Extrem praxisorientiertes Studium

Das Informatikstudium in Minden grenzt sich von dem Studium an anderen Standorten, insbesondere Universitäten, durch den extremen Praxisbezug ab. Während an vielen Unis kaum bis gar nicht programmiert und Konzepte nur in der Theorie besprochen werden, ist in Minden das Programmieren an der Tagesordnung, insbesondere im Bachelor-Studium.

Wer ohne Vorerfahrung an die Uni kommt, wird sich zu Beginn reinhängen müssen, um mitzukommen. Zwar sind alle Veranstaltungen auf Einsteiger ausgelegt, aber wer sicher vorher nicht mit Informatik auseinandergesetzt hat, wird natürlich auch Zuhause viel tun müssen.

In den ersten vier Bachelor-Semestern gibt es ziemlich viele Kurse, für die wöchentlich Aufgaben erledigt werden müssen (spricht: Praktika), das lässt später zugunsten von Projektarbeit und anderen Arbeitsformen nach. Die Praktika bestimmen in der Regel die Hälfte der Note in einem Fach, während eine schriftliche Klausur die andere Hälfte bestimmt.

Zu Beginn wird gut ausgesiebt: Nach vier Semestern haben mindestens 50% der Stundenten das Studium abgebrochen. Wer uninteressiert und unmotiviert ist, wird nicht weit kommen, dafür sorgen die vielen Pflichtpraktika. Bei einem zulassungsfreien Studiengang, für das auch ein Fachhochschulabschluss genügt, ist das aber eine normale Quote.

Das generelle Niveau des Studiums ist dennoch ziemlich niedrig, es gleicht teils eher einer Ausbildung mit etwas Wissenschaftsbezug. Im Gegensatz zu Unis wird der Schwerpunkt viel weniger auf die theoretischen, mathemathischen und wissenschaftlichen Aspekte gelegt. In vielen Fächern erreicht man bereits mit etwas Fleiß die Bestnote. Die Durchschnittsnoten sind im Verhältnis zum erbrachten Arbeitsaufwand ziemlich hoch, man wird sehr locker bewertet.

Die Dozenten sind größtenteils kompetent, aber selten Koryphäen. Die meisten haben viel Berufserfahrungen gesammelt. Einige Dozenten verlangen recht viel, während man bei anderen fast gar nichts tun muss. Der Arbeitsaufwand für ein Fach steht oft nicht in direkter Korrelation mit den CPS.

Wahlmöglichkeiten gibt es ab dem 5. Semester, wegen der geringen Studentenzahl aber nur sehr begrenzt. Von den auf der Website angegebenen Fächern werden immer nur ein paar angeboten; oft stehen nur zwei oder drei Fächer pro Bereich zur Auswahl.

Wer das Studium als Berufsvorbereitung auf einen praktischen Job nutzen will (z.B. Programmierer), ist in Minden definitiv am richtigen Ort. Das Studium bereitet gezielt für auf das Arbeitsleben in der heimischen Wirtschaft vor (inkl. dreimonatigem Pflichtpraktikum in einem Unternehmen). Wer eher eine wissenschaftliche Karriere anstrebt, sollte an eine Universität gehen. Wegen der guten Absolventennoten ist es außerdem auch nur eine Frage der Zeit, bis das Ansehen eines Informatik-Abschlusses in Minden in der Umgebung fallen wird; selbst Leute ohne große Kompetenzen schaffen es durchs Studium.

Erwähnenswert ist noch, dass der Campus Minden ein sehr kleiner Campus ist, ein richtiges "Studentenleben" gibt es hier nicht. Dafür sind die Räume aber auch nicht so überfüllt, das Verhältnis zu den Professoren und Kommilitonen ist generell sehr familiär und es ist leichter als an größeren Unis, als Einzelperson wahrgenommen zu werden.

Das Masterstudium (3 Semester) ist etwas weniger praktisch als das Bachelorstudium. Das Problem mit der geringen Auswahl an Wahlfächern besteht aber weiterhin.

Der Arbeitsaufwand pro Semester (wenn man alle Fächer belegt und bestehen will) war bei mir folgendermaßen:
1. Semester: gering bis mittel (für jemanden mit Vorerfahrung)
2. Semester: gering bis mittel
3. Semester: mittel bis hoch
4. Semester: hoch bis sehr hoch
5. Semester: gering
6. Semester: gering
7. Semester: Praktikum + Bachelorarbeit
1. MA-Semester: gering
2. MA-Semester: gering bis mittel
3. MA-Semester: Masterarbeit