We used to learn it all. Pseudo-Elitär.

Bevor ihr meinen langen Beitrag zum Medizinstudium in Aachen lest, möchte ich erwähnen, dass ich nicht zu den "Versagern", den "Wiederholern" gehöre, ich mich in Regelstudienzeit befinde, gute bis sehr gute Noten aufweise und trotz allem Folgendes berichten möchte:

Der Definition von Wikipedia zufolge bezeichnet der Begriff Elite soziologisch eine Gruppierung überdurchschnittlich qualifizierter Personen oder einflussreiche Kreise einer Gesellschaft.
"Wir sind Elite!" - eine nicht selten auftauchende Denkweise in Aachen, die zum Teil von Dozenten auch durchaus gelebt und an Studierende der Humanmedizin ausgelassen wird.
Aus diesem Grund ist besonders das erste Jahr in Aachen dem Aussieben gewidmet (sicherlich keine Verwunderung, an jeder Universität wird schließlich in dem ein oder anderen Fach ausgesiebt).
Aber wollen wir hier doch mal mehr ins Detail gehen: Das erste Jahr ist ein strapazenreiches Höllenjahr! An dieser Stelle möchte ich dem Fach Zellbiologie 1 Aufmerksamkeit schenken, ein Fach, welches es in dieser Konstellation an keiner anderen Universität in Deutschland gibt (was auch das Tauschen von Aachen in eine andere Universität erschwert und bewusst (?!) unmöglich macht), ein Fach, das für viele Kommilitoninnen und Kommilitonen eine Ehrenrunde bedeutet.
Ihr lest richtig: Ehren-Runde!
In Aachen kann man nämlich old school like sitzen bleiben und wird nicht in das 3. Semester zugelassen, wenn man nicht alle Fächer des 1. und 2. Semesters bestanden hat. Das Mitnehmen von "Altlasten" und Schieben von Klausuren, wie es an anderen Universitäten der Fall sein kann, ist an der elitären Universität in Aachen nämlich strengstens untersagt. Das Versagen soll schließlich Konsequenzen haben?! Konsequenzen, die man sich noch einmal ein ganzes Lebensjahr auf der Zunge zergehen lassen kann, damit man mit den Konsequenzen, die aus den eigenen Handlungen entstehen, lernen kann. Erzieherische Maßnahmen sind schließlich anerkannte Führungsmittel.
Warum sollte sich Aachen auch noch um die verlorene Lebenszeit der "Versagerin"/ des "Versagers" kümmern?!
Weiter gehts: nach dem ersten Höllenjahr geht das Aussieben weiter und es geht weiter und es geht weiter. Bis zuletzt zum 6. Semester.
Es ist ein durchdachter Studienverlauf mit anspruchsvollen Lehrveranstaltungen, unzähligen Pflichtterminen bis in die Abendstunden hinein und ich bitte euch: bloß keine Fehltermine! Unabhängig von der Ursache sind der Kursordnung zufolge nämlich nur max. 2 Fehltermine, manchmal sogar nur ein Fehltermin erlaubt.
Und wenn ihr dann, nach dem 6. Semester, die Zulassung für die ärztliche Basisprüfung (ÄBP) in euren Händen halten dürft - achja, Stichwort: Physikum!? Nach 4 Semestern? In Aachen doch nicht, hier gibt es was viiiiiiieeeeel Besseres - dann ist das eine minimale Ehre für euch, denn der große Hammerschlag und dessen Wirkung kommt noch und zwar richtig: nämlich an exakt drei Tagen im September!
Und wer es dann geschafft hat, der darf durchatmen!!!
Das Geschenk: Zum ersten Mal atmen DÜRFEN! Luft zum Atmen!
Zum ersten Mal nach 6 Semestern Dauerstress, Leistungsdruck, Angstzuständen, Psychofolterung, Schlafstörungen, kreisenden Gedanken, privaten Einbußen, mangelnder Freizeit, Versagensängsten etc. darf die Anspannung nachlassen.
Für 2 Wochen. Danach beginnt das 7. Semester.
Und man kommt nicht umhin sich zu fragen: Ist das gesund? Will man das?
Schimpft man sich dann Elite?
Ihr entscheidet!
Und ich hoffe, ihr entscheidet euch für das Richtige!