Studiengang in der Selbstfindungskrise

Verkehrssystemmanagement (B.Sc.)

  • Studieninhalte
    2.0
  • Dozenten
    4.0
  • Lehrveranstaltungen
    3.0
  • Ausstattung
    3.0
  • Organisation
    1.0
  • Literaturzugang
    5.0
  • Digitales Studieren
    4.0
  • Gesamtbewertung
    3.1
Zunächst einige einleitende Worte zu meiner Bewertung des Studiengangs VSM:

Ich habe mich im Jahr 2018 für den Studiengang eingeschrieben und das Studium im Mai 2022 innerhalb der wegen Corona erweiterten Regelstudienzeit erfolgreich beendet. Mit meiner Bewertung habe ich bewusst gewartet, bis der Schlusspunkt, das Bachelor-Kolloquium, erreicht ist. Ich möchte einen umfassenden und differenzierten Rückblick auf das gesamte Studium gewährleisten und keine voreiligen oder halbgaren Urteile anstellen. Die vorliegende Bewertung bezieht sich demnach auf einen regulären Studienverlauf vom Wintersemester 2018/2019 (1. Semester) bis zum Sommersemester 2022 (8. Semester), wobei ich lediglich den Schlusstermin der Bachelor-Thesis in das 8. Semester verschoben habe und sonst alle Studien- und Prüfungsleistungen nach Plan erbracht habe. Bis zum Ende des Wintersemesters 2019/2020 fand der Studienbetrieb noch in Präsenz statt, anschließend wegen Corona bis Studienende mit ganz wenigen Ausnahmen wie den Präsenzprüfungen digital. Inzwischen ist der Präsenzbetrieb in den anderen Semestern jedoch wieder angelaufen.

Die Bewertung ist neutral in gendergerechter Sprache verfasst, um keine Rückschlüsse auf konkrete Personen zuzulassen. Alle Zitate und Äußerungen, die konkrete Personen betreffen, sind anonymisiert dargestellt.

Studienorganisation

Um es mit einem bei den Dozent:innen des Studiengangs sehr beliebten Wort zu beschreiben: Die Studienorganisation ist chaotisch, auch wenn sich die Verantwortlichen in letzter Zeit um Besserung bemühen. Positiv ist, dass jedem Semester ein:e akademische:r Mitarbeiter:in als Semesterbetreunde:r zugeordnet wird, an die/den man sich bei allen organisatorischen Fragen wenden kann. Da kommt meist schnell eine hilfreiche Antwort oder Reaktion. Zudem wurde seit letztem Semester ein wöchentlicher Newsletter eingerichtet, damit man nichts Wichtiges mehr verpasst. Das ist schon eine deutliche Verbesserung gegenüber z. B. der Einführungsmail zum 6. Semester, die erst am Vorabend des ersten Vorlesungstages kam.

Leider stehen aber auch Ereignisse wie dieses sinnbildlich für die Organisation von VSM: Am zweiten Tag an der Hochschule stellt die/der Dozent:in uns Erstis u. a. unseren Stundenplan für den ersten Vorlesungstag vor, der um 17:20 eine Veranstaltung bei eben jener/jenem Dozent:in beinhaltet. Wir warten also abends auf die/den Dozent:in – vergeblich. Bei der nächsten regulären Veranstaltung erklärt sie/er, der Abend-Termin sei nur für Übungen und Nachholtermine gedacht und findet daher nicht regelmäßig statt. Genauso bezeichnend verlief der erste Vorlesungstag im zweiten Semester: Der Tag sollte planmäßig bestehen aus einer Vorlesung um 8:00, einer lange Lücke von 9:30 bis 14:00 und dann noch zwei Vorlesungen bis 17:00. Statt der/des Dozent:in kam dann aber um 8:00 die/der Übungsleiter:in, die/der uns nur 10 Minuten lang die organisatorischen Details des Moduls und der zugehörigen Übung mitteilte. Nach 6 langen Stunden Leerlauf kamen wir dann um 14:00 zur zweiten Veranstaltung und wunderten uns erst mal, denn der Raum war viel zu klein für alle. Wir fanden uns dort zusammen mit Bauingenieuren aus dem Master vor. Nach einigen Minuten war klar: Die Stundenplaner:innen haben die falschen Veranstaltungen zusammengelegt. Schließlich kam noch ein:e Mitarbeiter:in von VSM vorbei und erklärte, dass die anschließende Vorlesung bis 17:00 auch ausfallen werde. Effektiv hatten wir damit 6 Stunden für nichts in der Hochschule verbracht. Eine weitere Besonderheit der VSM-Organisation waren, zumindest vor Corona, Pflichtveranstaltungen, die immer dann eingelegt werden, wenn z. B. Studierende der Partneruniversitäten oder wichtige Gäste kommen. Diese wurden idealerweise genau dann angelegt, wenn andere Vorlesungen stattfinden, darunter auch eine studiengangsübergreifende Mathematik-Vorlesung, die nicht verschoben werden kann. Wir mussten daher um Freistellung von der Pflichtveranstaltung bitten, um reguläre Vorlesungen besuchen zu können.

Aber auch innerhalb einer Lehrveranstaltung kann es zu organisatorischem Chaos kommen. So fallen gelegentlich Vorlesungen unangekündigt oder mit kurzem Vorlauf aus, die dann nicht mehr im laufenden Semester nachgeholt werden können. Inhaltlich wird zu Beginn des Semesters häufig ein Fahrplan vorgelegt, der, auch in Hinblick auf die notwendigen Eigenleistungen und Abgaben der Studierenden, dann hinterher nicht eingehalten wird. Daher sollte es nicht verwundern, wenn benotete Abgaben über Wochen nicht zurückkommen oder wenn die Dozent:innen Aufgaben stellen, die an dem eigentlichen Ziel der Veranstaltung vorbeigehen oder nicht zu Ende durchdacht sind. Zudem passt die Abstimmung zwischen Vorlesungen und Übungen oft nicht, wenn eine Vorlesung durch eine Übung begleitet wird. Dann werden die übungsrelevanten Vorlesungsinhalte erst NACH der Abgabe der Übungseinheit gelehrt, sodass man sich die Vorlesung nach intensivem Selbststudium auch sparen kann.

Schließlich erhält man am Ende eines Semesters für die meisten Module eine Note. Dazu gibt es in der Terminordnung der Hochschule eigens einen „letzten Tag der Noteneingabe“. Im ersten Semester wurde der auch noch eingehalten, ab dann aber immer weniger. Das ging so weit, dass wir im 4. Semester nur noch eine Note vor diesem Termin erhalten hatten. Der maximale Verzug bei der Noteneingabe reichte bis eine Woche vor Vorlesungsbeginn im nächsten Semester.

Studieninhalte und Dozent:innen

Die Inhalte des Studiengangs VSM sind eng mit den vorhandenen Dozent:innen verbunden. So richten sich die Inhalte danach, welche Dozent:innen gerade für die Module des Studiengangs verantwortlich sind und welche externen Fördermittel die Hochschule für den Studiengang erhält. Aktuell besteht ein stark ausgebauter Schwerpunkt Informatik, der auf die init-Stiftungsprofessur zurück zu führen ist. Zudem finden im Hauptstudium Module statt, die Anwenderschulungen für Fachsoftware des Kooperationspartners PTV beinhalten. Diese sind übrigens sehr wertvoll, da es sich bei der PTV im Bereich Verkehrssimulation um die Marktführerin handelt und viele Firmen mit dieser Software arbeiten. Darüber hinaus sollte an der Hochschule ein Schwerpunkt Radverkehr mit eigener Stiftungsprofessur entstehen, die jedoch derzeit unbesetzt ist.

Diese Abhängigkeit von Inhalten und Dozent:innen stellt ein elementares Problem bei VSM dar: Man kann sich nicht darauf verlassen, dass die Module, die heute angeboten werden, im nächsten Semester (so) auch noch stattfinden werden! Es gibt zwar eine SPO, die hindert aber nicht daran, den Studiengang semesterweise an die Schwerpunkte der aktuell verfügbaren Dozent:innen anzupassen. Schon gar nicht stellt die SPO die Grundlage für Neuausschreibungen von Dozent:innenstellen dar, wenn die Neubesetzung vorhandener Inhalte nicht mehr gewünscht ist. Ein Beispiel ist der ehemalige Schwerpunkt Wirtschaft: Die/der zuständige Dozent:in hat die Hochschule Anfang 2019 unvermittelt verlassen. Statt die Lücke in dieser Richtung zu füllen, wurde ein neuer Schwerpunkt in der Fachrichtung Verkehrspsychologie eingerichtet. Dieses Thema ist zwar sehr spannend und die Veranstaltungen dazu sind absolut hervorragend und auf jeden Fall empfehlenswert. Allerdings war zu dem Zeitpunkt, zu dem ich mich an der Hochschule beworben habe, nicht absehbar, dass es jemals zu dieser Umstellung kommen wird. Daher ist es auch wenig überraschend, dass im Jahr 2019 auf die Frage, was wir Studierenden uns zum Auffüllen der Lücke wünschen würden, überwiegend Vorschläge zur Vertiefung bestehender Themen aufkamen, z. B. eine ÖPNV-Vertiefung. Ebenso wenig war abzusehen, dass das Thema Wirtschaft nach und nach aus dem Studiengang verschwinden wird. Die Relikte des Schwerpunkts Wirtschaft werden schrittweise durch andere Inhalte ersetzt. Zunächst wurden die Module aus dem Wirtschaftsbereich noch durch Ersatzdozent:innen besetzt, die mit uns die alten Vorlesungsunterlagen durchgegangen sind, welche sie selbst teilweise während der Vorlesung zum ersten Mal gesehen haben. Inzwischen werden andere Inhalte gelehrt. Heute kann die Vertiefung „Transport und Logistik“, die nach wie vor in der SPO steht, nicht mehr durch Studierende gewählt werden. Dazu meint ein:e Dozent:in auch häufig selbstironisch, das sei rechtlich alles nicht ganz wasserdicht. Sie/er wüsste nicht, was passiert, wenn ein:e Studierende:r das Angebot der Wirtschaftsvertiefung einklagt, weil es in der SPO versprochen wird. Die-/derselbe Dozent:in hatte uns außerdem noch bis kurz vor dem Praxissemester regelmäßig erklärt: „Ich kann Ihnen heute noch nicht sagen, wie Ihr Vertiefungsstudium aussehen wird.“ Fakt ist, dass sich die Inhalte des Studiengangs dynamisch schneller entwickeln, als ein:e Studierende:r das Studium absolvieren kann. Und die Entwicklung tendiert immer hin zu Inhalten, die entweder Forschungsgelder oder wissenschaftliche Anerkennung in der Fachwelt versprechen.

Besonders positiv hervorzuheben ist der Fachbereich Mathematik. Hier tut die Hochschule wirklich viel für ihre Studierenden – und das beginnt schon bei der Einstellung: Statt sich mit hohen Durchfallquoten zu profilieren, sehen die Dozent:innen es als Aushängeschild an, durch gezielte Maßnahmen die Durchfallquote in Mathe in den letzten Jahren von zuvor 50% auf weniger als 25% reduzieren zu können, bei natürlich gleichbleibend schweren Klausuren. Das gelingt durch ein straffes Programm, das jede:r Studierende in den ersten zwei Semestern durchläuft. Abgaben, Online-Tests, Vorstellen von Aufgaben und verpflichtende Lerngruppen bedeuten zwar einen hohen Aufwand für Mathe, versprechen aber in der Regel am Ende einen Erfolg, wenn man sich wirklich reinhängt. Dabei hilft weiterhin ein Lernzentrum, in dem Studierende höherer Semester als Tutor:innen Inhalte der Mathematik vermitteln.

Umso kritischer ist dagegen der Fachbereich Informatik, konkret dessen Pflichtübung, anzusehen. Die Übungsaufgaben werden von einer Person erstellt, die Übung wird von einer anderen Person geleitet und als Tutor:innen werden wiederum weitere Personen eingesetzt. Diese Konstellation führt dazu, dass Übungsaufgaben sich mitunter als nicht oder nur äußerst schwierig lösbar erweisen, die Tutor:innen und die/der Übungsleiter:in aber auch keine Lösung dafür haben und zudem nicht dazu in der Lage sind, selbst während der Übung eine Lösung zu programmieren. So kam es einmal dazu, dass nur 3 von mehr als 30 Studierenden eine Übungsaufgabe lösen konnten. Theoretisch wäre der Rest des Kurses damit durchgefallen. Um das zu verhindern, musste eine zusätzliche Bonusaufgabe eingeführt werden, mit der die Mehrheit des Kurses den Misserfolg dann ausgleichen konnte.

Die verkehrsspezifischen Themen werden insgesamt sehr abwechslungsreich und häufig durch Fachvorträge von externen Referent:innen vermittelt. Gerade letzteres empfinde ich als sehr positiv und praxisnah.

Workload

Der Vorteil des Studiums an der Hochschule liegt in der Verteilung von Vorlesungen, Prüfungen und vorlesungsfreien Zeiträumen im Jahresverlauf. Das Semester beginnt im Vergleich zu Universitäten sehr früh Mitte März im Sommer und Anfang Oktober im Winter. Die Vorlesungszeit geht dann bis Ende Januar bzw. Ende Juni, woran sich 3 Wochen Prüfungszeit anschließen. Der Rest des Jahres, das sind 4 Wochen im Februar / März und 8 – 9 Wochen im Sommer, ist komplett vorlesungsfrei und wird auch nicht durch sonstige Aufgaben wie Hausarbeiten beansprucht. Im Prinzip handelt es sich um Ferien wie in der Schule.

Die Kehrseite der Medaille ist der hohe Arbeitsaufwand, den Studierende bei VSM deshalb erwarten können. Wer meint, Studieren besteht aus dem Besuch von Vorlesungen sowie ein paar wenigen Präsentationen und Hausarbeiten, der ist bei VSM definitiv falsch aufgehoben. Hier wird von den Studierenden eine 60-Stunden-Woche erwartet, auf die viele Dozent:innen zu Beginn eines jeden Semesters gerne hinweisen. Das leitet sich in Kurzform so her: Da das Studium 30 Credits pro Semester ergibt, sich Vorlesungs- und Prüfungszeit pro Semester aber nur über ca. 15 Wochen erstrecken, müssen Studierende im Schnitt 2 Credits pro Woche erarbeiten. Ein Credit entspricht dabei einer Workload von 30 Stunden. Die hohe Workload ist damit begründet, da die Ferien einschließlich der vorlesungsfreien Pfingst- und Weihnachtswochen länger sind als der normale Urlaubsanspruch einer/eines Arbeitnehmer:in und damit die fehlende Arbeitszeit im Semester drauf gepackt werden muss. Tatsächlich fordern die Dozent:innen dieses Arbeitspensum auch akribisch ein und forcieren das durch Abgaben, von denen teilweise mehrere pro Woche fällig sind. Stellenweise besteht das Studium aus reiner Abgabenproduktion. Daneben gibt es noch die sogenannten Prüfungsvorleistungen als Hürde, die Studierende überwinden müssen, um überhaupt zu einer schriftlichen Klausur zugelassen zu werden. Meist bestehen die auch aus Abgaben und Vorträgen, machen aber bis zu zehnmal so viel Arbeitsaufwand als das Lernen für die eigentliche Klausur.

Die Klausuren an sich sind dann aber ein großer Pluspunkt des Studiengangs, man darf nämlich meistens einen doppelseitigen handbeschriebenen A4-Zettel als Hilfsmittel mit in die Klausur nehmen. Durch das Schreiben des Zettels lernt man schon die Hälfte des Inhalts. Die andere Hälfte kann man von einem gut geschriebenen Zettel in der Klausur übertragen. Natürlich gibt es auch Anwendungsaufgaben, aber auf die ist man durch die Vorlesungen und Übungen gut vorbereitet. Außerdem besteht in vielen Veranstaltungen während des Semesters die Möglichkeit, z. B. durch gute Abgaben Bonuspunkte zu sammeln, die einem in der Klausur zu Gute kommen.

Die hohe Arbeitsbelastung führt auf Dauer, wie man ironischerweise im Modul Human Factors lernen kann, zu einer hohen Stressbelastung, die auch physiologische Reaktionen (z. B. Bluthochdruck und Schlafstörungen) und schlechtere Arbeitsergebnisse der Studierenden zur Folge haben kann. Trotzdem wird diese Überbelastung angeblich benötigt, da das Qualitätsmanagement der Hochschule dem Studiengang sonst die Akkreditierung entzieht, wenn die Studierenden zu wenig für ihr Studium tun. Dann könnte man das Studium nicht als „Vollzeitstudium“ durchgehen lassen. Gemessen wird die Workload übrigens vorwiegend an Hand einer Frage in der Lehrevaluation, wie viele Stunden man pro Woche für ein Modul arbeite. Die Skala reicht sehr zur Belustigung nur von 1 bis >= 5. Bei ca. 5 Modulen pro Semester müsste ein:e normale:r Studierende:r rechnerisch etwas im Bereich von 12 Stunden pro Woche angeben. Daher ein Tipp: Gebt bei der Evaluation lieber zu viel als zu wenig an, sonst rächst sich das mit mehr Arbeitsaufwand im nächsten Semester.

Besonders bitter hatte es uns im 4. Semester erwischt. Dort steht ein größeres fächerübergreifendes Projekt an, welches mit 6 Credits belohnt wird, den Studierenden also 180 Stunden Arbeit abverlangt. Normalerweise wären also innerhalb der 15 Wochen, die das Semester andauert, 12 Stunden pro Woche für dieses Projekt zu investieren – bei 5 weiteren Modulen, die gleichzeitig Abgaben verlangen, versteht sich. Allerdings gab es damals eine unschöne Randbedingung: Der Arbeitsvertrag der/des Dozent:in, die/der für das Modul verantwortlich war, ist Mitte Juni ausgelaufen. Daher wurde der Abgabetermin auf den 9. Juni, bereits 12 Wochen nach Semesterbeginn, vorverlegt. Das erhöht das theoretische Pensum weiter auf 15 Stunden pro Woche. Praktisch mussten nach Verhandlungen mit den Betreuenden einige Bestandteile des Projekts gestrichen werden, damit wir der hohen Arbeitsbelastung überhaupt nachkommen konnten. Denn idealerweise legen die meisten Dozent:innen ihre Abgabetermine im Sommer um Pfingsten herum, um uns Studierende zu „entlasten“, da jede:r der Meinung war, „alle anderen“ würden ihre Abgaben zum Ende des Semesters einfordern. Selbstredend war der Rest des Semesters dann sehr entspannt.

Ausstattung

Der Studiengang VSM ist vorwiegend in zwei Außenstellen angesiedelt, die sich nicht auf dem Campus in der Moltkestraße befinden. Das hat Vor- und Nachteile. Nachteil ist insbesondere der lange Fußweg von ca. 10 Minuten pro Richtung zur Mensa. Das reicht bei einer kurzen Mittagspause nur von 13:00 bis 14:00, wenn davor und danach Veranstaltungen liegen, kaum aus, um dort in Ruhe essen zu können. Erschwerend kommt dazu, dass die Mensa zur Rush Hour um 13:10 überrannt wird und die Schlange bis vor die Tür reicht. Der große Vorteil der Standorte ist dagegen die Lage in der Stadt und die Anbindung mit dem ÖPNV. Der Standort Hoffstraße befindet sich nahe der Haltestelle Mühlburger Tor etwas abseits der Ost-West-Hauptachse Kaiserallee. Der Standort Amalienstraße befindet sich am Kaiserplatz in der Nähe des Europaplatz. An beiden Haltestellen besteht ein dichtes ÖPNV-Angebot in alle Richtungen. Im Gegensatz dazu wird der Campus nur durch eine Linie angebunden, die seit Inbetriebnahme des Stadtbahntunnels auch nicht mehr zum Hauptbahnhof fährt. Den Campus-Studierenden bleibt als Alternative noch rund 10 – 15 Minuten Fußweg zum Europaplatz. Da sind VSM-Studis schneller da!

Zur Ausstattung der Gebäude an sich: Amalienstraße hui, Hoffstraße pfui! Die Räumlichkeiten in der Amalienstraße befinden sich in einem modern anmutenden Bürogebäude im Erdgeschoss. Dort sind saubere Toiletten und klimatisierte Vorlesungsräume vorzufinden. Ganz im Gegenteil verhält es sich mit der Hoff(nungslos)straße. Dieses Gebäude wartet mit siffigen Toiletten, stickigen Gängen und unklimatisierten Räumen auf. Der Höhepunkt war ein Präsentationstermin im Juli bei 38 Grad Außentemperatur im PC-Poolraum, der sich durch die Abwärme der PCs innen trotz Lage auf der Nordseite auf ca. 45 Grad hochgeheizt hatte. Auch die Technik lässt nicht unbedingt vermuten, dass man sich in einer Hochschule für TECHNIK und Wirtschaft befindet. Teilweise lückenhafte oder störungsanfällige Präsentationstechnik gehört bei Hochschulen ja zum „guten“ Standard. Nicht erwartet hatte ich dagegen ein Procedere in der Informatik-Übung im zweiten Semester, bei der zur Ausführung des Übungsprogramms zuvor der Proxy deaktiviert und das Ethernet-Kabel entfernt und neu eingesteckt werden muss. Das klappt jedoch nicht immer und überall, was zu dem Standard-Hinweis der Betreuenden führt: „Versuch es an einem anderen PC!“. Generell haben einige der Rechner im PC-Pool ihre Eigenheiten. Schließlich ein Thema mit dringendem Nachholbedarf ist die Verfügbarkeit von W-LAN an der Hochschule. Bis zu meinem letzten Präsenztermin im Dezember 2021 gab es für Studierende keine hauseigene Lösung, sodass das städtische „KA-W-LAN“ empfohlen wurde. Man kann sich aber schon vorstellen, welche Qualität das hat, wenn sich 200 Studierende gleichzeitig im Netz einwählen. Mit einer Datenflat ist man hier wesentlich besser bedient.

Ein großer Vorteil des Studiums an der Hochschule Karlsruhe ist der Zugang zur KIT-Bibliothek, die viele Quellen auch als E-Ressource anbietet. Dadurch steht einer breiten Menge an Literatur zur Verfügung.

Umgebung

Die Stadt Karlsruhe liegt in einer der reicheren Regionen des Landes und ist im Allgemeinen recht sauber und ansehnlich. Durch den Ausbau statt Rückbau des Straßenbahnnetzes in den vergangenen Jahrzehnten und die jüngsten Anstrengungen, zur Fahrradhauptstadt Deutschlands in ihrer Größenordnung aufzusteigen, zeigt sich Karlsruhe Studierenden gegenüber sehr zukunftsorientiert und zugänglich. Vorsicht aber, wenn ihr als Fußgänger:in unterwegs seid: Es kann immer vorkommen, dass unvermittelt ein:e „Geisterradfahrer:in“ auf dem Fußweg rücksichtlos mit hohem Tempo an euch vorbeiholzt. Da sind die radfahrenden VSM-Studierenden auch leider keine Ausnahme. Deshalb immer einen Schulterblick riskieren, wenn ihr anderen zu Fuß Gehenden ausweicht – der rettet euch im Zweifel vor dem Krankenhaus! Etwas nervig sind leider die vielen Baustellen in der Innenstadt. Karlsruhe war seit ca. 2011 durch den Bau der Kombilösung eine einzige Dauerbaustelle. Mit der Inbetriebnahme der Kombilösung wird das aber noch nicht zu Ende sein, denn als nächstes kommt die Sanierung und Umgestaltung der Fußgängerzone dran, die auch wieder Jahre dauern wird.

Größtes Problem in Karlsruhe ist für sehr wettersensitive Personen das Klima. Karlsruhe liegt in der Rheinebene und damit in der wärmsten Region Deutschlands. Was sich im Winter durch milde Temperaturen und nur äußerst seltenen Schnellfall äußert, zeigt sich im Sommer gerne durch lang anhaltende Hitzewellen mit Spitzenwerten bis 40 Grad. Es dürfte verständlich sein, warum insbesondere Dachgeschosswohnungen zu vergleichsweise bezahlbaren Mietpreisen zu haben sind. Man sollte hier jedoch die langen und teils unerbittlich heißen Sommer bedenken.

Die Region bietet im beruflichen Anwendungsbereich von VSM eine Vielzahl an Unternehmen und Institutionen, die durch regelmäßige Angebote für Werkstudentenstellen, Aushilfen und Praktika bereits im Studium leicht zugänglich sind. Wer möchte wird daher in der Regel recht schnell neben dem Studium einen „VSM-kompatiblen“ Arbeitsplatz für den Nebenverdienst finden und / oder Kontakte in die „Szene“ knüpfen können. Euer Arbeitsplatz muss allerdings flexibel sein, da sich die Hochschule das Recht einräumt, euch während der „üblichen Geschäftszeiten“ von Mo bis Fr von 8:00 bis 20:00 jederzeit mit Veranstaltungen zu beanspruchen, teilweise mit Vorlauf im Stundenbereich!

Fazit

VSM wurde einmal eingerichtet, um Hand in Hand mit Kooperationspartnern Fachkräfte für den Bedarf der Praxis auszubilden. Zumindest wurde bis 2018 damit geworben, bevor ich mich für den Studiengang eingeschrieben hatte. Von diesem Grundgedanken ist leider nach 10 Jahren nicht mehr allzu viel vorzufinden. Der Forschungsgedanke und der Wille zur Anerkennung in der wissenschaftlichen Fachwelt haben längst überhandgenommen. Wissenschaftliches Arbeiten und Forschungsprojekte stehen gegenüber der Praxisorientierung zunehmend im Vordergrund.

Die aktuellen Schwerpunkte des Studiengangs (Sommersemester 2022) sind:
- Wissenschaftliches Arbeiten
- Informatik
- Radverkehr
- Verkehrspsychologie

Dabei gibt es jedoch keine Garantie, dass dies bis zu eurem Abschluss die Schwerpunkte des Studiengangs bleiben werden, wenn ihr euch in diesem Jahr dafür einschreibt.

Die Tatsache, dass der Studiengang auf Studycheck so gut weg kommt, liegt übrigens überwiegend daran, dass Dozent:innen in den unteren Semestern, die noch sehr strukturiert ablaufen, eindringlich zum Verfassen von (natürlichen positiven) Bewertungen auf Studycheck aufrufen. Dazu sagt ein:e Dozent:in gerne: „Es ist besser, in einem Ranking oben zu stehen, als erklären zu müssen, warum es zu nichts taugt.“ Ich sage dazu: Eine positive Reputation kann man nicht erzwingen, sondern man muss sie sich erarbeiten!

Empfehlung

Zum Abschluss nun die wichtigste Frage: Kann ich den Studiengang weiterempfehlen? Pauschal kann ich das definitiv nicht, weshalb ich die Frage von den derzeit (!) angebotenen Inhalten abhängig mache.

Demnach sind in diesem Studiengang aktuell Studierende gut aufgehoben, …
- …die Interesse an der Forschung und der Erstellung von Berichten haben und sich auch eine berufliche Orientierung im wissenschaftlichen Arbeiten vorstellen können.
- …die eine grundlegende Affinität zur Informatik haben, ggf. auch schon Kenntnisse im Programmieren (Tipp: Java und Android sind wichtig) mitbringen, und sich langfristig in der verkehrsspezifischen Software-Entwicklung wieder finden.
- …die sich auf nachhaltige Mobilität im Sinne des Fuß- und Radverkehrs spezialisieren möchten.

Nicht in diesem Studiengang wieder finden sich dagegen Studierende,…
- …die sich besonders stark auf den Bereich ÖPNV / Bahnverkehr spezialisieren möchten.
- …die Inhalte aus dem Bereich BWL und VWL nicht missen wollen.
- …die das Auto nach wie vor für ein Verkehrsmittel der Zukunft halten.

Der Studiengang ist sehr stark auf die Förderung nachhaltiger Verkehrsarten des Umweltverbundes (Fuß- und Radverkehr sowie begrenzt auch ÖPNV) fokussiert. ÖPNV-Enthusiasten werden aber schnell enttäuscht, da dieses Thema im Studium keine große Rolle einnimmt und auch keine eigene Vertiefung dazu besteht. Zum motorisierten Individualverkehr wird neben dem Entwurf von Straßenräumen und der Berechnung der Leistungsfähigkeit von Knotenpunkten auch nicht besonders viel gemacht. Das liegt daran, dass das Auto nicht als nachhaltig erachtet wird und daher fast jede Veranstaltung dem Ziel dient, Verkehre vom Auto hin zum Umweltverbund zu verlagern. Sag das mal den Dorfbewohner:innen in der Westpfalz…

Was man für den Studiengang auf jeden Fall mitbringen muss ist Englisch. Die Dozent:innen haben sich in der SPO die Möglichkeit offen gehalten, alle Lehrveranstaltungen bei Bedarf auf Englisch halten zu dürfen, wenn internationale Studierende zum Publikum gehören. Aber auch ohne Gaststudierende aus dem Ausland sind einige Vorträge und Arbeiten auf Englisch anzufertigen oder, wenn Englisch optional gefordert wird, wirkt sich das positiv auf die Bewertung aus. Weiterhin von Vorteil sind Fähigkeiten zur Literaturrecherche und zum wissenschaftlichen Arbeiten. Aber hierzu lernt man auch alles wichtige im Studium. Die Software Citavi kann ich dazu von Beginn an nur wärmstens empfehlen. Sehr hilfreich sind zudem Erfahrungen im Programmieren, z. B. aus der Schule. Mir hatte ein Grundkurs Informatik in der Oberstufe sehr geholfen, allerdings gibt es auch viele Erstis, die zuvor noch nie eine Zeile Code geschrieben haben und trotzdem sehr erfolgreich durch Informatik kommen. Es ist also kein Muss!

Eindeutig für den Studiengang sprechen einmal das Praxissemester im 5. Studiensemester, bei dem ihr über 6 Monate ein Vollzeit-Praktikum in einem Unternehmen absolviert (und nach 40 Stunden Arbeit Freitags abends einfach den Hammer fallen lassen könnt…). Andererseits ist die internationale Ausrichtung des Studiengangs hervorragend. Es gibt eine große Breite an Partnerhochschulen auf der ganzen Welt, mit denen interessante Workshops und Studienreisen stattfinden. Zudem gibt es für Erstsemester eine einführende Exkursion nach z. B. Paris, London, Amsterdam oder Madrid, bei der die Restplätze durch Drittsemester aufgefüllt werden. Dadurch entsteht schnell auch ein Austausch unter den Semestern.

Alles in allem hat der Studiengang seine Vorteile und stellt insbesondere eine breite Basis im Bereich Mobilität und Verkehr her, auf die ihr beispielsweise mit einem spezialisierten Master aufbauen könnt. Leider scheint die Entwicklung des Studiengangs aber noch nicht am Ende angekommen zu sein. Dieser Punkt, die fehlende Kontinuität und Stabilität der versprochenen Inhalte, ist dann auch der ausschlaggebende Punkt für meine Gesamtbewertung. Müsste ich den Studiengang mit einer Note versehen, wäre das eine 2,7! Der Studiengang bietet Chancen und ein tolles inhaltliches Angebot, jedoch nur für einen sehr speziellen Interessenkreis, der sich innerhalb von 4 Jahren dermaßen verändert hat, dass ich mich zu Ende des Studiums darin nicht mehr wieder finden kann. Hätte ich erneut die Wahl, dann würde ich persönlich VSM nicht noch einmal wählen. Daher von mir auch keine generelle Empfehlung. Dafür gibt es nun aber andere Inhalte und wenn diese speziell zu euren Interessen passen, dann seid ihr trotz aller Widrigkeiten hier an der Hochschule Karlsruhe richtig aufgehoben.
  • abwechslungsreiche Inhalte, Klausuren mit DIN-A4-Zettel, Semesterbetreuende, gute Berufsaussichten, viele Nebenjobs, internationale Exkursionen, Praxissemester
  • keine Kontinuität der Inhalte und keine Garantie auf die SPO, 60-Stunden-Woche, chaotische Studienorganisation, schwere Info-Übungen, Gebäude Hoffstraße heruntergekommen, kein W-LAN

Aktuelle Bewertungen zum Studiengang

4.7
Corinna , 23.01.2024 - Verkehrssystemmanagement (B.Sc.)
3.2
Mattis , 23.08.2023 - Verkehrssystemmanagement (B.Sc.)
4.6
Mareike , 25.04.2023 - Verkehrssystemmanagement (B.Sc.)
4.6
Elias , 21.01.2023 - Verkehrssystemmanagement (B.Sc.)
4.3
Evelin , 14.10.2022 - Verkehrssystemmanagement (B.Sc.)
4.0
Hendrik , 05.05.2022 - Verkehrssystemmanagement (B.Sc.)
4.7
Marlene , 03.05.2022 - Verkehrssystemmanagement (B.Sc.)
3.0
Felix , 28.03.2022 - Verkehrssystemmanagement (B.Sc.)
4.1
Anonym , 07.03.2022 - Verkehrssystemmanagement (B.Sc.)
4.5
Jonas , 01.03.2022 - Verkehrssystemmanagement (B.Sc.)

Über Marcel

  • Alter: 21-23
  • Geschlecht: Männlich
  • Abschluss: Ja
  • Studiendauer: 8 Semester
  • Studienbeginn: 2018
  • Studienform: Vollzeitstudium
  • Standort: Standort Karlsruhe
  • Weiterempfehlung: Nein
  • Geschrieben am: 15.05.2022
  • Veröffentlicht am: 16.05.2022