Breites Informatik-Studium mit Poolkatze

Dass das Studium der Informatik kein Kinderspiel ist, ist vermutlich allgemein bekannt, das ist in Freiburg auch nicht anders. In einigen Vorlesungen, besonders mathematischen, gibt es astronomische Durchfallquoten. Mit ordentlich Arbeit (echt viel Arbeit!) ist es aber durchaus möglich, diesen Studiengang zu bezwingen. In den meisten Semestern kommt man aber kaum mit weniger als Vollzeit aus, die meisten Studierenden investieren deutlich mehr als 40h/Woche. Die durchschnittliche Studiendauer liegt afaik bei 8 Semestern.
Die Informatik in Freiburg ist auf einem eigenen Campus ausgelagert, d.h. liegt nicht in der Innenstadt bei den meisten anderen Studiengängen. Das fördert die Konzentration aufs Arbeiten, ist aber auch etwas "entkoppelt", der Kontakt zu fachfremden Studierenden entsteht am ehesten im Nebenfach. (Oder einem der zahlreichen Angebote wie Hochschulsport etc)
Der Campus der TF ist ganz nett, man kann dort wohnen (Studierendenwohnheime), es gibt ein paar Wiesen und eine eher miese Mensa, die allerdings mangels Alternativen trotzdem rege besucht wird. :o)
Es gibt einen für Studierende 24h geöffneten Computerpool mit Poolkatze und eine sehr schöne Bibliothek. Arbeitsräume zum kollaborativen Arbeiten sind immer irgendwo zu finden. Der besondere Charme des Campus ergibt sich aus der architektonischen Kombination aus alten französischen Kasernen und 90er Jahre-Experimenten ;) Der Flugplatz ist ganz nah und so kann man vor allem im Sommer immerzu Flugzeuge und Gyrokopter starten und landen sehen.
Die Fakultät ist klein, spätestens im 3. Semester hat man fast jeden Professor mal in der Mensa gesehen. Es ist recht leicht, Kontakt zu Arbeitsgruppen herzustellen (z.B. durch Anbieten von Tutoraten, was viele Studierenden schon im 3. Semester tun, oder durch Ansprechen des Professors nach der Vorlesung). Allerdings wird man auch gerne ignoriert von Professoren, die einen nicht kennen, Emails werden also einfach nicht beantwortet, wenn noch kein Kontakt bestand.
Vorlesungen sind sehr unterschiedlich, es gibt sehr engagierte Lehrende mit mitreißender Didaktik und weniger interessierte. Oft werden Vorlesungen mitgeschnitten, so dass nachträgliches Anschauen möglich ist, eigentlich immer gibt es Folien und/oder ein Skript.
Der Studienverlauf bietet bis fast zum Ende relativ wenig Wahlmöglichkeiten. Dadurch ist aber sichergestellt, dass Vorlesungen, Tutorate und Prüfungen sich nicht überschneiden. Der Studiengang bietet gute Grundlagen in ziemlich allen Gebieten der Informatik, so dass einer Spezialisierung im Master in ziemlich jede Richtung nichts im Weg steht. Obwohl ich eigentlich Wahlmöglichkeiten sehr schätze, war ich immer wieder ganz froh, zu manchen Dingen "gezwungen worden zu sein", jetzt fühle ich mich recht gut vorbereitet. Gleichzeitig ist das Fach relativ theoretisch. Trotz Programmierkursen kann man recht gut durchs Studium kommen und am Ende immer noch furchtbaren Code schreiben, der Impuls dazu, gut zu programmieren (also zur Praxis), muss doch vom Studierenden selber kommen.
Das Prüfungsamt ist nett, aber nicht tolerant bei Überschreiten von Anmeldungsfristen oder ähnlichem. Sie sind aber sehr freundlich :)
Es gibt ein "Nebenfach", bei dem im Umfang von 20 CP quasi jeder andere Studiengang der Uni Freiburg studiert werden kann (ggf. muss dieser vorher beantragt werden).
Die Fachschaft ist ausgesprochen engagiert in der Ersti-Woche und Veranstaltungen unter dem Semester. Sie ist auch streitlustig genug, sich für Belange von Studierenden in Bezug auf Probleme mit Dozenten/Prüfungen/... einzusetzen. Hier habe ich mich immer sehr sicher gefühlt, dass im Fall von echten Problemen jemand hinter mir steht.
Alles in allem würde ich diesen Studiengang als breite Einführung in die Informatik weiterempfehlen, Freiburg hat viele Vorteile als Stadt, die Frauenarmut in der Informatik wird durch den Frauenüberschuss in der restlichen Stadt ausgeglichen ;) Dadurch, dass Informatik in Freiburg nicht so den Eliteruf hat wie bspw. am KIT, kann ich mir vorstellen, dass es etwas studierbarer ist.
Ich habe mich an der Fakultät sehr wohl gefühlt. :)