Fordernd, aber faszinierend

Das erste Jahr in der Chemie ist besonders Mathe- und Physiklastig. So ist das einzige, was einen an "Chemie" erinnert die Anorganische Chemie. Diese kommt aber mit einem Laborpraktikum von 14 bis 18 Uhr und manchmal ganztägig nicht zu kurz. Im Semester dann noch Vorlesungen nachzuarbeiten ist unmöglich. Auffallend ist, dass das Studium um einiges durchstrukturierter als die Schule ist - es wimmelt nur so von Antestaten (mündlichen Vorprüfungen), Abtestaten (mündl. Nachprüfung), anderen Deadlines für Aufgaben und Protokolle, wöchentliche Hausaufgaben wo man 50% braucht zur Klausurzulassung usw... Wer da nicht dran bleibt hängt schnell hinterher. Andererseits kommt man gar nicht zum faulenzen, weil man immer auf Trapp gehalten wird und unter Stress ist. Das ist für jemanden wie mich, der da schnell mal nur das Nötigste macht sehr gut.

Es gibt viele Laborpraktika wo man sich in Gruppen zusammen tut - dabei ist es enorm wichtig schon während des Semesters sich Menschen zu suchen, mit denen man gut klar kommt und die auch bei Gruppenarbeit sich verantwortungsbewusst zeigen. Generell kommt man leichter zusammen durchs Studium, heißt bei Übungen austauschen, im Labor sich helfen und Tipps geben. Dieser Teil des Studiums ist der Schöne, da man in keinem anderen Studium so sehr aufeinander angewiesen ist und sich so nahe kennen lernt. Wenn bei dem einen die Analyse komplett in die Hose gegangen ist hält man zusammen und schaut nicht weg.
Noch ein positiver Aspekt ist daher die Gruppengröße. Wir sind ungefähr an die 100 Chemiker*innen, die in diesen NC freien Studiengang reingerutscht sind, aber um drinzubleiben einiges tun mussten. Mittlerweile kenne ich so gut wie alle - und keine Menschen sind so nerdig cool und lieb wie Chemiker!
Die Dozenten und Professoren machen übrigens auch ziemlich gute Vorlesungen. Natürlich ist es schwierig eine coole PC Vorlesung zu machen. Aber Anorganische Chemie begeisterte uns mit super fancy Experimenten bei einem super witzigen Professor, der sich von uns mit einem Gedicht verabschiedete in der letzten Vorlesung! Und Mathe war didaktisch so angenehm, dass man den Stoff quasi direkt verinnerlichte. Die Mathevorlesung war sehr interaktiv mit Trainingseinheiten aufgebaut, sodass man nicht nur oberflächlich den Stoff verstand. Nicht zu vergessen der Vorkurs, der uns erstmal nahe brachte, was Lernen überhaupt heißt und warum und wofür wir Studieren. Die Physik Vorlesung hingegen war nicht so fesseln, hatte aber ein gutes Script ;)

Ein letzter Punkt zu Chemie - es ist super abwechslungsreich. Ich bin ein super Mathe Fan, der andere findet AC mit vielen Farben, hübschen Nachweisreaktionen toll, der andere mag die super theorethische PC. Aber für jeden ist was dabei, und vorallem wenn man nichts einseitiges lernen will.

Zu meiner Studienwahl noch: Chemie war nicht mein langer Traum und ich wäre genauso gut in Richtung Jura / Wirtschaft gegangen. Wer aber ein wissenschaftliches und faszinierendes Fach sucht, das die Natur erforscht, ist hier richtig. :)