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Die Studis als Schlachtvieh im Massenbetrieb

Informatik (B.Sc.)

  • Studieninhalte
    4.0
  • Dozenten
    2.0
  • Lehrveranstaltungen
    3.0
  • Ausstattung
    5.0
  • Organisation
    3.0
  • Gesamtbewertung
    3.4

Man sollte ein Info-Studium an der TUM als eine Reihe von (schweren) Klausuren betrachten, zu denen es vorher Übungen und Hausaufgaben gibt. Die Vorlesungen sind größtenteils Zeitverschwendung. Ein allgemeines Fazit lässt sich sowieso nur schwer ziehen, da vor allem Kernfächer (zB Info 1, Info 2, Num Prog) je nach Prof sehr unterschiedlichen Inhalt haben. Manche reiten mehr auf formalen Methoden herum, andere machen es eher programmierlastig. Letztendlich aber haben die meisten Vorlesungen eines gemein: Kaum bzw. kein Kontakt zum Prof und Betreuung rein durch höhere Studenten bzw. Doktoranden oder Post-Docs in den Übungen. Von 10er Gruppen, die in der Vorlesung den Stoff diskutieren etc. ist man hier weit entfernt, wie es zB in Harvard der Fall ist. Diesen Stand hat aber einfach wohl keine Deutsche Uni. In späteren Kursen gäbe es dazu zwar die Möglichkeit, da dort nur noch weniger Studis anwesend sind, vielfach lassen die Lehrstühle diese Veranstaltungen aber von Post-Docs halten. Das ist allerdings nicht unbedingt von Nachteil, da die Tutor-Studis und Doktoranden oft genug auch sehr motiviert und kompetent sind. Auch bei der Lehre muss man natürlich delegieren, wie auch später im Beruf - daher ist es natürlich im Prinzip klar, dass der Prof nicht alles machen kann. Allerdings ist das Desinteresse der Profs an den Studis schon recht ausgeprägt. Wahrscheinlich liegts am hohen Forschungs- bzw. Publikationsdruck.

Höchstens wenn man mal ein sehr gutes Bachelorstudium absolviert hat, kann man langsam die Aufmerksamkeit der Profs auf sich lenken und die Türen öffnen sich. Dazu muss man aber wirklich sehr intelligent sein, Auswendiglernen hilft einem beim Info-Studium an der TUM kaum. Die Klausuren haben einen relativ hohen Transferleistungsanteil, der Reproduktionsanteil ist ca 25%. Also selbst wenn man alles Auswendiggelernte perfekt runterbetet, hat man die Kernfach-Klausuren in der Regel noch lange nicht bestanden, hierzu sind mindestens noch einige mittelschwere Aufgaben zu lösen, oder Beweise und Methoden im großen und ganzen richtig zu skizzieren. Hier heißt es: Durchbeissen und zu den 50% gehören, die bestehen. Frusttoleranz ist außerdem gefragt, die schlimmste Klausur die ich mal hatte, war eine Wiederholungsklausur in Programmoptimierung, der Schnitt war 4,88 (schlechtestmöglich ist 5,0), Schnitt der die bestanden hatten war 4,0 (schlechtest mögliches Ergebnis) und durchgefallen sind 88,2%. Nur um einmal zu verdeutlichen, dass es sich hier nicht um ein Studium handelt, bei dem man locker flockig durchspazieren kann. Bei schweren Klausuren muss man eine schlechte 2 oder eine 3,x schon als wirklich anerkennenswerte Leistung ansehen, denn dann ist man bereits bei den besten 5-20%.

Spaß an der Wissenschaft haben, Spaß sich Herausforderungen zu stellen ist hier angesagt. Niederlagen muss man wegstecken - Klausuren wiederholen gehört in der Regel zum Alltag an der TUM. Wenn man auf Lücke gelernt hat und es einen erwischt, kann man die Klausur sowieso gleich vergessen und durchstreichen. Wer pokert kann eine Runde verlieren, es gilt nur, das Gesamtspiel für sich zu entscheiden ;-) Ich kann allerdings Entwarnung geben, ich habe das Studium durchschnittlich abgeschlossen, war in Mathe aber nie ein Ass. Ich habe gewisse Inselbegabungen in Mathe, zB Geometrie/Lineare Algebra und Kombinatorik/Stochastik, aber eine Algebra/Analysis-Schwäche. Es sind weder Abi-Noten wichtig, noch Mathe-Kenntnisse. Wichtig ist KAMPFGEIST und der Wille, es zu packen. Wer sein Abi im Spaziergang geschafft hat und dann an der TUM gegen eine Wand läuft, der braucht sich einfach nicht wundern, das geht allen so und ist ganz NORMAL. Man muss sich hier erstmal umgewöhnen. Das ganze Semester fast nichts machen, dann 1 Woche von Morgens bis Abends auf eine Klausur lernen und mit 5,0 durchfallen das haben die meisten einmal gemacht ;-) Muss man mal erleben, um es zu glauben. Bei BWL an der FH reicht es vielleicht für eine 1,0 - an der TUM allerdings für genau gar nix. Das ist halt die Realität, zumindest bei den Kernfächern, die im Bachelor ca 50% ausmachen und auch etwa diesen Anteil an der Note haben. Klausuren bei den Softskills und Überfachlichen Grundlagen fallen dagegen meisten viel besser aus. Insgesamt liegt man im Schnitt, wenn die Gesamtnote so bei 2,5 endet was eine völlig akzeptable Leistung für den Info Bachelor ist. Ich kenne kaum jemanden, der im Bachelor mit einer 1 vor dem Komma abgeschlossen hat. Dazu muss man seine Freizeit fast komplett opfern - ein zweifelhafter Deal, auch wenn die Grundlagenfächer im Bachelor ohne Frage sehr wichtig sind, vor allem wenn man später einmal forschen will (Stichwort Promotion - "Muss man wissen!").

Wirklich hart ist die Prüfungsordnung, die es einem verbietet die Note zu verbessern. Das heißt, wenn man eine 4,0 geschrieben hat ist diese "fest" und es gibt keine Möglichkeit zur Verbesserung. Viele andere Unis handhaben das anders. Ein Freund von mir hat in Bielefeld studiert und konnte so oft wiederholen wie er wollte, am Ende hat die beste Note gezählt. Das ist schon etwas anderes, als meine Prüfungsordnung war. Daher sind die Schnitte an der TUM auch durchweg schlechter, außerdem die Studiendauer höher, weil viele dazu tendieren eine Klausur durchzustreichen, wenn sie glauben nur eine schlechte Note zu schaffen. Damit sollte man aber vorsichtig sein, zum einen, weil sich das nicht so leicht abschätzen lässt während der Prüfungssituation, zum anderen, weil das reine bestehen bei einigen Klausuren schon gar nicht so einfach ist. Ich rate daher grundsätzlich eher von solchen Überlegungen bzw. Taktiken ab.

Zum Essen. Die Mensa für die Informatiker ist sehr schlecht, sodass ich dort eigentlich nur ein paar Mal gegessen habe, bevor ich mich geweigert habe. Dafür kann ich heute sehr gut selbst kochen, allerdings hat es meine sowieso schon dünnen sozialen Kontakte an der TUM noch weiter reduziert - denn klar: Beim Essen trifft man sich und redet. Soziale Interaktionen und so - ist ja angeblich wichtig, gottseidank nicht so sehr für Informatiker ;-) Immerhin liegt die TUM hier in Garching recht ländlich im Grünen, ist gut von Garching aus mit dem Fahrrad zu erreichen. Ich bin echt nicht sportlich, aber die Natur hier ist so schön, dass es sogar mir Spaß gemacht hat, das Mountainbike zu benutzen, um an die Uni zu radeln. Frauen lernt man hier keine kennen, die sind alle in der Innenstadt an der LMU in den Geisteswissenschaften. Ja, die Studentenschaft ist hier leider sehr deutlich zweigeteilt, die Männer studieren alle MINT in Garching, die Frauen alle Soziales an der LMU in der Innenstadt. Daher sollte man ruhig an die Parties der LMU gehen, dort kann man übelst gut abfeiern, Frauenquote 95% keine Seltenheit. Hier kann man sich dann doch noch einmal wie der Hahn ihm Korb fühlen. Heiße Nächte garantiert - und das nicht nur im Sommer! Hey - dafür studieren wir auch, oder?

Ansonsten - die TUM ist schon sehr von elitärem Denken durchsetzt, trotzdem laufen dort auch einige Nullnummern herum. Viele sind jedoch sehr kompetent und es passiert einem oft, dass die Vorlesung zB von einem Prof gehalten wird, dessen Buch das Standardwerk im jeweiligen Themenbereich darstellt - was natürlich schon ein Qualitätsbeweis der Lehre ist.

Die Organisation des Studienganges ist mittlerweile viel besser als es noch zu meinen Zeiten war. Mein Studium war hauptsächlich geprägt von Ärger mit Notensystemen, Umstieg von HISQIS/HISPOS bzw. MyTUM auf TUMONLINE, bzw. Abschaltung des E-Learning-Portals Clix und Umstieg auf das System Moodle, das aber grottenschlecht ist. Selbst mit dem Notenanrechnen gab es bei mir am Ende fast noch ein Problem, weil eine Note nur im MyTUM war, das aber nicht mehr als Quelle akzeptiert wurde - dabei wäre eine Prüfungsleistung verloren gegangen. Hat sich aber gerade noch geklärt am Ende - ironischerweise weil der Lehrstuhl meine Note illegalerweise noch in einer Liste auf Papier dokumentiert hatte, was laut Datenschutz eigentlich nicht erlaubt gewesen wäre. Alles in allem hat sich die Organisation von sehr schlecht auf mittelmäßig gesteigert - die aktuellen Studis können jedenfalls von Glück sagen, dass sie den Kuddelmuddel der Vor-2010er Jahre nicht miterleben mussten. Es war schon eine mittlere Katastrophe. Man sollte bei einem Studium nie vergessen, dass der Organisationsteil nicht zu unterschätzen ist: Fristen einhalten, Anmeldungen nicht vergessen, Gebühren rechtzeitig bezahlen, Anträge stellen, Formulare abgeben, Noteneintragungen checken ... es gibt eine ganze Menge die strikt einzuhalten ist! Das Prüfungsamt der TUM ist nicht unbedingt gnädig, wenn man etwas vergisst oder eine Frist verpasst - dann heißt es schnell "aus die Maus". Vor Abschluss des Studiums daher unbedingt nochmal nachfragen, ob wirklich alle Noten eingetragen und verfügbar sind und ob es keine Probleme gibt.

Mir hat das Studium an der TUM keinen besonderen Spaß gemacht - es war eher die Wissenschaft selbst. Diese hätte mich mir aber auch selbst beibringen können. Ich weiß aber, dass es nicht bei allen so ist. Mir persönlich war der elitäre Dünkel eher zuwider - die wahren Hacker waren kaum in der Uni und waren nur einmal im Semester kurz zum Klausurschreiben da (hatten dann aber die besten Noten). Mit der Zeit habe ich es auch so gehalten. Ich geben trotzdem noch eine knappe Empfehlung, weger vieler engagierter Studi-Dozenten und den relativ guten Studienbedingungen und der guten Reputation. Außerdem ist man schon ehrlich bemüht, es noch besser hinzubekommen - es ist also ein leichter Aufwärtstrend erkennbar. Trotzdem sollte man auf keinen Fall individuelle Betreuung erwarten, denn die gibt es kaum, auch in den Übungsgruppen mangels Zeit nicht. Am Arbeitsmarkt öffnet einem ein TUM Diplom tatsächlich die Türen - wenn man das Studium denn packt, und das tun um die 50% nicht. Eines ist daher klar: Wenn man jemanden mit TUM Diplom vor sich hat, ist es in der Regel schon jemand, der etwas auf dem Kasten hat und auch belastbar ist.

  • Renommierte Uni, tendenziell engagierte Studentenschaft
  • Auf Rausprüfen angelegt, relativ schlechtes Mensa-Essen

Aktuelle Bewertungen zum Studiengang

1.4
Martin , 09.04.2024 - Informatik (B.Sc.)
3.1
Clara , 01.04.2024 - Informatik (B.Sc.)
4.3
Rayan , 30.03.2024 - Informatik (B.Sc.)
4.7
Assain , 29.03.2024 - Informatik (B.Sc.)
3.7
Flavio , 27.03.2024 - Informatik (B.Sc.)
4.1
Seymen , 14.03.2024 - Informatik (B.Sc.)
4.0
Rafael , 14.03.2024 - Informatik (B.Sc.)
4.1
Lisa , 12.03.2024 - Informatik (B.Sc.)
4.0
Nadir , 11.03.2024 - Informatik (B.Sc.)
4.3
Jannik , 06.03.2024 - Informatik (B.Sc.)

Über Tobias

  • Alter: 27-29
  • Geschlecht: Männlich
  • Abschluss: Ja
  • Studienbeginn: 2007
  • Studienform: Vollzeitstudium
  • Standort: Standort Garching bei München
  • Weiterempfehlung: Ja
  • Geschrieben am: 25.08.2014
  • Veröffentlicht am: 25.08.2014