Stiefkind der Uni

Bevor ich nach Leipzig kam, habe ich auch schon ein umweltwissenschaftliches Studium angefangen, daher kann ich ein bisschen vergleichen.
Die Inhalte sind, fachgemäß, sehr breit gefächert - Grundlagen zu Umwelt und Landschaft, die jedoch fast nur qualitativer Natur, eine reine Naturwissenschaft ist Geographie eben doch nicht, und humangeographische Inhalte, die gerade am Anfang jedoch noch sehr philosophisch-theoretisch sind. Da die Prüfungen aber auch nicht sehr anspruchsvoll sind, ist das alles zu verkraften, man kann relativ leicht gute Noten bekommen. Ich würde mir mehr naturwissenschaftliche oder technische Module wüncshen, z.B. Geologie, Hydrologie, Ökologie oder vertiefende GIS-Module, aber das kann ein so breiter Studiengang an einer geisteswissenschaftlichen Universität wohl leider nicht bieten. Stattdessen sind es, wie oben schon erwähnt, eben sehr breitgefächerte Inhalte über ganzheitliche Landschaften oder Prozesse, ohne jedoch genauer auf naturwissenschaftliche Grundlagen einzugehen, manches doppelt sich, andere Bereiche werden hingegen gar nicht thematisiert. Positiv sind die vielen Exkursionen zu nennen, bei denen man Inhalte und Lehrende nocheinmal anders kennnelernen kann. Die Dozenten sind im Schnitt ganz gut, gibt zwar auch Außreiser, aber gerade in den kleineren Seminareinheiten ist der Austausch mit den Lehrenden recht locker und angenehm.Die Ausstattung ist leider recht dürftig, klar ist die Geographie in Leipzig ein vglw. kleiner Studiengang (was zu einer familiären Atmosphäre am Institut beiträgt), aber Hörsaal und Seminarraum sind renovierbedürftig, auch die PC-Pools sind oft zu klein und nicht wirklich up to date. Man kann zwar ordentlich arbeiten, aber es fühlt sich eher nach Provinzhochschule als nach moderner Universität in einer wachsenden Großstadt an.
Die Organisation ist aktuell auch sehr durchwachsen, Module und Prüfungen können nicht regulär stattfinden und die Kommunikation lässt auch etwas zu wünschen übrig. Es gibt zwar auch engagierte Mitarbeiter und ein aktives Wissenschaftsumfeld mit Vorträgen zu aktuellen Forschungsthemen, aber der geregelte Studienablauf scheint aktuell nicht 100% gewährleistet zu sein - vielleicht bessert sich das bald wieder, wenn neue Personalentscheidungen gefällt werden.
Die Bibliothek ist mit in die naturwissenschaftlich-medizinischen Zweigbibliothek eingebettet, ein modernes Gebäude, leider ist die Auswahl und Menge an Büchern für Geographie nicht überwältigend, dafür gibt es eine gut gepflegte Kartensammlung am Insititut. Die Mensa unter der Bibliothek ist nicht schlecht, zu den Stoßzeiten findet man jedoch kaum einen Sitzplatz.

Insgesamt bin ich schon zufrieden, man kann einiges im breitgefächerten Studienprogramm mitnehmen, muss sich allerdings häufig Grundlagen und vertiefende Kentnisse selbst aneignen, aber man bekommt viele Anstöße für das weiterführende Selbsstudium. Außerdem sind die Prüfungsleistungen nicht übermäßig schwer, das wiegt die mangelnde Organisation und Ausstattung wieder auf. Für eine humangeographische Ausrichtung ist die Uni Leipzig vielleicht sehr gut geeignet, wer aber hauptsächlich die umweltwissenschaftlichen Aspekte erlernen will, ist an einer anderen Uni oder gar einem naturwisenschaftlicheren Studiengang an der besseren Adresse. Trotzdem bietet der Bachelor Geographie breite Möglichkeiten für unterschiedlichste Master und eignet sich daher besonders für Unentschlossene und Vielinteressierte.