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Familiäre HS mit zu geringem Anforderungsniveau

Architektur (B.A.)

  • Studieninhalte
    3.0
  • Dozenten
    2.0
  • Lehrveranstaltungen
    3.0
  • Ausstattung
    4.0
  • Organisation
    2.0
  • Gesamtbewertung
    2.8
Der Bachelor Architektur an der Hochschule Wismar ist ein sehr familiärer Studiengang. Man lernt Kommilitonen und Professoren im Laufe der Zeit gut kennen und pflegt somit keinen anonymen Umgang mit ihnen, wie es vielleicht an einer größeren Uni der Fall wäre.

Das Fakultätsgebäude ist modern und sehr gut ausgestattet. Die Werkstätten sind top in Schuss und meistens wird einem auch kurzfristig von den wirklich tollen Werkstattleitern geholfen. Das Unileben spielt sich auf dem zentralen Campus ab - man hat kurze Wege, eine recht gute Mensa (wenn auch sehr fleischlastig) und kann auch direkt auf dem Campus parken. Sowohl die Altstadt, als auch Plattenbausiedlungen sind fußläufig zu erreichen, bezahlbarer Wohnraum ist mehr als genug vorhanden.

Nun zum Studieninhalt: Architektur ist sehr arbeitsintensiv - besonders in den ersten vier Semestern. Das muss man wollen. Je nachdem, wie sorgfältig und detailliert man arbeitet, desto weniger Zeit bleibt für Freizeit. Mir persönlich hat es sehr viel Spaß gemacht, wodurch sich eine mal vorkommende 60-Stunden-Woche auch nicht so extrem anfühlt.
Die Pflichtmodule sind alle in den ersten vier Semestern untergebracht, d.h. man studiert nach Stundenplan. Die Lehre ist sehr schulisch aufgebaut. Das ändert sich zum 5. Semester - gleichzeitig bricht dann auch der Workload ziemlich ein, sodass man im letzten Jahr des Bachelors wieder mehr Zeit für andere Dinge hat. Gerade ein Auslandsaufenthalt bietet sich hier an, die Hochschule ist was das angeht auch recht gut aufgestellt, Möglichkeiten in Skandinavien habe ich aber leider vermisst. Die Auswahl der ab dem 5. Semester zu wählenden Wahlpflichtmodule und Entwürfe war allerdings mehr als enttäuschend. Der architektonische Horizont beschränkt sich schon sehr auf Mecklenburg-Vorpommern. Ich hätte mir deutlich internationalere Impulse und Entwurfsthemen gewünscht anstatt der dritten Schule oder Kita in einem abgelegenen Provinznest.
Die Studieninhalte sind gut aufeinander abgestimmt. Gerade in den ersten beiden Semestern wird einem durch viele kreative Aufgaben die Architektur nahe gebracht. Ich hätte vor dem Studium nicht von mir gedacht, dass ich in diesem Maße kreativ arbeiten kann. Man verbringt die meiste Zeit mit den Kommilitonen im Atelier und arbeitet an Modellen. Es entsteht eine sehr inspirierende Umgebung, die einen auch davon ablenkt, wie viel Zeit man dort verbringt. Die investierte Zeit ist aber auch einer der Faktoren, die am meisten Einfluss auf die Qualität des Endergebnisses haben. Tatsächlicher Umgang mit CAD und Grafikprogrammen wurde aber erst ab dem 3. Semester stärker gelehrt und das rächt sich in der Qualität vieler Arbeiten der Studierende. Näheres dazu später.

Die Organisation ist alles in allem in Ordnung. Ab und an muss man etwas hinterherlaufen, aber im Vergleich zu einer großes Universität wird man sicherlich gut durch das Studium geleitet. Die Dozenten sind alles in allem durchaus kompetent, freundlich und daran interessiert, einem etwas beizubringen. Vielleicht aber auch zu freundlich:

Das bringt mich zu dem größten Kritikpunkt, den ich zur HS Wismar habe: das Anforderungsniveau.
Teilweise kann es einfach nicht sein, mit welchen Leistungen man förmlich schon durch das Studium "gewunken" wird. Kritik der Professoren ist zaghaft und die Male, bei denen ein "Das war nichts, fang nochmal von vorne an!" ausgesprochen worden ist, kann ich an einer Hand abzählen - und das bei Leistungen von teilweise wirklich, wirklich schlechter Qualität.
Offensichtliche Plagiate werden von den Professoren nicht erkannt, die eigene Aufgabenstellung nicht als Maßstab angewendet, die Notengebung ist lächerlich gut, geradezu inflationär, und grundlegende grafische Qualitäten scheinen an der Fakultät Gestaltung(!) auch eher nebensächlich zu sein.
Das darf alles an einer Hochschule im wissenschaftlichen Kontext einfach nicht sein. Die zukünftigen Absolventen prägen später die gebaute Umwelt von uns allen. Es gibt einfach zu viele von Ihnen, deren Arbeit dieser Verantwortung bei weitem nicht gerecht werden kann.

Diese niedrigen Anforderungen merken die Studierenden natürlich und passen ihren Arbeitseinsatz dementsprechend an. Ich habe manchmal das Gefühl gehabt, dass die meisten sich eher weniger für Architektur interessieren und das Studium einfach "mitnehmen", weil es ja möglich ist oder weil ihre Eltern Architekten sind. Wenn man aber für den eigenen Anspruch arbeitet und immer versucht, sich im Laufe der Zeit weiter zu verbessern, kann dieses Umfeld wirklich deprimierend sein.

Wenn ich noch einmal wählen müsste, würde ich meinen Bachelor an einer anderen Hochschule machen. Im Vergleich - und in der Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt - zu anderen Hochschulen ist das architektonische und gestalterische Niveau an der HS Wismar einfach nicht auf Augenhöhe. Wenn sich das Anforderungsniveau nicht ändert, wird der Ruf der Hochschule auch deutlich darunter leiden.
Wer sich also sicher ist, dass Architektur das richtige für einen ist und hohe Ansprüche an sich selbst und seine Arbeit stellt, dem empfehle ich das Studium an einer anderen Hochschule.
Revolutionäre ArchitektInnen werden hier wohl nicht ausgebildet.
  • 24/7 Zugang zu den Ateliers, gute Ausstattung, nette Menschen
  • Unglaublich geringes Anforderungsniveau an die Studierende, geringer Praxisbezug, inflationäre Bewertungen

Aktuelle Bewertungen zum Studiengang

3.4
Erik , 11.03.2024 - Architektur (B.A.)
4.1
Yildiz , 04.03.2024 - Architektur (B.A.)
4.1
Ove , 08.02.2024 - Architektur (B.A.)
4.7
Anna-Lena , 16.01.2024 - Architektur (B.A.)
4.7
Simon , 11.11.2023 - Architektur (B.A.)
3.4
Luca , 15.04.2023 - Architektur (B.A.)
3.3
Levke , 30.03.2023 - Architektur (B.A.)
5.0
Theodor , 06.03.2023 - Architektur (B.A.)
3.9
Marlene , 22.02.2023 - Architektur (B.A.)
5.0
Theodor , 01.02.2023 - Architektur (B.A.)

Über Lukas

  • Alter: 21-23
  • Geschlecht: Männlich
  • Abschluss: Ja
  • Studiendauer: 6 Semester
  • Studienbeginn: 2017
  • Studienform: Vollzeitstudium
  • Standort: Standort Wismar
  • Schulabschluss: Abitur
  • Weiterempfehlung: Nein
  • Geschrieben am: 19.07.2020
  • Veröffentlicht am: 21.07.2020