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Pleite Uni - enttäuschender Studiengang

Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik (M.A.)

  • Studieninhalte
    4.0
  • Dozenten
    3.0
  • Lehrveranstaltungen
    2.0
  • Ausstattung
    1.0
  • Organisation
    1.0
  • Literaturzugang
    1.0
  • Digitales Studieren
    2.0
  • Gesamtbewertung
    2.0
Ich studiere seit 2018 im Master internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik. Im folgenden einige Erfahrungen, Anregungen und Bewertungen meines noch nicht abgeschlossenen Studiums. Einige Punkte sind sehr scharf formuliert, leider ist aber etwas dran.

Als erstes zur generellen Situation an der Universität Duisburg-Essen (UDE):

Die UDE ist eine der besten Unis… was ein schlechtes Betreuungsverhältnis angeht. Dies ist im Studiengang definitiv besser als der Durchschnitt der UDE, aber es ist doch bemerkenswert.
Die Uni hat einen Campus in Essen und einen in Duisburg. Keine der Städte ist sehr Studierendenfreundlich. V.a. Duisburg bietet sehr wenig Möglichkeiten. Trotzdem sind beide Städte interessant und haben auch Vorteile. Der geteilte Campus geht leider auch zu Lasten der Aktivitäten außerhalb der Studiengänge, ob Unisport, universitäre Gruppen, Aktionen seitens der Studierenden usw. es gibt einfach sehr wenig Angebot im Vergleich zur Zahl der Studierenden. Es gibt wenig Austausch zwischen den zwei Studienorten und es fühlt sich oft so an als wären es doch eigentlich zwei getrennte Unis.
Die UDE bezeichnet sich selbst als Pendleruni. Viele Studierende leben in angrenzenden Städten und Dörfern und pendeln mit dem NRW Ticket. Auch dies geht auf Kosten des universitären Angebots.
Die UDE ist zudem völlig pleite und das kann man auch an allen Ecken und Enden sehen, fühlen und manchmal riechen. Überall wird gespart, ob an Personal oder Ausstattung. Schlechte oder fehlende Internetverbindung, fehlende Arbeitsplätze (v.a. Bibliothek Duisburg), fehlende technische Ausstattung, fehlender Mittelbau/Verwaltung, wenig wissenschaftliche Hilfskräfte, schlechtes Betreuungsverhältnis. Die Uni ist in organisatorischen Angelegenheiten einfach völlig überlastet. Dies betrifft v.a. internationale Studierende, die Absprache mit dem ASTA und universitären Gruppen und wirklich alles was neu implementiert werden soll (z.B. ein geplantes Nachhaltigkeitsoffice, welche andere Unis teilweise seit über 10 Jahren haben).
Bis hier eine dicke Finanzspritze aus Düsseldorf, Berlin oder Brüssel kommt wird sich das auch nicht bessern. Die Uni hat lange Zeit die Strategie verfolgt so viele Studierende wie möglich aufzunehmen, um sich zu finanzieren. Gleichzeitig wurde an allen Enden gespart und die Uni hat eigentlich nicht die Kapazitäten für die Anzahl an Studierenden. Ich dachte für einige Zeit, dass die schon auf einen Neubau sparen, aber das ist wohl Wunschdenken. Ähnlich sieht es auch bei den Studierendenwerken aus.
Viele Städte im Ruhrgebiet sind auch pleite, aber das macht es ja auch irgendwo spannend. Ist wie Berlin bevor es cool war.
Wohnsituation könnte nicht besser sein. Mieten und Lebensunterhalt sind bezahlbar und einfach kein Vergleich mit den sonst überlasteten Deutschen Städten. Gleichzeitig natürlich weniger bürgerliches kulturelles Angebot. Sonst kulturelles Angebot hammer.

Zum Studiengang Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik:

Einen Fake-Oscar hat auf jeden Fall die Person verdient welche die Studiengangsbeschreibung verfasst hat. Mittlerweile ist diese etwas näher an der Realität, so wurde bspw. auf Formulierungen welche „Praxis“ oder „Praxisbezug“ innerhalb des Studiums andeuten verzichtet, aber „Projekte“ kommen noch vor. Das sind definitiv Fake-News und daher werde ich hier mal die Rolle des Faktencheckers übernehmen. Ich orientiere mich an der Studiengangsbeschreibung vom Dezember 2020 (http://www.ib-master.de/studiengang.html).

1. Studierende „erwerben Schlüsselqualifikationen…“
Ihr lernt wie man Hausarbeiten schreibt, Ende. Es ist eine wissenschaftliche Ausbildung. Schlüsselqualifikationen können durch theoretische Projekte (richtig gehört) im SQ Kurs Projektmanagement erworben werden. Ansonsten, wie gesagt, das Angebot studiengangsübergreifender Kurse ist stark begrenzt. Kein Vergleich zu besser besetzten Universitäten.

2. Studierende „erwerben interkulturelle Kompetenz durch Studienprojekte im Ausland“

Es gibt ein einziges Projekt im (europäischen) Ausland, welches von den Teilnehmern überwiegend schlecht bewertet wurde. Die Teilnahme ist mit Kosten verbunden.

3. „räumlichen und institutionellen Nähe zum Institut für Entwicklung und Frieden (INEF)“

Ich sehe nicht wo das wichtig für den Studiengang ist. Ja, das ist ein angesehenes Institut, aber für den Studiengang spielt es einfach keine Rolle. Ob jemand am Institut forscht oder in einem Fachbereich (Asien-, EU-, Methoden-Module) macht für die Lehre einfach keinen Unterschied.

4. „regionale Orientierung auf mindestens drei Weltregionen: Ostasien, Europa und Afrika (primär Subsahara-Afrika)“

Sicherlich kein „Alleinstellungsmerkmal,“ aber eine schöne und interessante Kombination. Ihr könnt zwei (oder alle drei) Regionen auswählen. Leider fehlt die Absprache der Themen zwischen den Regionalmodulen, aber nichts wird wiederholt. In anderen Kursen merkt man dies noch stärker, dann gibt es doch mal Wiederholungen.
Hier ist das Problem, dass die Dozent*Innen aus verschiedenen Fachbereichen, oder von Institutionen kommen. Der Studiengang fühlt sich manchmal etwas zusammengewürfelt an. Da kommt ein bisschen Input aus Fachbereich A, jemand aus Fachbereich B und C und das soll dann einen top Studiengang ergeben. Es ist als ob vier, fünf Köche eine Suppe kochen. Ein Problem, welches der Studiengang mit etwas mehr Absprache leicht lösen könnte, aber es fehlen einfach die Kapazitäten - oder der Wille.

Um zu den Regionalmodulen zu gelangen müsst ihr außerdem die überladenen ersten zwei Semester überstehen. Der Studiengang ist sehr vollgepackt und dies ist v.a. am Anfang bemerkbar. Dies leitet zum nächsten Punkt über:

5. „Die gegenstands- und zeitnahe Komponente soll durch einen achtwöchigen Auslandsaufenthalt gefördert werden,“

Hört sich gut an, ne? Interessanterweise zählt als Ausland natürlich z.B. die Niederlande (ca. eine Stunde fahrt) aber Berlin, oder Bonn (dort sitzt die GIZ) fallen eben raus. Das Praktikum dürft ihr außerdem in den Semesterferien absolvieren. Dazu müsst ihr natürlich noch das reguläre Arbeitspensum erarbeiten. Wer aufgrund seiner Studienfinanzierung auf einen Abschluss innerhalb der Regelstudienzeit angewiesen ist, sollte sich frühzeitig um Ausweichfinanzierungen kümmern. Für den Großteil der Studierenden ist es unmöglich das Studium in zwei Jahren abzuschließen.

6. Studierende verfügen „nach einem erfolgreichen Abschluss über die relevanten Kompetenzen für die wissenschaftliche und die praktische Arbeit im Bereich der internationalen Politik, der Entwicklungspolitik und der Entwicklungszusammenarbeit“

Hier kommt doch mal Praxis vor, aber eben nach dem Studium. Wer Interesse an praktischer Entwicklungszusammenarbeit hat sollte dem Studiengang fernbleiben. Der Studiengang bereitet auf eine wissenschaftliche Karriere, oder einen Bürojob (ob In- oder Ausland) vor. Du möchtest praktische Entwicklungszusammenarbeit? Dann such dir eine Organisation die dies leistet und spar dir die Zeit an der Uni. Du wirst dabei außerdem sehr viel mehr lernen.

Kein Wort gibt es zur Methodenausbildung im Studiengang. Dies ist auch besser so, denn die ist eigentlich nicht gegeben. Wer Interesse an Daten und Statistik hat sollte sich einen anderen Studienstandort suchen. Es gibt einen verpflichtenden, relativ anspruchsvollen Statistikkurs (plus Seminar), dieser ist allerdings für alle politikwissenschaftlichen Master gleich. Er nimmt also keinen Bezug zu den Studieninhalten und ist sehr voll. Aufgrund des schlechten Betreuungsverhältnisses wird man hier einfach durch den Fleischwolf gepresst. Die Klausur ist großteils im multiple choice Format. Lerne das Vorgegebene auswendig und gebe es wieder ist die Devise. Sehr schade! Ich habe dem Dozenten auch vorgeschlagen Projekte einzuführen, aber das Betreuungsverhältnis gibt es nicht her (seine Worte).

Es gibt am Fachbereich einen parallelen Studiengang für internationale Studierende (meist mit Arbeitserfahrung) mit dem Namen „Development Governance.“ Hier kommen eigentlich alle Probleme des Studiengang nochmal zum Vorschein. Eigentlich wäre das für uns Kartoffeln eine super Möglichkeit Kontakte zu knüpfen und von den erfahrenen internationalen zu lernen. Aber der Studiengang gibt einfach nicht die Möglichkeiten dafür. Es gibt nur ca. 2 Kurse in denen wir gemeinsam sind und außerhalb davon wird auch nichts angeboten oder gefördert. Aufgrund der insgesamt fehlenden Projekte (welche ja auch studiengangsübergreifend gestaltet werden könnten) und die ebenfalls hohe Arbeitslast (=Hausarbeiten) des Studiengangs Development Governance ergibt sich für den Großteil der Studierenden kein Kontakt zu den spannenden internationalen Studierenden (und auch andersrum).

Vor dem Fazit möchte ich noch anmerken, dass ich meine Kritikpunkte auch an den Fachbereich gerichtet habe. Also ich schreibe das nicht nur um hier irgendjemand etwas reinzudrücken, sondern um eventuell Interessierte auf das vorzubereiten was sie erwarten können. Die Rückmeldungen kann man im Endeffekt immer auf das desaströse Betreueungsverhältnis der Uni zurückführen. Es fehlen einfach Mitarbeiter, bzw. Dozent*innen welche ein echtes Interesse an der Lehre haben. Das ist insgesamt ein Problem der deutschen Hochschulen, aber an die UDE ist einfach ein besonders gutes Beispiel was passiert wenn die Lehre vernachlässigt wird und Studiengänge aus dem Boden gestampft werden. Dazu noch: Der Studiengang ist winzig. Wir haben mit ca. 30 Studierenden angefangen. Es gibt sogar Bewerbungsgespräche, was wirklich zeigt, dass sich die verantwortlichen Gedanken machen. Aufgrund des NC kommen aber trotzdem nur die „top“ Studierenden durch. Umso erstaunlicher ist es, wie wenig Möglichkeiten der eigentlich gut vernetzte Studiengang bietet.
Ich war einer von zwei Studierenden mit einem Bachelorschnitt unter 2,0. Als ich angefangen habe dachte ich ca. „ah Duisburg, da gehen nur Leute hin die wirkliches Interesse haben, bestimmt Reste-Master mit kritischen Menschen, welche nicht ins Uni System passen, gute Diskussionen“ usw. Aber Falsch. Leute geben einen fick auf ALLES außerhalb der verpflichtenden Leistungen (=Mitarbeit in Seminaren, Diskussionbeteiligung, universitäre Gruppen, ASTA usw.) und lernen einfach auswendig was vorgegeben ist. Was Studierende in ihren Hausarbeiten machen bekommt natürlich niemand mit, jede*r macht das für sich. Durch die Abwesenheit jeglicher Projekte ist der Austausch einfach sehr schlecht. Gleichzeitig gibt der Studiengang natürlich genau das vor. Vielleicht war hier meine Vorstellung von dem Studiengang einfach zu weit von dem entfernt was wirklich geboten wird.

Ich habe auch während ich dies schreibe eine SMS von einer Kommilitonin bekommen: „..sorry ich hab gerade zwei Semester in eines gequetscht und hangel mich von einer Präsi zur nächsten Seminararbiet“ weil das passiert halt bei einem schlecht durchgeplanten, überladenen und einfach insgesamt unstimmigen Master.

Fazit:

Der Studiengang hat viel Potenzial, welches einfach nicht ausgeschöpft wird. Hört sich gut an, ist aber eine Mogelpackung.
Fehlender Praxisbezug, fehlender Austausch mit dem Parallelstudiengang, fehlende Projekte, wenig Angebote außerhalb des Studiengangs. Überladen, schlechte Betreuung und Leistungen beschränken sich auf Hausarbeiten oder Klausuren. Mangelhafte Methodenausbildung.
Insgesamt eine Bewertung von 2/5, passt.

Wer eine Herausforderung außerhalb des Studiengang sucht und meine angefangene Arbeit des kritischen studierens weiterführen möchte sollte sich hier bewerben. Ich habe sehr respektlose und konstruktive Emails an Dozent*innen geschrieben und persönliche Gespräche geführt um diese auf die Missstände des Studiengangs aufmerksam zu machen. Viele Probleme existieren seit Jahren, aber es passiert einfach nichts.
Die UDE wird zurecht von Langzeitstudierenden und Ex-Dozent*innen nicht als Universität, sondern als bürokratisierte Bildungseinrichtung bezeichnet.
Wer wissen möchte wohin eine kaputt gesparte Bildungspolitik führt, sollte definitiv hier studieren. MA Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik ist eine Paradebeispiel für einen letzten halbwegs-guten Studiengang an einer völlig zerstörten Universität.

 
  • Interessante Themen
  • Betreuungsverhältniss, fehlende Projekte und Praxisbezug, schlechte Organisation innerhalb des Studiengangs und Fachbereichs, mangelhafte Ausstattung an der Uni, fehlendes Angebot außerhalb des Studiengangs (Schlüsselqualifikation, Unisport)...

Aktuelle Bewertungen zum Studiengang

3.9
Berat , 29.03.2024 - Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik (M.A.)
2.9
Clara , 09.03.2024 - Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik (M.A.)
4.3
Carlotta , 02.02.2024 - Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik (M.A.)
4.0
Dina , 28.09.2023 - Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik (M.A.)
2.7
Michael , 30.04.2023 - Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik (M.A.)
3.7
Tabea , 14.05.2020 - Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik (M.A.)
4.5
Brilliant , 03.02.2020 - Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik (M.A.)
3.8
Alina , 29.11.2017 - Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik (M.A.)
3.6
kati , 16.05.2015 - Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik (M.A.)

Über Quirin

  • Alter: 27-29
  • Geschlecht: Männlich
  • Abschluss: Ich studiere noch
  • Aktuelles Fachsemester: 6
  • Studienbeginn: 2018
  • Studienform: Vollzeitstudium
  • Standort: Standort Duisburg
  • Schulabschluss: Abitur
  • Weiterempfehlung: Nein
  • Geschrieben am: 09.12.2020
  • Veröffentlicht am: 14.12.2020