschnittlicher Abschluss ist kein Weltuntergang und ermöglicht immer noch den Zugang zu zahlreichen Top-Jobs. Und ist nicht auch ein Studium, das ein bisschen länger dauert, bereits ein riesen Erfolg?

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