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Ein recht sinnloser Studiengang

Fachübersetzen (Wirtschaft bzw. Technik) (B.A.)

  • Studieninhalte
    2.0
  • Dozenten
    2.0
  • Lehrveranstaltungen
    2.0
  • Ausstattung
    2.0
  • Organisation
    1.0
  • Literaturzugang
    3.0
  • Gesamtbewertung
    2.0
Ist der Studiengang durchdacht? Wenn man sich den Studienverlaufsplan ansieht, dann klingt alles sehr durchdacht: Einführung in die Linguistik, Interkulturelle Kommunikation, Unternehmerische Basiskompetenz und so weiter. Es gibt ein breites Spektrum an Vorlesungsinhalten. Schaut man sich aber einmal an, was während der Vorlesungen tatsächlich vermittelt wird, sieht es schon anders aus. Erstens muss in fast keiner Vorlesung eine Prüfung geschrieben werden, das heißt, man sitzt nur seine Zeit ab, häkelt oder malt Mandalas aus, und zweitens fehlt in diesem einen vierten Semester, das man auf drei Jahre aufgeteilt hat, jeglicher Bezug zum Übersetzen.
Der Antritt dieses Studiums ist überhaupt nur möglich, wenn man bereits einen Abschluss als Übersetzer o. Ä. besitzt oder wenn man parallel die Dolmetscherschule in Würzburg oder Bamberg besucht. Das bedeutet, eigentlich ist dieser Studiengang auf die schulische Ausbildung an der Dolmetscherschule abgestimmt. Eigentlich. Genau genommen bedeutet es aber, man hat sich für die Wochenendkurse (Vorlesungen finden im Block statt, entweder Freitag/Samstag oder in den Schulferien) freitags vom Unterricht zu befreien, sollte man nicht um 13 Uhr Schluss haben oder eben aus Bamberg kommen, damit diese Kurse überhaupt angerechnet werden. Die Vorschriften sind schließlich die gleichen, wie bei jedem Volzeitstudium: man darf nur 1,5 Stunden bei einer Vorlesung auf Anwesenheit fehlen.
Der Bezug zum Übersetzen fehlt deshalb, weil man von Fachleuten aus der Technik unterrichtet wird, nicht von Fachleuten aus der Übersetzung. Das heißt genau genommen, die Herren aus der technischen Fakultät geben teilweise sogar offen zu, dass sie nichts mit dem Übersetzen anzufangen wissen. Man bekommt also an jeweils zwei Wochenenden einen Schnelldurchlauf durch die Einführungsvorlesung von Elektrotechnik- und Maschinenbaustudenten - theoretisch und viel zu viel Input für jeweils zwei Wochenenden. Ein halbes Jahr später erinnert man sich also an nichts mehr, außer daran, dass man an einem Samstag mal in Schweinfurt war und schweißen durfte, und natürlich an die physikalischen Berechnungen, die man als Sprachler für die Elektrotechnik-Prüfung auswendig lernen musste. Es hat ja keinen Grund, warum man ausgerechnet Sprachen studiert und nicht Elektrotechnik, Physik oder gar Mathematik. Und praxisnah ist es natürlich auch, dass später mal beim Übersetzen der Kunde darum bittet, dass die Berechnungen in seiner Veröffentlichung auch gleich mit Korrektur gelesen werden. Nicht wirklich...
Aber Sarkasmus mal beiseite - es gibt ein ganz entscheidendes Manko an diesem Studiengang: er ist recht sinnlos. Der Großteil der Absolventen der Dolmetscherschule, die nicht an der FH eingeschrieben sind, geht nach der Ausbildung an eine Universität im Ausland und macht dort in einem Jahr ihren Masterabschluss. Das ist auch völlig legitim, denn der staatlich anerkannte Übersetzer-/Dolmetscherabschluss wird im Ausland mit einem Bachelorabschluss gleichgestellt. Das einzige Problem, vor dem man am Ende stehen könnte, liegt im deutschen Bildungssystem. Hat man keinen "richtigen deutschen Bachelor" gemacht, wird man auf Arbeitgeber stoßen, die behaupten, einem auf dieser Grundlage weniger bezahlen zu können. Es ist schließlich nebensächlich, ob man das Studium nur der Vollständigkeit halber macht, Hauptsache am Ende hat man das nötige Zeugnis in der Hand, um behaupten zu können, man habe sich durch die vorgeschriebene akademische Laufbahn gequält.
Also, warum studiert das überhaupt jemand? Ich persönlich habe mich damals in dem Glauben eingeschrieben, interessante, zusätzliche, wissenschaftliche Grundlagen vermittelt zu bekommen. Was ich aber vermittelt bekommen habe: nur, weil man zwei Wochenenden damit verbringt, sich eine Powerpoint-Präsentation zum Thema Elektro- und Energietechnik vorlesen zu lassen, heißt das noch lange nicht, dass man sich einen Elektriker sparen kann. Hört, hört...
Außerdem wollte ich einen deutschen Bachelor, aus genau dem Grund, den man uns vermittelt hat: des Geldes wegen. Im gleichen Atemzug bekommt man nämlich von allen Seiten, nicht nur der FH, vermittelt, dass man als Übersetzer und Dolmetscher Schwierigkeiten hat, überhaupt über die Runden zu kommen. Übersetzer ist kein geschützter Beruf, es gibt kaum Festanstellungen in dieser Branche und so weiter und sofort.
Fazit also: Es gibt andere Möglichkeiten, sich eine Qualifikation als Übersetzer und Dolmetscher anzueignen. Zum Beispiel, in dem man den bereits genannten Weg über die Dolmetscherschulen mit anschließendem Master im Ausland geht. Die FH kann ich nicht weiterempfehlen. Seine Wochenenden kann man auch sinnvoll investieren und ich persönlich werde nur deshalb versuchen, dieses Studium abzuschließen, weil ich es nun einmal angetreten bin.

Aktuelle Bewertungen zum Studiengang

3.6
Luisa , 08.04.2024 - Fachübersetzen (Wirtschaft bzw. Technik) (B.A.)
3.9
Sophie , 08.02.2024 - Fachübersetzen (Wirtschaft bzw. Technik) (B.A.)
4.4
Sophia , 21.01.2024 - Fachübersetzen (Wirtschaft bzw. Technik) (B.A.)
4.3
Carina , 06.06.2022 - Fachübersetzen (Wirtschaft bzw. Technik) (B.A.)
4.3
Carina , 03.11.2021 - Fachübersetzen (Wirtschaft bzw. Technik) (B.A.)
3.9
Val , 10.06.2021 - Fachübersetzen (Wirtschaft bzw. Technik) (B.A.)
4.4
Valentina , 29.03.2021 - Fachübersetzen (Wirtschaft bzw. Technik) (B.A.)
5.0
Valeria , 20.05.2019 - Fachübersetzen (Wirtschaft bzw. Technik) (B.A.)
3.7
Katharina , 26.10.2017 - Fachübersetzen (Wirtschaft bzw. Technik) (B.A.)
4.5
Sabrina , 27.04.2017 - Fachübersetzen (Wirtschaft bzw. Technik) (B.A.)

Über Lina

  • Alter: 24-26
  • Geschlecht: Weiblich
  • Abschluss: Ich studiere noch
  • Aktuelles Fachsemester: 4
  • Studienbeginn: 2014
  • Studienform: Vollzeitstudium
  • Standort: Standort Würzburg
  • Schulabschluss: Fachhochschulreife
  • Weiterempfehlung: Nein
  • Geschrieben am: 18.04.2017
  • Veröffentlicht am: 25.04.2017