Erfahrungsbericht
In Kooperation mit: University of Hertfordshire
Erfahrungsbericht 47 von 51
Bericht archiviert

Ein Studium, das zum Hobby wurde

Audio Engineering (Bachelor)

  • Studieninhalte
    4.0
  • Dozenten
    3.0
  • Lehrveranstaltungen
    4.0
  • Ausstattung
    3.0
  • Organisation
    4.0
  • Gesamtbewertung
    3.6
Mein Abschluss ist zwar mittlerweile "was her", aber ich fühle mich verpflichtet, dennoch ein paar Worte loszuwerden.

Zur persönlichen Situation:
Ich begann mein Studium im Jahr 2008 (Abitur 2002), nachdem ich bereits mehrere Studiengänge an staatlichen Hochschulen belegt hatte (Geologie - Diplom, Anglistik & Germanistik - Staatsexamen/Lehramt, Philosophie - Bachelor mit Nebenfach Informatik) und in diesen Studiengängen nicht so recht aufgehen wollte und konnte.
Eine Ausbildung als Veranstaltungsfachkraft erschien mir sinnvoll, aber nur bedingt zielführend und wenig befriedigend, wenn man die zahlreichen Hemmnisse eines Tontechnikers im Live-Betrieb bedenkt. Viel Schlepperei, Arbeitszeiten meist wochenends und nachts, großer Aufgabenbereich mit riesiger Verantwortung und wenig Reputation... für Menschen mit Familienplanung oder -leben nicht machbar.

Dennoch entschied ich mich dazu, es bei einem privaten Medienausbilder zu versuchen. Ich muss hervorheben, dass mein Vollzeitstudium damals ohne gutsituiertes Elternhaus vermutlich schwierig, aber nicht unmöglich gewesen wäre - dennoch hatten sich die Kosten recht schnell nach dem Berufseinstieg wieder recht schnell amortisiert, als Lehrling wäre mein Einstiegsgehalt deutlich niedriger gewesen. Also habe ich mir verschiedene Infomaterialien und Angebote eingeholt, letztendlich erschien mir der Rat eines Bekannten zur SAE dann am ehesten hilfreich und ich besuchte sowohl den Tag der offenen Tür als auch einen Workshoptag. Nachdem ich auch ähnliche Angebote vergleichbarer Institute wahrgenommen hatte, war mein Ziel klar: SAE.

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Zu den Inhalten:

Teile des Studiums erschienen mir recht leicht, besonders auf theoretischer Ebene. Allerdings war ich von universitärer Ebene anderes gewohnt! Die Umsetzung im praktischen Bereich jedoch war nicht immer leicht, dennoch wurde im Studium ein großer Schwerpunkt darauf gelegt; allerdings war vieles davon in ein motiviertes Selbststudium integriert, das heißt, dass Seminare nur in überschaubarem Maß vorhanden waren. Trotzdem konnte ich vermittelte Inhalte später im Berufsleben sinnvoll einsetzen. Neben grundlegenden Themen wie E-Technik, Aufbau des Gehörs, Schall und Schallwandlung, mikrofonierung, Audioschnitt und ähnlichem waren auch Inhalte wie Mehrkanalton, elektronische Musikproduktion, TV, Hörfunk, Live-Technik und auch Mischtechniken im Curriculum verankert. Die theoretischen Grundlagen wurden (bewusst und sinnvollerweise) relativ knapp gehalten, um die Studenten auch zum Selbststudium anzuregen. Die Basics wurden in theoretischen Tests abgefragt und in praktischen Übungen und Prüfungen umgesetzt und bewertet. Dabei war die Betreuung durch sogenannte "Supervisors" (quasi Tutoren) nahezu immer gegeben und sinnvoll. Diese sind neben dem Alltagsbetrieb auch für die Betreuung der Studenten da und nur selten nicht erreichbar, da sie gegebenenfalls Pakete zur Post bringen müssen. =)

Manche Inhalte erschienen zum Teil obsolet (u.a. Handhabung von Bandmaschinen etc.), kamen mir aber im Arbeitsleben dennoch zugute! Andere Inhalte (z.B: Vertonung von Games) habe ich vermisst, wurden aber meines Wissens in nachfolgenden Studiengängen erfolgreich umgesetzt. Dennoch waren Ablauf und Umsetzung meist sinnvoll und zielgerichtet, vor allen Dingen aber (mit wenigen Ausnahmen) sehr branchenorientiert und bereiteten adäquat auf das Berufsleben vor. Auch Themen wie Gesellschaftsformen, Steuern, Versicherungen und andere weiterführende Inhalte waren sehr lehrreich und mit vielen Erfahrungsberichten gespickt!

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Zu den Lehrveranstaltungen:

Ich muss leider gestehen, dass ich Workshops und Seminare, die ergänzend zum regulären Ablauf angeboten wurden, nur bedingt genutzt habe - also gar nicht. Themen waren Gehörschutz, Sound in Games (siehe oben), Raum- und Bauakustik, DJ-Techniken und viele andere, die ich nicht besucht habe. Sie erschienen mir nicht immer zielführend, was ich allerdings retrospektiv bereue, da ich einiges mittlerweile aktiv umsetzen und betreuen muss und will.

Ansonsten waren die Unterrichte meist interaktiv gestaltet - Dozenten fragten nach, schlechte und falsche Antworten gab es kaum, und man wurde immer sinnig beraten. Die Angebote waren reichlich, man muss sie nur nutzen.

Ansonsten kam nur selten Langeweile auf. Sicher, in Unterrichten wie Akustik oder Pegel waren Formeln an der Tagesordnung, aber deren Zahl war überschaubar und nach ein wenig Beschäftigung auch machbar, aber ansonsten konnten viele besprochene Punkte auch praktisch gewinnbringend eingesetzt werden. Ich hätte mir für meinen Teil einen Schwung mehr (verpflichtende) praktische Seminare gewünscht, aber insgesamt gibt es wenig zu meckern.

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Zu den Dozenten:

Meist wirkten die Vorlesungen aufgeräumt und strukturiert. Der didaktische Aufbau der Vorlesungen war durchgehend passabel, allerdings wirkten einige wenige Dozenten etwas planlos. Es geschieht, dass der Dozent zwar Ahnung davon hat, was er erzählt, aber manches kommt falsch an oder wird subjektiv vermittelt. Einer der Dozenten wirkte in einer Situation extrem verkifft, konnte aber seine Inhalte sinnig wiedergeben und reagierte auch auf kritisches und provozierendes Nachfragen absolut professionell, zielführend und hilfreich, was mich extrem erstaunte.

Dennoch bleiben solche Fälle die Ausnahme. Die Dozenten sind routiniert, arbeiten beständig in der Branche, wissen also was sie tun und reden. Manchmal wünscht man sich deutlich erfahrenere Dozenten in diversen Fachbereichen, aber für solche Angebote gab es (von mir ungenutzte) Workshops, in denen "Gold" präsentiert wurde.

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Zur Organisation:

Wahrscheinlich ist dies eines der größeren Mankos: Einige Unterrichte müssen verlegt werden. Dies wird begründet mit dem Fakt, dass man im Berufsleben auch maximal flexibel sein muss und der Tatsache, dass man nicht für externe Dozenten geradestehen kann. In meinem spezifischen Fall wurden sogar theoretische Inhalte doppelt geprüft, was aber (immerhin) auch im Vorfeld kommuniziert wurde, dass auch "ältere" Inhalte wieder geprüft werden können.

Insgesamt wirkt die Struktur allerdings branchentypisch. Dozenten aus der Branche können eben unter Umständen nicht zu den regulären Terminen - okay. Dafür erfährt man von erfahrenen Menschen Einblicke in die Branche, die man in trockenen Vorlesungen nicht erhalten würde.

Ansonsten wirken Prüfungen straff durchorganisiert, während Krankmeldungen und ähnliche Hindernisse meist berücksichtigt werden können. Hier ist eine gute Selbstorganisation definitiv notwendig, die man allerdings im Berufsleben ebenso benötigt. Insgesamt also lehrreich! Man erhält recht wenige Skripte von Dozenten, man sollte sich also darum kümmern, von Kommilitonen ordentliche Mitschriebe zu erhalten, wenn man mal nicht an einer Vorlesung teilnehmen kann. Ansonsten wirkt SAE ordentlich strukturiert mit gelegentlichen Mängeln und Verlegungen.

Buchungen von Arbeitsplätzen gehen in der Regel reibungslos von Statten. Wer allerdings zu einer (elektronisch) gebuchten Session nicht antritt, muss mit einer zweiwöchigen Sperre rechnen! Da das Buchungssystem auch gelegentlich Lücken aufweist, sind aber auch Lehrkräfte meist milde gestimmt.

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Zur Ausstattung:

Alles in allem nicht übel. Man lernt an aktuellem und auch älterem Equipment den technisch korrekten Umgang damit. Schließlich arbeitet auch in der Branche nicht jeder mit dem Neuesten vom Neuesten! Dennoch gibt es auch hier einige Abstriche zu machen:

Thema & Inhalt einer Zwischenprüfung und der Endprüfung sind ein Mischpult (Neve Legend), das schon mehr als 30 Jahre auf dem Buckel hat. Der Einsatz ist zwar sinnvoll, aber insofern ärgerlich, dass die Konsole mit vielen Wehwehchen zu kämpfen hat. Das mag zwar altersbedingt in Ordnung sein, tut aber in Prüfungssituationen gerne weh. Wie gut die Wartung bei solchem Equipment ist, weiß man natürlich nicht; deutlich abmildernd muss man sagen, dass dafür der Sound über solche Konsolen nicht mit Programmen oder Billigkram vergleichbar ist. Sinnvoll also, sein Abschlussprojekt über eine solch potente Konsole zu führen, wenn man deren Spirenzchen kennt.

Im Bereich der elektronischen Musikproduktion / Controller und im Live-Genre war die Ausstattung damals recht dünn. Allerdings konnte ich mich mittlerweile davon überzeugen, dass sich in diesen beiden Bereichen viel getan hat: es gibt ein dediziertes Live-Pult und viele Möglichkeiten, externes MIDI- und HUI-Equipment einzubinden, sofern man möchte. In den relevanten Studios stehen Boxen, die man im Studiobetrieb auch findet, und kann sich dran gewöhnen. Insgesamt ist die Bandbreite völlig in Ordnung, allerdings wäre in manchen Bereichen der Unterschied zwischen Low- und High-Class-Equipment deutlicher zu verstehen, wenn sowohl erschwingliches als auch "geiles" Equipment zur Verfügung stünden. Das ist zwar in einigen Studios der Fall, wird allerdings nicht immer konsequent umgesetzt.

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Zum Campusleben:

Meines Erachtens versteckt sich hier der größte Benefit:
An meinem Campus waren der Kontakt zwischen den Studenten untereinander als auch die Kommunikation mit den Mitarbeitern wunderbar familiär! Man nimmst sich fachlich ernst und kann sich privat auch auf einer Ebene begegnen, die Freude macht. Man ist prinzipiell (auch mit dem Fachbereichtsleiter und dem Schulleiter) auf Du und bekommt Kontakt und Feedback auf Augenhöhe. Das mag aus didaktischer Sicht gelegentlich wenig zielführend sein, sorgt aber für einen extrem hohen Wohlfühlfaktor.

Bei Problemen hat man quasi immer einen Tutor zur Hand, der einem bei technischen Problemen und der Bewältigung der sehr sinnig ausgelegten Übungen fast immer beratend zur Seite steht. Sonst helfen auch gern Fachbereichsleiter und andere Mitarbeiter gerne aus, wenn Probleme auftauchen. Als recht guter Student habe ich zwar selten den Support benötigt, aber wenn dieser kam, war er immer absolut hilfsbereit und konnte nur extrem selten nicht den entscheidenden Hinweis geben.

Alles in allem: Wie zuhause, nur ein bisschen besser und professioneller!

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Retrospektiv kann ich nur sagen, dass ich dieses Studium vermutlich direkt nach der Matura (Abitur?) hätte beginnen sollen. Die Betreuung ist klasse, der Umgang einfach nur SUPER, und das Handwerk an sich wirklich gut vermittelt.

Ich möchte mich allerdings den zahlreichen "Vorrednern" anschließen: Ohne Engagement geht nix. Wer im Berufsleben erfolgreich sein will, sollte genau das auch schon im Studienverlauf zeigen. Projektarbeit, Selbstdisziplin und regelmäßige Anwesenheit sorgen dafür, dass man auch ohne großartige Vorkenntnisse einen wirklich guten Abschluss machen kann, der auch aufs Berufsleben gut vorbereitet. Es gibt in mancherlei Hinsicht kleinere Lücken, die auch nur Fachkräfte mitbringen (besonders im Live-Bereich!) - allerdings lernt man, wirtschaftlich und effektiv zu arbeiten, wenn man den Grundstock schon mitbringt. Wer sich durch sein Studium "durchmogeln" will, fliegt auf die Schnauze. Eigeninitiative und Lerneifer sind definitiv grundlegende Voraussetzungen für einen ordentlichen Abschluss.

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Zur Berufswelt im Anschluss:

Das Leben ist hart. Man kriegt nix geschenkt, nix fliegt einem zu, und kein Berufseinstieg ist leicht. Man wird es nach dem Abschluss auch nicht leicht haben. Allerdings helfen ein gutes Repertoire und ein gutes Portfolio deutlich. Es ist sinnvoll, viele Projekte zu machen, um auch nachher ordentlich durchstarten zu können. Die Arbeit fürs Portfolio sollte man DRINGEND schon während des Studiums beginnen - ein erhöhter Arbeits- und Lernaufwand hilft also enorm.

Kommunikation ist wichtig! Ein ordentlicher Ablauf dieser und auch inhaltliche Tiefe verhelfen einem jedem nach dem Erhalt des Abschlusses. Die Ehemaligenvereinigung liefert ein gutes Auffangbecken für Personen, die sich unschlüssig sind, wohin sie sich spezialisieren sollen, sofern sie das vorher nicht schon getan haben. Job-Angebote kriegt man auch nach dem Studienabschluss noch kommuniziert, was enorm hilft.

Man darf sich für die Selbständigkeit nicht zu schade sein! Festanstellungen sind rar gesät in der Branche, da mache ich mir wenig vor. Der Löwenanteil wird bei dem projektbezogenen Arbeitsablauf eine freiberufliche Tätigkeit annehmen. Sicher, der Einstieg ist nicht leicht, aber wenn man sich reinkniet und erst mal probiert, bevor man weiß, was man NICHT will, dauert ein bis zwei Jahre. Ich kann aus perönlicher Erfahrung berichten, dass es wohl schneller geht, wenn man sich früher um die Karriere kümmert und Kontakte knüpft.

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Wenn du bis hier durchgelesen hast, bist du selber Schuld. Aber ich verbriefe mich bis heute für ein Studium am SAE Institute, nachdem ich viele Jahre in der Branche verbracht hab. Ich kann sagen, dass ich während des Studiums viel gelernt habe, was mich im Beruf weitergebracht hat. Allerdings bin ich auch Freund vom "Life-Long-Learning", was bedeutet, dass ich bis heute noch weiter lernen muss, aber auch will!

Und es gilt;
" Wer will, der kann.
Wer kann, der will."

Engagement ist das was zählt. Das ist das, was ein Arbeitgeber sieht. Be creative & be yourself!

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Cheers,
Urs
Tipp: Weiterführende Informationen zum Studium hier!

Aktuelle Bewertungen zum Studiengang

4.3
Johann , 05.03.2024 - Audio Engineering (Bachelor)
4.3
Leonard , 02.02.2024 - Audio Engineering (Bachelor)
5.0
Philipp , 06.11.2023 - Audio Engineering (Bachelor)
5.0
David , 31.10.2023 - Audio Engineering (Bachelor)
4.0
Raja , 27.10.2023 - Audio Engineering (Bachelor)
4.0
Tobias , 06.10.2023 - Audio Engineering (Bachelor)
4.0
Tom , 23.01.2023 - Audio Engineering (Bachelor)
3.3
Noel , 30.12.2022 - Audio Engineering (Bachelor)
5.0
Emilia , 13.10.2022 - Audio Engineering (Bachelor)
4.0
Garcia , 05.10.2022 - Audio Engineering (Bachelor)

Über Urs

  • Alter: 30-32
  • Geschlecht: Männlich
  • Abschluss: Ja
  • Studienbeginn: 2008
  • Studienform: Fast Track Degree
  • Standort: Standort Berlin
  • Weiterempfehlung: Ja
  • Geschrieben am: 29.02.2016
  • Veröffentlicht am: 29.02.2016