Viel Druck und keine Freizeit

Inhaltlich ist das Studium in den ersten zwei Semester relativ trocken, aber trotzdem interessant. Die Vorlesungen sind größenteils gut gemacht und die Übungen dazu sehr hilfreich und gewinnbringend. Die Dozenten sind sehr engagiert und gehen sehr bemüht auf Fragen ein.
Allerdings besteht ungefähr die Hälfte des Stundenplan aus Laborpraktika, sodass man fast täglich bis 18 oder 19 Uhr in der Uni ist. Das Arbeiten im Labor ist eine willkommende Abwechslung zu den Vorlesungen, aber meiner Meinung nach nehmen die Laborpraktika einen viel zu großen Raum ein. Letztendlich ist man das ganze Semester eigentlich nur mit dem Praktikum beschäftigit, weil man die Versuche vorbereiten muss und vorher Kolloqs bestehen muss, damit man überhaupt ins Labor darf. Nachdem man die Versuche dann im Labor durchgeführt hat, muss man noch Protokolle schreiben. Man ist also gezwungen, die anderen Veranstaltungen (Vorlesungen und Übungen) zu vernachlässigen, um das Praktikum zu bestehen. Dadurch entstehen Lücken und man kommt in den Veranstaltungen nicht mehr hinterher. Diese muss man dann alle noch bis die Klausuren anstehen, irgendwie aufarbeiten. Wenn man das schaffen will, muss man mit schlaflosen Nächten rechnen. Zudem ist man quasi gezwungen, die Klausuren im ersten Termin zu schreiben, da der Zweittermin immer schwerer ist, was von der Uni einfach so akzeptiert wird, obwohl dies natürlich eigentlich nicht sein kann. Besteht man eine Klausur nicht, kann einen das direkt aus der Regelstudienzeit werfen, da einige Klausuren Voraussetzungen für bestimmte Laborpraktika sind. Bei den hohen Durchfallquoten ist es also ziemlich gewiss, dass man mehr als 6 Semester für den Bachelor brauchen wird. Es kommt oft vor, dass man bei Veranstaltungen für das erste bzw. zweite Semester andere Studierende trifft, die schon seit mehreren Jahren studieren, aber dieses Modul noch immer nicht bestanden haben.
Zudem lässt sich sagen, dass die Organisation ziemlich schlecht ist. Oft werden Pflichtveranstaltungen erst kurz vorher bekannt gegeben. Zudem wird vom Studienbüro empfohlen, den freien Wahlbereich, der im Studienplan für das 6. Semester vorgesehen ist, bereits ab dem zweiten Semester abzudecken, was bei dem vollen Stundenplan und den Laborpraktika aber unmöglich ist. Im 6. Semester soll man neben der Bachelorarbeit, aber wohl auch keine Zeit dafür haben. Die Regelstudienzeit scheint also nur auf dem Papier möglich, in der Praxis leider unmöglich.
Letztendlich muss man sich bewusst sein, dass man sein komplettes Leben aufgeben muss, wenn man dieses Studium schaffen möchte. Wer auf einen Nebenjob angewiesen ist, wird hier keine Chance haben.
Obwohl mich das Studium inhaltlich wirklich interessiert hat, habe ich mich letztendlich dazu entschieden, das Studium abzubrechen, weil dieses Studium nicht meine Vorstellung eines Studiums erfüllt hat. Ich wollte etwas fürs Leben lernen und nicht aufgrund des hohen Zeitdrucks gezwungen sein, auf Lücke zu lernen und auf Glück zu hoffen, dass man irgendwie die Klausuren besteht. Das Einzige, was man wirklich lernt, ist mit Stress umzugehen...