Disziplinsverlust auf beiden Seiten

Ich bin jemand, dem das Lernen während der digitalen Semester sehr schwer fällt. Das liegt nicht nur daran, dass ich letztes Jahr mein erstes Studium lediglich nur digital begonnen habe, sondern auch daran, dass eine ständige latente Lustlosigkeit und fehlende Arbeitsmoral zu spüren ist. Ohne jemals wirklich Kommilitonen kennenlernen zu haben gehen die angenehmen Seiten des Studienalltags verloren. Keine neuen Leute heißt kein gemeinsames Lernen, kein gemeinsames Essen in der Mensa, kein gemeinsames Nachtleben genießen, und wenn man völlig neu in einer neuen Stadt lebt, auch kein Netzwerk, keine Feiern. Jetzt lockert es etwas auf, aber den Großteil meiner Studienzeit musste ich sehr besonders vorsichtig sein, aus Rücksicht auf Angehörige in der Risikogruppe.
Was mir am Studienalltag nicht gut gefällt:
Arbeitsplatz und Ort der Freizeit (also zu Hause und wer auch gern mal zockt eben der PC) verschmelzen was sich auf die Arbeitsmoral negativ auswirkt. Die meisten Dozenten laden ihre mit monotoner Stimme eingesprochenen und mit halbherzigem Willen zur Begeisterung präsentierten Lernvideos oft pünktlich hoch. Mühe gibt man sich nicht so viel dabei. Verständlicher Weise. Es ist eine andere Situation Hörsaal zu sitzen, die Reaktionen der Kommilitonen zu erleben und einer echten Person zuzuhören. Durch die Anwesenheit anderer ist man wacher und lernt besser, kann besser mitschwimmen. Auch als Dozent ist es bestimmt etwas anderes vor Studenten zu stehen, als dem Aufnahmeprogramm den Inhalt der Folie zu diktieren. Da schwindet mit der Zeit die Motivation und ich kenne einige Leute auch von anderen Universitäten und Studiengängen, die an ihren Zukunftsplänen zweifeln und überlegen abzubrechen. Schwierig wird es, da sich die Frage stellt: Bin ich nur demotiviert und brauche ich eine bessere oder andere Lernstrategie um mit dem Homeoffice/Homeschooling zurechtzukommen, oder bin ich wirklich nicht geeignet - ist vielleicht ein anderer Studiengang besser für mich? Und das alles zudem ohne jemals ein „richtiges“ Semester gehabt zu haben.